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# taz.de -- Hinrichtung trotz Gnadengesuch: Ernest Johnson soll dennoch sterben
> Noch am Dienstag soll in Missouri der geistig behinderte Afroamerikaner
> hingerichtet werden. US-Abgeordnete und der Papst versuchten das zu
> verhindern.
Bild: Soll per Giftspritze hingerichtet werden: Ernest Johnson (hier ein undati…
Berlin taz | Selbst Tausende Unterschriften und ein Gnadengesuch des
Papstes haben bislang nichts erreicht: Der Gouverneur des US-Staates
Missouri will an der Hinrichtung des geistig behinderten Ernest Johnson
festhalten. Der dreifach verurteilte Mörder soll noch am Dienstag im
Gefängnis von Bonne Terre eine Giftspritze verabreicht bekommen.
Der 61-jährige Afroamerikaner wurde zum Tode verurteilt, weil er 1994 bei
einem Raubüberfall drei Mitarbeitende eines Supermarkts tötete. Er hat die
Tat gestanden.
Sein Anwalt Jeremy Weis erklärte laut der Nachrichtenagentur AP, eine
Hinrichtung Johnsons verstoße gegen den 8. Zusatzartikel der US-Verfassung,
der die Hinrichtung geistig behinderter Menschen verbietet. Mehrere Tests
hätten gezeigt, dass Johnson die intellektuellen Fähigkeiten eines Kindes
habe. Bei IQ-Tests habe er die Werte 67 und 77 erzielt. Er wurde außerdem
mit einem fetalen Alkoholsyndrom geboren und verlor 2008 etwa 20 Prozent
seines Gehirngewebes bei die Entfernung eines gutartigen Tumors. Damit
erfülle er alle Kriterien geistiger Beeinträchtigung nach dem Gesetz von
Missouri.
Dennoch erklärte das Oberste Gericht in Missouri im September, Johnson
erfülle diese Kriterien nicht. Das Todesurteil sei rechtskräftig. Der
ehemalige Oberste Richter von Missouri, Michael Wolff, kritisierte diese
Entscheidung: „Eine vernünftige Jury hätte eine Hinrichtung nicht
empfohlen“, [1][zitiert ihn der Kansas City Star]. Auch der Antrag auf Tod
durch Erschießen anstatt einer Giftspritze wurde abgelehnt.
## „Zyklus von Traumata“
Ein Vertreter des Papstes schrieb vergangene Woche einen [2][Brief an
Gouverneur Mike Parson]. Darin betonte er, dass zwar „schwerwiegende
Verbrechen auch schwerwiegende Bestrafungen nach sich ziehen“ sollten.
Jedoch wolle der Papst „die einfache Tatsache der Menschlichkeit von Herrn
Johnson und die Heiligkeit allen menschlichen Lebens vor Augen führen“.
Die beiden demokratischen Kongressabgeordneten [3][Tori Bush und Emanuel
Cleaver] schlossen sich dem Gnadengesuch an. Beide sind Mitglied des
Ausschusses „Black Caucus“ und betonten in einem Schreiben an Parson die
rassistische Dimension des Urteils: „Wie zuvor Sklaverei und Lynchmord
verewigt die Todesstrafe Zyklen von Traumata, Gewalt und staatlich
sanktioniertem Mord in Schwarzen und braunen Gemeinschaften.“
Bush schrieb am Montag auf Twitter, eine Hinrichtung sei „ein Verbrechen
gegen die Menschlichkeit“ und forderte Parson zum Einschreiten auf.
Das Urteil werde in Einklang mit dem Obersten Gerichtshof von Missouri
vollstreckt, erklärte Gouverneur Parson jedoch am Montag. Das Todesurteil
zeige erneut rassistische und soziale Ungleichheiten bei der Anwendung von
Gesetzen, [4][kritisiert etwa der Kansas City Star] in ihrem Leitartikel
und weist darauf hin, dass Parson noch vor wenigen Wochen den weißen Anwalt
und republikanischen US-Senatskandidaten Mark McCloskey und seine Frau
Patricia begnadigt hatte. Im vergangenen Jahr hatten sie ihre Waffen gegen
Demonstrierende einer Black-Lives-Matter-Kundgebung gerichtet.
5 Oct 2021
## LINKS
[1] https://www.kansascity.com/opinion/editorials/article254302623.html
[2] https://twitter.com/helenprejean/status/1443767490975199233
[3] https://bush.house.gov/sites/evo-subsites/bush.house.gov/files/evo-media-do…
[4] https://www.kansascity.com/opinion/editorials/article254302623.html
## AUTOREN
Jana Lapper
## TAGS
USA
Todesstrafe
Missouri
Papst
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Lesestück Recherche und Reportage
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