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# taz.de -- Harte Anti-Drogen-Gesetze in Singapur: Drogenschmuggler hingerichtet
> Der geistig behinderte Malaysier war schon 2010 verurteilt worden.
> Proteste von Menschenrechtlern und Angehörigen konnten das Urteil nicht
> verhindern.
Bild: Protest gegen die Todesstrafe vor Singapurs Botschaft in Malaysia
Berlin/Singapur taz/dpa | Trotz internationaler und auch ungewöhnlicher
lokaler Proteste ist am Mittwoch im südostasiatischen Stadtstaat Singapur
ein geistig behinderter Drogenschmuggler hingerichtet worden. Der
34-jährige Malaysier sei Mittwochfrüh gehängt worden, berichtete der
staatliche Nachrichtensender Bernama TV aus dem benachbarten Malaysia unter
Berufung auf den Bruder des Mannes. Seine Familie sowie Menschenrechtler
hatten bis zuletzt versucht, die Exekution zu verhindern. Ein
Berufungsgericht hatte das Urteil am Dienstag aber endgültig bestätigt.
Nagaenthra Dharmalingam war 2009 bei der Einreise nach Singapur mit 43
Gramm Heroin festgenommen worden. Damals war er 21 Jahre alt. Ein
medizinischer Experte hatte später bei ihm einen geminderten
Intelligenzquotienten von 69 festgestellt. Dieser Wert wird als geistige
Behinderung anerkannt.
Dennoch wurde der Malaysier 2010 zum Tode verurteilt. Laut der Richter sei
er sich darüber im Klaren gewesen, dass er gegen die Gesetze verstoße.
„Mein Bruder hatte ein großes Herz, er hat jedem vertraut“, sagte sein
Bruder Navim Kumar in einem Interview. Berichten zufolge soll der
finanziell verschuldete Mann zur Tat gezwungen worden sein. Er habe mit dem
Geld seine Mutter unterstützen wollen.
„Mehrere medizinische Sachverständige haben bei ihm eine Einschränkung
seiner intellektuellen und kognitiven Leistungsfähigkeit festgestellt, die
seine Risikoeinschätzung und seine Darstellung der Umstände der Straftat
beeinträchtigt haben könnten“, hatte Amnesty International Ende letzten
Jahres erklärt. Laut der Organisation verstößt die Hinrichtung gegen das
Völkerrecht und internationale Standards. Eigentlich sollte der Verurteilte
schon im letzten November hingerichtet werden. Seine Anwälte erreichten
aber in letzter Minute einen Aufschub, weil er damals [1][positiv auf das
Coronavirus] getestet wurde.
Unter anderem hatten die EU und [2][UN-Experten] gegen das Urteil
protestiert. Noch am Dienstag versuchte seine Mutter [3][laut der
singapurischen Zeitung Straits Times] die Exekution zu verhindern.
Westliche Kritik an den strikten Drogengesetzen – auf Verstoß gegen sie
steht oft der Tod – werden zumeist mit Verweis auf die Kolonialzeit
ignoriert.
Coronabedingt gab es bis März eine zweijährige Pause bei Hinrichtungen.
Eine Reform der Todesstrafe gibt Richtern zwar inzwischen mehr Spielraum,
von einer Vollstreckung abzusehen, doch nun schien es darum zu gehen, ein
abschreckendes Exempel an Dharmalingam zu statuieren.
27 Apr 2022
## LINKS
[1] https://www.dw.com/en/singapore-stays-execution-of-malaysian-after-covid-in…
[2] https://www.ohchr.org/en/statements/2022/04/singapore-urged-halt-two-immine…
[3] https://www.straitstimes.com/singapore/courts-crime/court-dismisses-last-mi…
## AUTOREN
Sven Hansen
## TAGS
Todesstrafe
Behinderung
Hinrichtung
Drogen
Singapur
Leben mit Behinderung
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