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# taz.de -- Fruchtbarer Wald in Burkina Faso: In der Wüste wächst wieder etwas
> In Burkina Faso hat Yacouba Sawadogo einen einzigartigen Wald geschaffen.
> Mit einer alten Technik belebte er staubtrockene Böden.
Bild: Sawadogo bekam den Alternativen Nobelpreis für seine Methode zur Begrün…
Ouahigouya taz | Immer wieder bleibt Yacouba Sawadogo stehen. Er nimmt ein
Blatt zwischen Zeigefinger und Daumen und erklärt, um welchen Baum es sich
handelt, wie häufig er vorkommt und welche Heilkräfte ihm nachgesagt
werden. Sawadogo führt durch einen Wald in Gourga. Das Dorf grenzt an die
Provinzhauptstadt Ouahigouya im Nordwesten von [1][Burkina Faso].
Auf dem 27 Hektar großen Gelände der Familie Sawadogo sind in den
vergangenen Jahrzehnten 96 verschiedene Baumarten sowie Gräser und
Sträucher gepflanzt worden. Der Wald gilt deshalb für den Norden von
Burkina Faso, wohl aber auch für das ganze Land, als einzigartig.
Doch es ist kein weicher, erdig riechender Waldboden, auf dem die Bäume und
Sträucher wachsen, die für die Ernährung der Dorfbewohner elementar sind.
Der Boden hier ist hart und trocken und übersät mit winzigen rotbraunen
Steinen, die unter jedem Schritt knirschen. So wie auf den schmalen Wegen
habe es überall einmal ausgesehen, sagt Sawadogo und bleibt auf einer
Lichtung stehen.
Trotz [2][der Artenvielfalt drumherum] wächst hier, auf der wüstenartigen
Lichtung, kein einziger Grashalm. Sawadogos Vater, Yacouba Sawadogo, kannte
den Boden als Kind und Jugendlicher nur so, bis er vor 50 Jahren entschied,
die Wüste zurückzudrängen. Er habe sich vorgenommen: „Ich muss den Wald
zurückholen.“
## Zuerst wurde er für sein Vorhaben verspottet
Dafür ist der heute 75-Jährige vielfach ausgezeichnet worden, zuletzt im
vergangenen Jahr mit dem Champion of the Earth Award, einem Umweltpreis,
der seit 2005 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (Unep) verliehen
wird. Weltweit bekannt gemacht hat den „Mann, der die Wüste aufhält“, –…
wird er häufig bezeichnet – die Auszeichnung mit dem Alternativen
Nobelpreis im Jahr 2018. Damit dürfte er zu den international bekanntesten
Burkinabè gehören.
In den 1970er und 1980er Jahren traf ihn allerdings vor allem Spott. „Ein
Verrückter, der seine Zeit verschwendet“, habe es oft geheißen, erinnert
sich Yacouba Sawadogo. Niemand habe sich damals vorstellen können, etwas
aus der Erde zu holen, in der nichts mehr war, erzählt er. Jetzt sitzt der
75-Jährige unter einem großen Baum im Schatten am Eingang des Waldes und
trinkt Wasser. Zum Aufstehen braucht er Zeit. Die Schritte, die er macht,
sind langsam geworden. Deswegen hat er längst Teile seiner Arbeit an seine
Kinder übergeben, allen voran Lookman, das „Kind Nummer 25“, wie Lookman
sich selbst grinsend bezeichnet.
Anders als sein Vater hat der Sohn eine Ausbildung zum Förster und zieht
unter anderem in einer Baumschule und in einem Garten Pflanzen, die später
im Wald ausgepflanzt werden. Von Reisen in Nachbarländer bringt er außerdem
Samen und Jungpflanzen mit. „Es ist wichtig, die Vielfalt zu erhalten“,
betont er.
Die Auszeichnungen, die Yacouba Sawadogo erhielt, haben der Familie
geholfen. „Ganz Burkina Faso hat sich geehrt gefühlt, und ich konnte
verschiedene Projekte umsetzen. Es braucht aber mehr solcher Preise“, sagt
Yacouba Sawadogo.
Zuletzt wurde im Juni der Wald eingezäunt, denn es hat immer wieder
Versuche gegeben, dort nach Brennholz zu suchen. Das [3][Nutzen von
Holzkohle] gilt als größte Bedrohung der afrikanischen Wälder. Vor allem
auf dem Land wird überwiegend mit Holzkohle gekocht. Auch kam es vor einem
Jahr zu einem Brand, der einen knappen Hektar vernichtete. Wie dieser
ausbrach, ist unklar. Eine Einzäunung kann aber zum Schutz beitragen.
## Die Regenzeit wird immer unsicherer
Denn längst zieht der Sawadogo-Wald Interessierte aus dem ganzen Land an,
die sich Tipps und Ideen holen sowie die eine oder andere Jungpflanze aus
der Baumschule mitnehmen. Für ein besseres Netzwerk hat Lookman Sawadogo
mittlerweile eine kleinere Organisation gegründet. Längst geht es jedoch
nicht nur um das Pflanzen von Bäumen, Sträuchern und Gräsern. Um
langfristig Wälder anzulegen, sind gerade im Norden von Burkina Faso, der
teilweise in der Sahelzone liegt, besondere Bewässerungs- und
Düngetechniken notwendig.
In den Monaten von April bis Juni steigen die Temperaturen auf mehr als 40
Grad Celsius. Regen gibt es nur etwa von Juni bis September, und dieser
Zeitraum wird wie vielerorts im Sahel immer unvorhersehbarer. Mal bleibt
der Niederschlag aus, mal kommt es zu Starkregen. In diesem Jahr kamen
mindestens neun Menschen durch die Regenzeit ums Leben, mindestens 87
wurden verletzt. [4][Die Sahelzone] gilt als höchst komplexes und
störungsanfälliges Ökosystem.
Zurück im Wald: Lookman Sawadogo bleibt vor einem kleinen Grabensystem
stehen, das Regenwasser speichert. Immer wieder fallen Löcher auf, die
einen Durchmesser von 20 bis 30 Zentimetern haben. Auch sie sind Speicher.
Dass der Wald über die Jahrzehnte so grün und artenreich geworden ist,
liegt auch an der sogenannten Zaï-Technik. Sie zeichnet sich durch
Pflanzlöcher aus, die in ordentlichen Reihen angelegt werden. Yacouba
Sawadogo hat die Technik weiterentwickelt, die Löcher vergrößert und nicht
nur Samen, sondern auch Kompost hineingefüllt. Das hilft beim Wachsen und
lockt Termiten an, die den Boden auflockern. Viele Familien nutzen die
erfolgreiche Technik heute. Allerdings ist sie auch mühsam und
arbeitsintensiv.
## Yacouba Sawadogo findet Fridays for Future gut
Genau wie der Kampf gegen den Klimawandel, der der Region schwer zusetze,
sagt Lookman Sawadogo. Von großen Demonstrationen hält er nur bedingt
etwas. „Es ist wichtiger, praktische Dinge zu machen“, sagt er. Sein Vater
ist da milder, er findet Fridays for Future unterstützenswert. „Es ist gut,
wenn gegen einen hohen CO2-Ausstoß protestiert wird“, sagt er. „Meine
Nachricht an die Jugend lautet: Sie soll sich für die Wälder und den Boden
interessieren. Nur so lässt sich wieder etwas ernten.“
In der Verantwortung ist aber auch die Politik, sagt Yacouba Sawadogo. Es
sei gut, dass sich burkinische Politiker*innen immer wieder von seiner
Arbeit haben inspirieren lassen. Zur Fertigstellung des Zauns, der den Wald
schützen soll, schickte die Regierung einen hochrangigen Vertreter. Die
zuständige Behörde heißt längst „Ministerium für Umwelt, grüne Wirtscha…
und Klimawandel“.
Wichtig seien aber Persönlichkeiten wie Thomas Sankara, der bis zu seiner
Ermordung am 15. Oktober 1987 vier Jahre lang Präsident war. „Er führte
damals einen Kampf gegen das Aussterben von Tierarten, die Abholzung und
die Buschfeuer“, erzählt Sawadogo. „wir folgen heute seinem Pfad.“
7 Nov 2021
## LINKS
[1] /Historischer-Prozess-in-Burkina-Faso/!5807621
[2] /Konferenz-zum-Artensterben/!5793125
[3] /Holz-aus-Afrika-fuer-die-Energiewende/!5754571
[4] /Krieg-in-Afrikas-Sahelzone/!5806268
## AUTOREN
Katrin Gänsler
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Terrorismusbekämpfung
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