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# taz.de -- Gedenken an NSU-Opfer: Demo gegen den Schlussstrich
> Vor zehn Jahren flog die rechtsextremistische Terrogruppe NSU auf.
> Hunderte Menschen forderten am Donnerstag in Berlin weitere Ermittlungen.
Bild: Demonstration in Berlin zum 10. Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU
Berlin taz | Unter dem Motto „Erinnern heißt Kämpfen“ gedachten am
Donnerstag einige hundert Menschen in Berlin den Opfern der rechtsextremen
Terrorgruppe NSU. Im strömenden Regen marschierte die Menge vom Kreuzberger
Oranienplatz zum Neuköllner Hermannplatz und skandierte immer wieder „Wir
fordern: kein Schlussstrich“. Eine der Demonstrierenden war Irmela
Mensah-Schramm, die sich seit mehr als 30 Jahren gegen Rechtsextremismus
engagiert. Für sie ist klar: „Wer wegschaut, macht sich mitschuldig.“
Vor zehn Jahren endete [1][die längste rechtsterroristische Serie der
Bundesrepublik]: Am 11. November 2011 hatten sich die NSU-Mörder Uwe
Böhnhardt und Uwe Mundlos in einem Wohnmobil bei Eisenach nach einem
missglückten Banküberfall erschossen. Erst im Nachgang stellte die Polizei
fest, dass es Mitglieder des NSU waren, die zwischen 2000 und 2007
insgesamt zehn Menschen, größtenteils mit türkischen Wurzeln, ermordet
hatten. Nach den Attentaten hatten die Behörden jahrelang in die falsche
Richtung ermittelt.
Auch zehn Jahre danach zeigten sich [2][Angehörige der Opfer] am Donnerstag
enttäuscht von den Ermittlungen der Behörden. Eines der NSU-Opfer war
Mehmet Kubaşık – er wurde im April 2006 in seinem Kiosk in Dortmung vom NSU
erschossen. Bis heute sind nicht alle Umstände der Tat aufgeklärt. „Ich
weiß noch immer nicht, wer dem NSU geholfen hat, meinen Vater zu töten“,
sagte seine Tochter, Gamze Kubaşık, in einem Statement auf der
Demonstration. Sie kritisierte damit die von den Behörden verfolgte
Einzeltätertheorie.
Bundeskanzlerin Merkel habe ihr persönlich versprochen, dass alles
unternommen wird, um die Tat vollständig aufzuklären, erzählte Kubaşık.
Zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU vermisst sie allerdings immer
noch Antworten von den Ermittlungsbehörden.
## Hoffnung schwindet
Die Hoffnung darauf, dass es jemals eine vollständige Aufklärung geben
könnte, scheint bei allen Betroffenen zu schwinden. Stattdessen existiert
Ohnmacht und Wut – auf die Behörden, von denen sie im Stich gelassen
wurden. Auch Mehmet O. aus Nürnberg, Überlebender eines
Sprengstoffanschlags und mutmaßlich erstes Opfer des NSU, wartet bis heute
auf eine Entschuldigung der Ermittlungsbehörden. „Ich musste 14 Jahre in
Ungewissheit leben“, sagte Mehmet O. auf der Demonstration.
Nicht bloß die Opfer des NSU kämpfen um Gerechtigkeit. Auch Christina
Feist, eine Überlebende des rechtsextremen Anschlags auf die Synagoge in
Halle, kritisierte auf der Demo, dass „sich bis heute für Jüdinnen und
Juden in Deutschland nichts geändert habe“. Amnesty International zog schon
am Mittwoch in einer Pressemitteilung insgesamt eine negative Bilanz für
die deutschen Behörden: „Die Polizei hat nicht genug aus dem NSU-Komplex
gelernt, für die nächste Bundesregierung besteht weiter viel
Handlungsbedarf“, hieß es von Seiten der Menschenrechtler.
5 Nov 2021
## LINKS
[1] /Opfer-zu-10-Jahren-NSU-Selbstenttarnung/!5813082
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## AUTOREN
Marilena Piesker
## TAGS
Demonstration
Schwerpunkt Rechter Terror
Schwerpunkt Antifa
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
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IG
Lesestück Recherche und Reportage
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