# taz.de -- Gipfel südostasiatischer Staaten: Myanmars Junta lässt Gipfel aus | |
> Der Chef von Myanmars Militärjunta darf nicht zum Asean-Gipfel reisen. | |
> Jetzt schickt die Militärregierung lieber gar keinen Vertreter. | |
Bild: Der Asean-Gipfel fand ohne ihn statt: De-facto-Machthaber in Myanmar Min … | |
Berlin taz | Aus Protest gegen den [1][Ausschluss ihres Putschführers vom | |
diesjährigen Asean-Gipfel] hat Myanmars Junta jetzt gar keinen Vertreter | |
dorthin geschickt. Myanmars Generäle hatten zuvor den Ausschluss des | |
Generals als Verstoß gegen die Statuten wie die bisherige Praxis der | |
Asean-Staaten kritisiert, stets im Konsens zu entscheiden und sich nicht in | |
innere Angelegenheiten eines Mitgliedslandes einzumischen. | |
Doch mehrere Regierungschefs des südostasiatischen Staatenbunds | |
kritisierten am Dienstag die Junta zu Beginn ihres Gipfels in Brunei | |
scharf. Die Militärmachthaber seien selbst dafür verantwortlich, dass das | |
Treffen ohne einen Vertreter ihres Landes stattfinde. Es sei nicht so, dass | |
Asean Myanmar vom Gipfel ausgeschlossen habe, sondern Myanmar habe sein | |
Recht zur Teilnahme aufgegeben, sagte Kambodschas Ministerpräsident Hun Sen | |
bei dem wegen der Coronapandemie nur virtuell abgehaltenen Gipfel. | |
Die Außenminister der Asean-Staaten hatten am 15. Oktober in einem für sie | |
äußerst ungewöhnlichen Schritt beschlossen, Myanmars Machthaber General Min | |
Aung Hlaing von ihrem diesjährigen Gipfel auszuschließen. | |
Das Bündnis aus zehn Staaten reagierte damit auf die Weigerung der Junta, | |
dem um Vermittlung bemühten Asean-Sondergesandten ein Treffen mit Myanmars | |
inhaftierter früherer Regierungschefin Aung San Suu Kyi zu ermöglichen. Sie | |
war durch den Putsch am 1. Februar gestürzt worden. Doch Asean drohte an | |
Glaubwürdigkeit zu verlieren, hätte es die Weigerung der Junta akzeptiert. | |
## Ausladung war eigentlich nur als Drohung gedacht | |
Gleichwohl waren die Asean-Staaten an Myanmars Teilnahme in Form einer | |
„nicht-politischen“ Person wie etwa eines Diplomaten interessiert. Doch die | |
Junta, die nicht mit der Ausladung ihres Führers gerechnet hatte, erkärte, | |
allenfalls wäre noch eine Vertretung auf Ministerebene zu akzeptieren | |
gewesen. Bei dem Konflikt geht es letztlich um die Frage der diplomatischen | |
Anerkennung der illegitimen Herrschaft der Junta. | |
Das Staatenbündnis Asean, in dessen Reihen sich autoritär und diktatorisch | |
regierte Staaten befinden, war bei einer Entscheidung gespalten. | |
Indonesien, Malaysia, Singapur und die Philippinen pochten auf Umsetzung | |
des sogenannten „5-Punkte-Konsens“. Der war im April mit Putschgeneral Min | |
Aung Hlaing erzielt worden und sah die Entsendung eines Asean-Emissärs | |
sowie Gespräche mit allen Konfliktparteien vor. Doch dazu ist es bisher | |
nicht gekommen. | |
Ausgerechnet die Stimme des absolutistisch regierten Sultanats Brunei soll | |
den Ausschlag zur Ausladung des Generals gegeben und damit die autoritären | |
Regierungen von Vietnam, Laos, Thailand, Kambodscha und eben Myanmar | |
überstimmt haben. | |
Dabei war laut Reuters die Ausladung des Putschgenerals ursprünglich nur | |
als Drohung gedacht gewesen, um ein Treffen des Gesandten mit der | |
inhaftierten Aung San Suu Kyi durchsetzen zu können. | |
Forderung nach Treffen mit Gegenregierung | |
Zugleich fehlt den Asean-Staaten bis heute der Mut, Vertreter der von | |
Myanmars Opposition ausgerufenen und im Untergrund operierten | |
Gegenregierung einzuladen oder überhaupt mit ihr in einen Dialog zu treten. | |
Dies forderte am Dienstag erneut die [2][Gruppe „Asean-Parlamentarier für | |
Menschenrechte“]. Der malaysische Abgeordnete Charles Santiago erklärte, | |
Myanmars Junta gefährde nicht nur Stabilität und Frieden in der Region, | |
sondern sei auch für Verbrechen verantwortlich. „Es gibt nur einen Platz, | |
wo Min Aung Hlaing hingehört: Nicht in ein Asean-Treffen, sondern vor den | |
internationalen Strafgerichtshof,“ so Santiago. | |
Myanmars Gegenregierung hat einen eigenen Asean-Botschafter ernannt, den | |
63-jährigen Bo Hla Tint. Der in den USA lebende Politiker war bereits zur | |
Zeit der letzten myanmarischen Militärjunta Außenminister der Exilregierung | |
gewesen. Jetzt kam es vor dem Asean-Gipfel zu einem Treffen zwischen | |
Vertretern der US-Regierung und der Gegenregierung. | |
## Junta weist Forderung nach Dialog zurück | |
Erst am Wochenende hatte Myanmars Junta aus den eigenen Reihen eine | |
[3][Aufforderung zum Dialog mit der Opposition zurückgewiesen]. Diese war | |
am Freitag erstmals aus der dem Militär nahestehenden Partei USDP gekommen. | |
Deren krachende Niederlage bei der Wahl im November 2020 hatte als Vorwand | |
für den Putsch gedient. | |
Ein USDP-Sprecher hatte am Freitag erklärt, im Interesse des Landes müsse | |
es einen Dialog geben. Laut AFP sagte er: „Wenn wir so weitermachen wie | |
bisher, wird es schwer, eine Lösung zu finden.“ Doch ein Juntasprecher | |
sagte, es könne keinen Dialog und keine Verhandlungen mit Terroristen | |
geben. | |
Nach Ansicht von Beobachtern führte die Ausladung von Myanmars Machthaber | |
vom Asean-Gipfel zur kurzfristig verkündeten Amnestie politischer | |
Gefangener vor einer Woche. Berichten zufolge wurden 1.316 Gefangene | |
freigelassen, darunter manche Prominente. In 4.220 weiteren Fällen wurde | |
die Haft zur Bewährung ausgesetzt. Doch sollen seitdem mehr als einhundert | |
Freigelassene wieder festgenommen worden sein. | |
## Neue UN-Gesandte ernannt | |
Die Amnestie stellt keine Abkehr von der Verfolgung der Opposition dar, wie | |
dies auch die brutale Festnahme des früheren Studentenführers [4][Ko Jimmy] | |
am Wochenende gezeigt hat. Doch offenbar sieht sich die Junta gezwungen, | |
auf Druck der Nachbarländer zu reagieren. | |
Auch der UN-Generalsekretär António Guterres ernannte am Montag mit der | |
[5][singapurischen Diplomatin Noeleen Heyzer] eine neue Sondergesandte für | |
Myanmar. Sie löst Christine Schraner Burgener aus der Schweiz ab, die in | |
den letzten Monaten nicht mehr von den Generälen empfangen worden war. | |
Die heute 73-jährige Heyzer stand früher der regionalen UN-Wirtschafts- und | |
Sozialorganisation Esap vor. 2008 gelang es ihr, gegen starke Widerstände | |
des Militärs Hilfsgüter in Myanmars vom Zyklon zerstörtes Irrawaddy-Delta | |
zu bringen. | |
26 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Suedostasiatischer-Staatenbund-Asean/!5808308 | |
[2] https://aseanmp.org/2021/10/26/parliamentarians-call-on-asean-to-take-concr… | |
[3] http://xn--Aufforderung%20zum%20Dialog%20mit%20der%20Opposition%20zurckgewi… | |
[4] /Aktivist-in-Myanmar-festgenommen/!5806444 | |
[5] https://www.irrawaddy.com/news/burma/veteran-diplomat-noeleen-heyzer-appoin… | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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