# taz.de -- Die AfD ohne Jörg Meuthen: Der seriöse Anstrich blättert ab | |
> Auch Jörg Meuthen war kein Gemäßigter. Doch nach seinem Rückzug gibt es | |
> an der AfD-Spitze niemanden mehr, der sich von Rechtsextremen abgrenzt. | |
Bild: Wahlplakat der AfD: Mehr als eine Million Stimmen hat sie im Vergleich zu… | |
Die Selbstnormalisierung ist der AfD im Bundestagswahlkampf nicht geglückt. | |
Die Partei wollte sich als harmlos präsentieren, aus der Schmuddelecke | |
rauskommen und auch Wähler*innen ansprechen, die nicht komplett | |
radikalisiert sind. „Deutschland. Aber normal“, hat sie dafür auf ihre | |
Wahlplakate geschrieben. Der Versuch blieb erfolglos: Mehr als eine Million | |
Stimmen hat sie im Vergleich zu 2017 verloren. Noch nicht mal enttäuschte | |
CDU-Wähler*innen, von denen es dieses Mal ja wirklich eine Menge gab, | |
konnte sie unterm Strich in nennenswerter Zahl zu sich ziehen. | |
Über ihre Kernwählerschaft hinaus gibt es für die AfD also aktuell nichts | |
zu holen. Und das wird sich so schnell wohl auch nicht ändern. Nach dem | |
Abgang von Noch-Parteichef [1][Jörg Meuthen], der am Montag ankündigte, | |
nicht erneut zu kandidieren, wird es die Partei jenseits rechtsextremer | |
Kreise eher noch schwerer haben. | |
Nicht, dass sich Meuthen in mehr als sechs Jahren an der Parteispitze das | |
ihm oft angehängte Adjektiv „gemäßigt“ verdient hätte. Er paktierte üb… | |
Jahre mit dem rechtsextremen Parteiflügel, sprach auf dessen | |
Veranstaltungen und protegierte dessen Führungsfiguren. Er sorgte mit | |
dafür, dass Björn Höcke und andere ihre Macht in der AfD ausbauen konnten. | |
Die ideologischen Differenzen zu den Rechtsextremen in der Partei waren | |
zumindest nicht groß genug, um den Schulterschluss von vornherein | |
auszuschließen. | |
## Normale AfD? Mit Meuthens Abgang noch unglaubwürdiger | |
Aber auch wenn das Image des Gemäßigten nie von den Fakten gedeckt war: Mit | |
Meuthen hatte die AfD zumindest einen, mit dem sie einen Anschein von | |
Seriosität vorgaukeln konnte. Habitus und Lebenslauf machten ihn, den | |
Wirtschaftswissenschaftler aus dem Westen, in Teile des bürgerlichen Lagers | |
hinein noch am ehesten vorzeigbar. Und seine späte Abkehr vom | |
rechtsextremen Flügel war zwar eher taktisch als inhaltlich motiviert, | |
unter anderem mit dem Motiv, eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz | |
zu verhindern. Aber zumindest konnte sie bei oberflächlicher Betrachtung | |
den Eindruck erwecken, es gäbe neben Höcke und Co. noch eine andere, mit | |
dem demokratischen System kompatible AfD. | |
Meuthens Scheitern macht die Erzählung von der normalen [2][AfD] jetzt noch | |
unglaubwürdiger, als sie es zuvor schon war. Und ein Nachfolger an der | |
Parteispitze, der die Rolle des Gemäßigten überzeugender spielen könnte, | |
ist nicht in Sicht. Auch [3][Alice Weidel] galt einmal als moderat, stand | |
im Machtkampf zuletzt aber dem Flügel näher als Meuthen. | |
Rüdiger Lucassen, als Kandidat gehandelt und ebenfalls vermeintlich | |
gemäßigt, grenzte sich als NRW-Landeschef nicht mal vom | |
Neu-Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich ab, der mit seinen | |
NS-Sprüchen sogar der Fraktion zu weit rechts steht. Und ein ganz anderer, | |
unbelasteter Überraschungskandidat? Ist in einer Partei wie der AfD schwer | |
zu finden – und wird sich ohne Pakt mit den Rechtsextremen auch kaum an der | |
Spitze halten können. | |
11 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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