# taz.de -- Hartz-IV-Sätze und Corona: Arme zahlen drauf | |
> Die Hartz-IV-Sätze drohen unter das Existenzminimum zu sinken, so ein | |
> Gutachten. Das dürfte die neue Regierung unter Handlungsdruck setzen. | |
Bild: Teurer Einkauf: Ab 2022 wird der Satz für alleinstehende Erwachsene nur … | |
BERLIN taz | Empfänger:innen von Hartz-IV-Leistungen haben wegen der | |
steigenden Inflation nach dem Abklingen der Coronapandemie weniger | |
Kaufkraft zur Verfügung. Ein Bündnis von 14 Sozialverbänden forderte am | |
Freitag in einem offenen Brief an Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD): | |
„Versteckte Kürzungen bei den Ärmsten stoppen“. Der [1][Paritätische | |
Gesamtverband] legte ein Gutachten vor, nach dem die Fortschreibung der | |
Regelsätze für das nächste Jahr das „menschenwürdige Existenzminimum“ n… | |
mehr decke und „verfassungwidrig“ sei. | |
Das Gutachten könnte die künftige Bundesregierung unter Handlungsdruck | |
setzen: Sowohl die SPD als auch die Grünen haben in ihren Wahlprogrammen | |
Reformen am Hartz-IV-System versprochen. Die [2][SPD hatte in ihrem | |
Programm] angekündigt, die „Kriterien zur Regelsatzermittlung“ | |
„weiterzuentwickeln“ und dabei Betroffene und Sozialverbände „mit | |
einzubeziehen“. Die Regelsätze müssten „zu einem Leben in Würde | |
ausreichen“. | |
Die [3][Grünen haben im Programm] mindestens 50 Euro mehr pro Monat für | |
Hartz-IV-Empfänger:innen versprochen. | |
Die Regelsätze werden jährlich erhöht, wobei die Erhöhung sich zu 70 | |
Prozent an der Preissteigerung und zu 30 Prozent an der Entwicklung der | |
Nettolöhne im Vorjahr orientiert. Da die Preissteigerung in der | |
Vergangenheit gering war, beschloss das Kabinett nur eine geringfügige | |
Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze um 3 Euro auf 449 Euro für einen | |
alleinstehenden Erwachsenen, das bedeutet eine Erhöhung um nur 0,76 Prozent | |
ab dem Jahr 2022. Für Familienmitglieder gelten entsprechende Steigerungen. | |
Der Bundesrat billigte am Freitag die neuen Sätze. | |
## Nur 0,1 Prozent Preisentwicklung | |
In dem Gutachten der Rechtswissenschaftlerin Anne Lenze kommt diese zu dem | |
Schluss, dass die „niedrige Anpassungsrate“ der Hartz-IV-Regelsätze | |
maßgeblich auf die niedrige Rate der Preisentwicklung zurückgehe in Höhe | |
von nur 0,1 Prozent von Juli 2020 bis Juni 2021 im Vergleich zum | |
Vorjahreszeitraum. Diese niedrige Preissteigerungsrate sei vor allem durch | |
die politisch herbeigeführte vorübergehende Senkung des | |
Mehrwertsteuersatzes im Zuge der Coronamaßnahmen verursacht worden. | |
Die Mehrwertsteuer wurde zur Ankurbelung der Wirtschaft von Juli bis | |
Dezember 2020 um 3 beziehungsweise 2 Prozentpunkte abgesenkt und Anfang | |
2021 wieder auf ihre alten Werte von 19, beziehungsweise 7 Prozent erhöht. | |
Die Inflation habe im Juli 2021 im Vergleich zum Vorjahresmonat bereits | |
wieder 3,8 Prozent betragen, so Lenze. | |
Lenze verwies auf frühere Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, | |
wonach der Gesetzgeber auf Preissteigerungen „zeitnah“ reagieren müsse, um | |
die Erfüllung des aktuellen Bedarfs für Hartz-IV-Empfänger:innen | |
sicherzustellen. In ihrem offenen Brief fordern die Sozialverbände unter | |
anderem, Preissteigerungen müssten immer „zeitnah“ mindestens ausgeglichen | |
werden. | |
8 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.der-paritaetische.de/presse-und-kampagnen/armutabschaffen/#c126… | |
[2] https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/SPD-Zukunftspro… | |
[3] https://cms.gruene.de/uploads/documents/Wahlprogramm-DIE-GRUENEN-Bundestags… | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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