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# taz.de -- Theatertipps der Woche: Unerhörte Sicht
> Blick nach Osten: Das Spektakel „Wendezirkus. Berlin steht Kopf“ und das
> Festival „Radar Ost“ mit Theater aus Belarus, Russland, Bosnien und
> Ukraine.
Bild: Beim Radar-Ost-Festival zeigt die Theatergruppe Kupalaŭcy „Woyzeck“ …
Gerade hat sich das Jubiläum der Vereinigung der beiden deutschen
Nachkriegsrepubliken zum 31. Mal gejährt. Aus diesem Anlass hat das
Musiktheaterkollektiv „glanz & krawall“ gemeinsam mit dem „KGI – Büro …
nicht übertragbare Angelegenheiten“ das Zirkusspektakel „Wendezirkus.
Berlin steht Kopf“ entwickelt. Mit dieser spartenübergreifenden Show wollen
sie einen Verhandlungsraum über die friedliche Revolution und die
Aushandlungsprozesse der Jahre 1989/90 schaffen, die in der
Wiedervereinigung mündeten – mit der dann viele Utopien dieses Wendejahres
verloren gingen.
Im Angesicht unserer krisengeschüttelten Gegenwart mit ihrer Hassexplosion,
der Virus- und Klimakrise möchten sie eine neue, unerhörte Sicht auf die
Wende in Szene setzen und damit auch die Brüchigkeit sichtbar machen, die
allen Einheitsnarrativen innewohnt – weil Einheit eben immer nur als
Vielfalt möglich ist. Gespielt wird vom 8. bis 11. Oktober jeweils um 19:30
Uhr im [1][„Zirkus Mond“] in der Lilli-Henoch-Straße 10. Danach zieht der
Zirkus weiter nach Frankfurt (Oder).
Von den Ungleichheiten einer ungerechten Gesellschaft handelt auch der
Roman „Wer hat meinen Vater umgebracht“ von Édouard Louis. Der französisc…
Schriftsteller erzählt darin die Geschichte seines gewalttätigen,
rechtsradikalen und homophoben Vaters, der ihn in seiner Jugend
traumatisierte. Später, als Erwachsener, hat Louis im Angesicht des
inzwischen schwerkranken Vaters begonnen, die Exzesse seines Vaters auf
dessen soziale Herkunft zurückzuführen.
So erzählt er nun den Weg des proletarischen Vaters erst in die Gewalt und
dann in die Krankheit als Chronik der vorsätzlichen Verstümmelung eines
ausgebeuteten Arbeiters durch die Neoliberalisierung, die nur den Weg in
Selbsthass und die Gewalt offen lässt und am Ende mit dem frühen Tod von
Menschen wie diesem Vater spekuliert. An der [2][Schaubühne] inszeniert
Thomas Ostermeier den Stoff mit Édouard Louis höchstpersönlich. Bereits
2018 hatte Ostermeier Louis' Roman „Im Herzen der Gewalt“ für das Theater
adaptiert. („Wer hat meinen Vater umgebracht“, Premiere: 7. Oktober, 21
Uhr).
## „Radar Ost“-Festival mit „Bad Roads“ und „Woyzeck“
Im [3][Deutschen Theater] beginnt am 7. Oktober das Festival „Radar Ost“,
das Theater aus Belarus, Russland, Bosnien und der Ukraine zeigt und
Inszenierungen und Künstler:innen vorstellt, die sich mit dem
Spannungsfeld „Kunst und Konflikt“ theatral auseinandersetzen. So wird „B…
Roads. Sechs Geschichten über das Leben und den Krieg“ von Natalia
Vorozhbit, die 1975 in Kiew geboren wurde und zu den bekanntesten
Dramatikerinnen der Ukraine zählt, zu sehen sein.
Ein Schwerpunkt liegt auf Belarus, diesem Lukaschenko-gebeutelten Land.
Unter anderem zeigt die Theatergruppe Kupalaŭcy aus Minsk in diesem Kontext
ihre Version von Georg Büchners „Woyzeck“. Pandemiebedingt entstand die
Inszenierung in Minsk digital und wird in Berlin nun zum ersten Mal live
vor Publikum gezeigt ([4][„Radar Ost“], 7. bis 10. Oktober).
4 Oct 2021
## LINKS
[1] https://www.glanzundkrawall.de/event/wendecircus-berlin-steht-kopf/
[2] https://www.schaubuehne.de/de/produktionen/wer-hat-meinen-vater-umgebracht-…
[3] https://www.deutschestheater.de/programm/a-z/radar_ost_2021/
[4] https://www.deutschestheater.de/programm/a-z/radar_ost_2021/
## AUTOREN
Esther Slevogt
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