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# taz.de -- Wahl von Sören Benn zum Bürgermeister: Chaostage in Pankow
> Nach der umstrittenen Wahl wollen SPD und CDU am Dienstag 23 Punkte für
> eine neue Politik vorstellen, darunter auch die Bebauung der
> Elisabethaue.
Bild: Braucht gerade viel Energie. Pankows Bürgermeister Sören Benn (Linke)
Berlin taz | Hätte die CDU keinen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken,
wären Pankow womöglich nicht im politischen Chaos versunken. Gleichwohl
schält sich nach der umstrittenen Wahl von Sören Benn (Linke) zum
Bezirksbürgermeister am Donnerstagabend ein Bündnis zwischen Linker, SPD
und CDU heraus. Erste Eckpunkte eines Papiers zwischen SPD und CDU sollen
am Dienstag vorgestellt worden.
Wie die taz erfuhr, sind es 23 Punkte, auf die sich die SPD und die CDU im
Berliner Nordosten verständigt haben. Unter ihnen ist auch eine „moderate“
Bebauung der Elisabethaue. Bislang hat sich der Bezirk gegen eine Bebauung
der 70 Hektar großen Felder ausgesprochen. Das könnte sich nun ändern. Vor
allem die designierte Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD)
drückt beim Neubau aufs Tempo.
Es ist ein in weiten Zügen antigrünes Programm, auf das sich SPD und CDU
geeinigt haben. Dies zeigt sich auch in der angestrebten Ressortverteilung
zwischen den im Bezirksamt vertretenen Parteien. So soll den Grünen das
Thema Stadtentwicklung weggenommen und auf SPD und CDU verteilt werden. Dem
Vernehmen nach soll die SPD-Stadträtin Rona Tietje für Bauen zuständig
sein, ihre CDU-Kollegin Manuela Anders-Granitzki soll das Verkehrsressort
übernehmen.
## Nebenabsprachen bleiben geheim
Eines aber wird sich aber auch am Dienstag nicht aufklären. Die
Nebenabsprachen, die Linke, SPD und CDU für die Wiederwahl von Sören Benn
getroffen haben, werden nämlich nicht öffentlich gemacht. So bleibt weiter
offen, ob es die CDU war, die mit ihren acht Abgeordneten in der BVV Sören
Benn neben den Stimmen von Linken (12) und SPD (11) zur Wahl verholfen hat.
Oder aber, ob es die AfD mit ihren fünf Abgeordneten war, wie
AfD-Fraktionschef Daniel Krüger der Morgenpost erklärt hatte. „Wir haben
für Benn gestimmt“, hatte Krüger gesagt.
Bei der Wahl am Donnerstag haben 29 der 55 Abgeordneten für Benn gestimmt.
24 votierten gegen den Linken-Politiker, zwei Abgeordnete enthielten sich.
Linke und SPD kommen zusammen auf 23 Stimmen. Für die Wahl wäre eine
einfache Mehrheit mit mehr Ja- als Nein-Stimmen nötig gewesen. Bei 24
Gegenstimmen hätten also 25 Ja-Stimmen gereicht.
Ein Linken-Bürgermeister, mitgewählt von der AfD? Schon kurz nach der Wahl
hatte der grüne Landesvorsitzende Werner Graf getwittert: „Wer sich
sehenden Auges von Nazis abhängig macht, macht sich von Nazis abhängig. Das
gilt auch für die @LinkePankow“.
Gegenüber der taz wies Sören Benn, der wegen seiner Amtsführung auch über
die Linken hinaus geschätzt wurde, die Vorwürfe zurück. „Es gibt kein
Bündnis mit der AfD“, sagte Benn im [1][Interview mit der taz]. „Sie hat
überhaupt nichts davon: Sie bekommt einen antifaschistischen
Bürgermeister.“ Allerdings räumte Benn ein, nicht alle Szenarien der Wahl
durchdacht zu haben. „Es ist nicht riskant, wenn man sich eine Mehrheit
organisiert hat. Aber wir haben unterschätzt, wie die AfD hinterher
agiert.“
Nach Informationen der taz hat es informelle Gespräche zwischen SPD und CDU
gegeben, die neben den inhaltlichen Absprachen auch die Wahl Benns
betrafen. So sei zugesichert worden, dass Benn am Ende des Abends als
Bezirksbürgermeister aus der BVV-Sitzung gehen würde. Dies wäre durch eine
Enthaltung von sechs CDU-Abgeordneten und zwei Ja-Stimmen aus der CDU
möglich gewesen. Diese Absprache war wohl für den zweiten oder dritten
Wahlgang erfolgt. Im ersten Wahlgang sollte Benn noch durchfallen.
Dass Benn gleich im ersten Wahlgang eine absolute statt der erforderlichen
einfachen Mehrheit bekam, kann also tatsächlich an der Abstimmung der AfD
liegen. Theoretisch könnten aber auch Grüne für Benn gestimmt haben. Dass
sich die sechs Abgeordneten, die zusätzlich zu Linker und SPD für Benn
gestimmt haben, im Nachhinein outen gilt als unwahrscheinlich. Die Wahl war
geheim.
## Landesverband will mäßigen
Inzwischen haben die Pankower Grünen angekündigt, eine „Friedensinitiative�…
zu starten und sich „mit allen demokratischen Parteien“ noch einmal an den
Tisch setzen zu wollen. Die ursprüngliche Bedingung, dass Sören Benn vor
Beginn der Gespräche zurücktreten müssen, ließen die Grünen in Pankow
mittlerweile fallen.
Nach Informationen der taz hatte sich der grüne Landesverband eingeschaltet
und Gespräche ohne Vorbedingungen gefordert. „Ich glaube ausdrücklich
nicht, dass Sören Benn sich von der AfD wählen lassen wollte“, sagte
Jarasch am Sonntag der dpa. „Indem er ohne eine eigene Mehrheit in die Wahl
gegangen ist, hat er aber riskiert, dass am Ende die AfD ihn ins Amt wählt
oder zumindest behaupten kann, dass sie ihn ins Amt gewählt habe.“ Damit
schlug Jarasch deutlich versöhnlichere Worte an als Landeschef Graf oder
Bundesgeschäftsführer Michael Kellner, der twitterte: „Als Wahlverlierer
sich von Rechtsextremen ins Amt verhelfen zu lassen, das macht man nicht.“
Bei den Gesprächen könnte auch noch thematisiert werden, weshalb SPD und
Linke die Verhandlungen über eine rot-rot-grüne Zählgemeinschaft beendet
hatten. So haben die Grünen bei den Verhandlungen, die nach der Wahl
begonnen hatten, zunächst nicht bekannt geben wollen, wer neben
Spitzenkandidatin Cordelia Koch ins Bezirksamt ziehen soll. Auch 2016 war
der spätere Stadtrat Vollrad Kuhn erst im Nachhinein nominiert worden. Nach
fünf Jahren Amtszeit wirft die Linke Kuhn vor, die Umwandlung von Miets- in
Eigentumswohnungen nicht, wie in anderen Bezirken üblich, durch
bezirkliches Vorkaufsrecht verhindert zu haben. Auch in den eigenen Reihen
war er dafür in die Kritik geraten.
Das Pankower Chaos hat also eine Vorgeschichte.
7 Nov 2021
## LINKS
[1] /Pankows-Buergermeister-ueber-seine-Wahl/!5813300
## AUTOREN
Uwe Rada
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