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# taz.de -- Punkband Gustaf aus New York: Es werden herrliche Zeiten kommen
> Gustaf ist eine Band aus Brooklyn mit nervös überdrehter Musik und voller
> Dringlichkeit. Überhaupt winkt eine gitarrenlärmende Zukunft.
Bild: Glam-Punk aus Brooklyn, New York: Gustaf
Und dann war es so, dass das Publikum heftig in Bewegung kam, es zuckte vor
der Bühne, Beine schlenkerten. Manche Körper warfen sich wenigstens
ansatzweise aneinander. Pogo.
Also doch: Punkrock.
Man ist ja so einen Ringelreihen mit Rumschubsen gar nicht mehr gewohnt.
Und der Grund, wieso die Menschen da tanzten, hört auf den Namen Gustaf,
vier Frauen, ein Mann – eine Band aus Brooklyn, New York. Dabei spielen die
nicht einmal den geselligen Dosenbier-Punk, sondern etwas verzwickter. Eine
nervös überdrehte, hibbelige Musik, wie sie in New York seit den Achtzigern
immer wieder gern gemacht wird.
Aber das klang bei Gustaf trotzdem nicht nach einer Retroveranstaltung,
sondern schlicht nach einer vernünftigen Art, eine Musik zu machen, indem
man sich Gitarren umhängt und drauf los schrabbelt auf der quengeligen
Nervspur. Damit sie einen auch angeht, die Musik.
## Toll genervt
[1][Im Video von „Mine“], der Debütsingle der Band, ist die Sängerin Lydia
Gammill mit einem Grinsen zu sehen, mit dem auch Jack Nicholson seinen
Joker mit dem Wahnsinn ausgestattet hat. Auf der Bühne haute sie sich erst
mal eine runter und sagte „I love you“. Überhaupt kann sie toll genervt ins
Publikum schauen.
Bei ihrer kurzen Europatour zum gerade erschienenen Debütalbum „Audio Drag
for Ego Slobs“ spielten Gustaf diese Woche im Cassiopeia, einem der
kleineren Läden auf der Feiermeile vom Berliner RAW-Gelände, wo noch
zaghaft die Normalität geprobt wird – die es eigentlich schon wieder gar
nicht mehr gibt.
Allerdings meinte man auch, dass sich diese vernünftige Art, Musik mit dem
Gitarreumhängen zu machen, doch überlebt hätte, schließlich wurde einem
genau das überall verkündet, und dass sie zumindest als Role Model nicht
mehr tauge in einem Geschäft, das von Bands wenig wissen will und noch
weniger von Gitarren. Jedenfalls musste man vor einiger Zeit lesen, dass
selbst so ikonische E-Gitarrenbauer wie Gibson und Fender heftig in der
Krise seien.
## In Bewegung bringen
Das war bereits vor Corona. Und mit Corona hätte man meinen können, dass
die Pandemie mit ihrer sozialen Distanz den Bands endgültig das Kreuz
gebrochen hat. Bis dann eben so eine Gruppe wie Gustaf um die Ecke
gekrochen kommt und laut „Blödsinn“ schreit. Und einfach ihren Lärm macht,
in dem knochigen, aufs Wesentliche heruntergestrippten Sound, so stumpf und
monoton, den auch [2][Mark E. Smith mit The Fall] gepflegt hat, um in
dieser Dringlichkeit die Menschen eben in Bewegung zu bringen. Um was es
doch geht bei dieser Musik.
Lydia Gammill, die Sängerin, zeigte übrigens auch, dass sie bezaubernd zu
lächeln weiß. Querflöte spielte sie manchmal dazu. Glam-Punk.
Sogar den Gitarrenbauern geht es wieder gut. Die Gitarre ist ein
Coronagewinner. In der Pandemie gab es einen Boom für das Instrument, das
man zuerst ja einmal für sich allein spielen kann.
Dann geht man raus und gründet Bands. Überall gitarrenlärmende Musik. Es
werden herrliche Zeiten kommen.
18 Nov 2021
## LINKS
[1] https://www.youtube.com/watch?v=mjwktEHDF6E
[2] /Postpunkrebell-Mark-E-Smith-gestorben/!5477694
## AUTOREN
Thomas Mauch
## TAGS
Kolumne Großraumdisco
Schwerpunkt Stadtland
RAW-Gelände
Punkrock
New York
Gitarre
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Musik
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Ty Segall
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