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# taz.de -- Zuckerrübenbauern wollten Pestizid: Keine Zulassung für Bienenkil…
> Der Bund lehnt den Antrag von Zuckerrübenbauern ab, ein von der EU
> verbotenes Pestizid nutzen zu dürfen. Imker bejubeln das als „Sieg für
> die Natur“.
Bild: Die Bienen und die Imker*innen freuen sich
Berlin taz | Nach Druck von UmweltschützerInnen hat der Bund den [1][Antrag
von Zuckerrübenbauern] abgelehnt, ein wegen Risiken für Bienen im Freiland
verbotenes Pestizid nutzen zu dürfen. „Wir haben die Notfallzulassung
abgelehnt“, teilte das Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) am Freitag der taz mit. Die Wirtschaftliche
Vereinigung Zucker bestätigte, dass das Amt den Antrag des Verbands für die
Behandlung von Saatgut mit einem Pestizid aus der Gruppe der Neonikotinoide
zurückgewiesen habe.
Dabei handelt es sich um ein Insektizid mit dem Wirkstoff Thiamethoxam.
Genau dieses Mittel und sein Abbauprodukt Clothianidin – ebenfalls ein
Neonikotinoid – haben sich in Teilen Frankens [2][unkontrolliert
ausgebreitet], nachdem mit dem Stoff ummantelte Zuckerrübensamen ausgesät
worden waren.
Eigentlich hat die EU 2018 verboten, Thiamethoxam und Clothianidin im
Freiland auszubringen. Mehrere Studien hatten gezeigt, dass praxisübliche
Mengen dieser Pestizide Bienen schädigen. Neonikotinoide können ExpertInnen
zufolge Insekten bereits bei einer niedrigen Dosierung lähmen, töten oder
das Lernvermögen und die Orientierungsfähigkeit beeinträchtigen. Das
betrifft nicht nur Bienen, sondern auch andere Insekten und
Wasserorganismen. Da immer mehr Insektenarten aussterben, wollte die EU das
nicht länger hinnehmen.
Doch das Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) unterstellte BVL erteilte
mehrere Notfallzulassungen. Die EU-Pestizidverordnung erlaubt solche
Ausnahmen, wenn sich eine „Gefahr“ nicht anders abwehren lässt. Die
„Gefahr“ war in diesem Fall eine Blattlaus, die durch Saugen die Pflanzen
mit verschiedenen Vergilbungsviren infiziert. Die Blätter verfärben sich
gelblich, die Photosynthese stockt, und die Rübe verkümmert. Das kann die
Ernte erheblich schmälern.
## Biobauern benachteiligt
Doch das BVL urteilte nun, die Voraussetzungen für eine Notfallzulassung
seien 2022 nicht erfüllt. „Im Gegensatz zum vorigen Jahr zeigen die
aktuellen Prognosen der Pflanzenschutzdienste der Länder, dass in der
kommenden Saison nicht mit einer Notfallsituation zu rechnen ist“, so die
Behörde. 2021 habe es weniger Blattläuse gegeben. Das liege an dem
Pestizideinsatz in diesem Jahr, aber vor allem am Wetter. Falls 2022
dennoch an einigen Orten mehr Blattläuse auftreten, könnten
Notfallzulassungen „für lokale Spritzanwendungen mit anderen
Pflanzenschutzmittelwirkstoffen beantragt werden.“
Die Wirtschaftliche Vereinigung Zucker klagte dennoch, dass Rübenanbauer
„für das kommende Jahr nun über keine wirksame Option zur Bekämpfung von
Blattläusen und damit dem Überträger der virösen Vergilbung“ hätten: „…
ausreichenden Schutz werden sich hiesige Anbauer in Zukunft gegen die Rübe
und damit regional produzierten Zucker aus Deutschland entscheiden.“
Imker Matthias Rühl, der gemeinsam mit MitstreiterInnen gegen die
Notfallzulassung die Ausbreitung von Thiamethoxam in Franken nachgewiesen
hatte, sagte, der Beschluss des BVL sei ein „Sieg für uns Imker und die
ganze Natur“. „Das wird ein Signal an die anderen EU-Länder sein.“
Frankreich etwa könne sich nun nicht mehr auf Deutschlands Notfallzulassung
berufen und umgekehrt.
Es sei „Quatsch“, dass die Bauern nichts gegen die Viren unternehmen
könnten. Es gebe eine Rübensorte, die die Krankheit besser überstehe. „Wenn
die Bauern nicht ständig spritzen würden, würde es mehr Marienkäfer geben,
die die Blattläuse fressen“, so Rühl.
Biobauern könnten auch ohne Neonikotinoide Zuckerrüben ernten. Derzeit
würden Zuckerraffinerien die Ökos aber zwingen, die Rüben vier bis fünf
Wochen vor dem optimalen Zeitpunkt und den konventionellen Betrieben zu
ernten. Denn so könnten sich die Fabriken sparen, die Maschinen nach einer
Lieferung konventioneller Rüben zu säubern, damit sie nicht Bio-Ware
verunreinigen. „Wenn die Rüben länger wachsen könnten, hätten die Biobaue…
auch einen deutlich höheren Ertrag“, betonte Rühl.
12 Nov 2021
## LINKS
[1] /Pestizide-fuer-die-Zuckerproduktion/!5811769
[2] /Nach-Notfallzulassung-eines-Pestizids/!5799734
## AUTOREN
Jost Maurin
## TAGS
Landwirtschaft
Schwerpunkt Pestizide
Zucker
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Insekten
Kolumne Grandios geglückt
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Bienen
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