# taz.de -- Erstes Projekt des Mobilitätszentrums: Optimierung der Verkehrssys… | |
> Mit dem Forschungszentrum zur Mobilität der Zukunft wollte sich | |
> Verkehsminister Scheuer ein Denkmal setzen. Jetzt wird es neu aufgesetzt. | |
Bild: Straßenbahnen in Karlsruhe | |
BERLIN taz | Andreas Scheuer, der noch für eine Woche amtierende | |
[1][CSU-Bundesverkehrsminister,] wollte sich ein Forschungsdenkmal setzen. | |
Das „Deutsche Zentrum Mobilität der Zukunft“ (DZM) wurde von ihm mit der | |
Absicht durchgesetzt, die unterschiedlichen und unübersichtlichen Stränge | |
der Verkehrswissenschaften zu bündeln und sie mit Innovations-Impulsen zu | |
impfen. Obwohl die DZM-Zentrale in Scheuers „Homebase“ München angesiedelt | |
ist, startete in dieser Woche das erste Anwendungsprojekt in der | |
Außenstelle Karlsruhe. Unter dem Titel „Country to City Bridge“ will das | |
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) untersuchen, wie ein öffentliches | |
Verkehrsangebot die Kluft zwischen Land und Stadt effizient und attraktiv | |
überbrücken kann. | |
Von Anfang an hantierte Verkehrspolitiker Scheuer, wie bei seinem | |
[2][krachend gescheiterten Vorhaben der Pkw-Maut,] mit gigantischen Summen. | |
Mit 500 Millionen Euro sollte das DZM operieren können, hieß es im Vorfeld. | |
Jetzt wurde beim Pressegespräch in Karlsruhe vom Vertreter des | |
Verkehrsministeriums eingeräumt, dass in diese Zahl der langfristige | |
[3][Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur] eingerechnet wurde. Aktuell | |
stehen dem DZM im nächsten Jahr 22,5 Millionen Euro zur Verfügung. | |
Mittelfristig hat der Bundestag bis 2024 insgesamt 322,55 Millionen Euro | |
bewilligt. | |
Neben der DZM-Zentrale in München, die noch ganz am Anfang steht, wird in | |
Satelliten-Standorten gearbeitet, die bereits über eine Infrastruktur | |
verfügen. Dazu zählen das Hamburg Wireless Innovation Competence Center | |
(HAWICC), in dem neue Sensortechniken zur Fahrzeugsteuerung entwickelt | |
werden, der Forschungscampus Smart Rail Connectivity Campus (SRCC) im | |
sächsischen Annaberg-Buchholz und der Rail Campus Ostwestfalen-Lippe in | |
Minden, wo am autonomen Bahnverkehr gearbeitet wird. | |
Anfang September – gut getaktet zur Bundestagswahl – fiel die Entscheidung, | |
dass in Chemnitz für 60 Millionen Euro ein Standort des Innovations- und | |
Technologiezentrums Wasserstoff unter dem Dach des DZM errichtet wird. | |
Weitere Standorte sind in Vorbereitung. Während in Chemnitz der Einsatz von | |
Wasserstoff im Bereich der Straßen- und Schienenanwendungen untersucht | |
wird, sind es in Duisburg, Pfeffenhausen und einem Standort in | |
Norddeutschland die Verkehrsträger Schiene, Schiff, Auto und Flugzeug. | |
Das Karlsruher Projekt will das klassische Mobilitätsproblem zwischen Stadt | |
und Land mit neuen technischen Mitteln angehen. In den ländlichen Regionen | |
ist der öffentliche Personenverkehr kaum bezahlbar, während in den Städten | |
der motorisierte Individualverkehr den Raum blockiert und die Luft | |
verpestet. Die Lösung sollen autonome Shuttles sein, die zwischen Städten | |
und Dörfern bedarfsgesteuert pendeln. Zum Einsatz kommen dabei Fahrzeuge, | |
die elektrisch, autonom und vernetzt sein würden, erläuterte Frank Gauterin | |
vom Institut für Fahrzeugsystemtechnik am KIT bei der Vorstellung des | |
Projekts. | |
## Harten Bruch vermeiden | |
Ein solches „System eines individualisierten öffentlichen Verkehrs“ gebe | |
der Verkehrsplanung mehr Freiheit und vermeide den harten Bruch zwischen | |
motorisiertem Individualverkehr und klassischem öffentlichen Verkehr. Die | |
Karlsruher „C2CBridge“ will weder den etablierten Nahverkehr ersetzen noch | |
allein „die letzte Meile“ bespielen, also den Weg von der Haustür zur | |
Haltestelle. Vielmehr solle erforscht werden, so Gauterin, „wie die | |
optimale Kombination der Verkehrssysteme aussieht und wie die Übergänge | |
gestaltet werden müssen“. | |
Technische Lösungen sollen bei dem Karlsruher DZM-Projekt Hand in Hand mit | |
planerischen Konzepten entwickelt werden. „Dazu zählen Analysen von | |
Mobilitätsvorgängen und -bedürfnissen in unterschiedlichen Raumtypen wie | |
Stadt und Land genauso wie die Konzeption und der Bau von Prototypen von | |
Fahrzeugen und Mobilitätsstationen“, erklärten die KIT-Wissenschaftler. | |
„Dann mal gute Fahrt“ könnte man den Verkehrsforschern wünschen. Wäre da | |
nicht der [4][Koalitionsvertrag vom Mittwoch]. In ihm steht auf Seite 51 | |
der neue Politikfahrplan. „Die Mobilitätsforschung werden wir | |
interdisziplinär aufwerten, das Zentrum Zukunft der Mobilität neu | |
aufstellen und erweitern, sowie das Zentrum für Schienenverkehrsforschung | |
stärken“. An Scheuers Denkmal wird schon wieder gerüttelt, kaum dass es | |
aufgestellt ist. | |
26 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Manfred Ronzheimer | |
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