# taz.de -- Rohingya-Flüchtlinge aus Myanmar: Rohingya-Sprecher ermordet | |
> Mohib Ullah war der einflussreichste Vertreter der Rohingya-Flüchtlinge | |
> in Bangladesch und wurde von mutmaßlichen militanten Islamisten bedroht. | |
Bild: Der ermordete Mobih Ullah posiert für ein Portrait im April 2018 im Lage… | |
BERLIN taz | Mohib Ullah war am Mittwoch gerade vom Abendgebet gekommen. Er | |
sprach noch mit anderen Vertretern der muslimischen Rohingya-Flüchtlinge | |
vor dem Büro seiner Organisation im Flüchtlingslager Kutupalong in | |
Bangladesch, als vier bis fünf Attentäter aus kurzer Entfernung auf ihn | |
schossen. Das sagte der zuständige Polizeisprecher des südöstlichen | |
Distrikts Cox’s Bazar der Nachrichtenagentur AFP. | |
Als Ullah in die von Ärzte ohne Grenze betriebene Klinik des | |
[1][weltgrößten Flüchtlingslagers] gebracht wurde, war er schon verstorben. | |
Mit ihm verlieren die mehr als eine Millionen in Bangladesch lebenden | |
Rohingya-Flüchtlinge ihren wichtigsten Sprecher. Zu dem Attentat bekannte | |
sich bisher niemand. | |
Der 48-jährige Mohib Ullah war ursprünglich Lehrer gewesen. Er gehörte zu | |
jenen rund 750.000 Angehörigen der diskriminierten und für staatenlos | |
erklärten muslimischen ethnischen Minderheit der Rohingya, die im August | |
und September 2017 von Myanmars Militär und militanten Buddhisten | |
[2][gewaltsam] aus dem westlichen Rakhine-Staat über die Grenze nach | |
Bangladesch vertrieben wurden. | |
Im Lager Kutupalong gründete Ullah die Organisation Arakan Rohingya Society | |
for Peace and Human Rights. Er und seine Mitstreiter gingen von Zelt zu | |
Zelt und Hütte zu Hütte und dokumentierten die Aussagen der Flüchtlinge und | |
die Verbrechen an ihnen, die von der UNO als Völkermord benannt wurden. | |
## Auftritte beim UN-Menschrechtsrat und im Weißen Haus | |
2019 sprach Ullah vor dem UN-Menschenrechsrat in Genf und forderte die Welt | |
auf, nicht nur über die Rohingya zu sprechen, sondern auch mit ihnen. Im | |
gleichen Jahr wurde er auch vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump im | |
Rahmen einer Kampagne zur Religionsfreiheit im Weißen Haus empfangen. | |
Ullahs führende Rolle innerhalb des Volks der Rohingya zeigte sich auch im | |
August 2019, als er in Kutupalong zum zweiten Jahrestag der Vertreibung aus | |
Myanmar eine Großkundgebung organisierte. An ihr nahmen rund 200.000 | |
Rohingya teil. Das beunruhigte auch Bangladeschs Behörden, die ihn | |
daraufhin mehrfach festnahmen und ihm weitere Kundgebungen verboten. | |
Seine Ermordung schockt die Rohingya und gilt auch als Zeichen für die | |
wachsenden Sicherheitsprobleme in den Flüchtlingslagern. Andere | |
Rohingya-Sprecher sollen jetzt aus Furcht vor weiteren Attentaten | |
untergetaucht sein. | |
Ullahs Tod „untergräbt nicht nur den Kampf der Rohingya-Flüchtlinge für | |
mehr Rechte und Schutz in den Flüchtlingslagern, sondern auch ihre | |
Bemühungen um eine sichere Rückkehr in ihrer Heimat in Myanmar“, erklärte | |
[3][Meenakshi Ganguly] von der Menschenrechtsorganisation Human Rights | |
Watch. | |
Ullah bekam seit 2019 Morddrohungen. Er sei sich immer seiner eigenen | |
Bedrohung bewusst gewesen, sagte der Rohingya-Aktivist Aung Kyaw Moe über | |
ihn, „aber er dachte, er müsse trotz der Drohungen seine Arbeit fortsetzen, | |
weil sie sonst niemand mache.“ Der Agentur Reuters sagte Ullah 2019: „Wenn | |
ich sterbe, ist das okay. Ich werde mein Leben opfern.“ | |
## Für Islamisten war sein liberaler Ansatz eine Bedrohung | |
Sein Bruder Habib Ullah warf den Aufständischen der Arakan Rohingya | |
Salvation Army (Arsa) vor, Mohib Ullah zunächst bedroht und jetzt ermordet | |
zu haben. „Sie haben oft von verschiedenen Telefonnummern aus gedroht, ihn | |
zu töten, sagte Habib Ullah laut [4][AFP]. „Sie haben nicht nur meinen | |
Bruder getötet, sondern einen großen Führer der Rohingya.“ | |
Die kleine islamistische Guerillatruppe Arsa hatte mit Überfällen auf | |
Grenz- und Polizeistationen 2017 die Massenvertreibung der Rohingya aus | |
Myanmar ausgelöst. Arsa diente dem Militär als willkommener Vorwand. | |
Seitdem bedroht Arsa aber auch liberale Rohingya, die sich wie Ullah | |
friedlich gegen Vertreibung und Diskriminierung wehren und zudem noch | |
populär sind. | |
Nach Angaben von [5][Amnesty International] gibt es im Lager Kutupalong | |
seit einiger Zeit einen Machtkampf zwischen Drogenbanden und Arsa. 2000 | |
Flüchtlinge seien inzwischen vor der Gewalt im Lager geflohen. | |
Denkbar ist aber auch, dass Schergen des Militärregimes in Myanmar Ullah | |
töteten oder womöglich sogar Kräfte in Bangladesch ein Interesse an seinem | |
Tod hatten. Eine Spur gibt es laut Polizei noch nicht. | |
30 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Weltgroesstes-Lager-in-Bangladesh/!5761179 | |
[2] /Vertreibung-der-Rohingya-aus-Myanmar/!5713397 | |
[3] https://www.hrw.org/news/2021/09/29/rohingya-leader-mohibullah-killed-bangl… | |
[4] https://www.dhakatribune.com/bangladesh/2021/09/30/family-blames-rohingya-i… | |
[5] https://www.amnesty.org/en/latest/news/2021/09/bangladesh-investigate-killi… | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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