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# taz.de -- Bisheriger Bundesvorsitzender der AfD: Meuthen verzichtet
> Der AfD-Bundessprecher zieht sich vom Parteivorsitz zurück. Wer sich
> statt seiner im Dezember zur Wahl stellen wird, ist noch unklar.
Bild: Jörg Meuthen gibt auf – er kandidiert nicht mehr als AfD-Bundesvorsitz…
Hamburg taz | Jörg Meuthen will nicht mehr: Auf dem kommenden Parteitag
möchte der AfD-Bundesvorsitzende nicht erneut für das Amt antreten. Per
Rundmail an die rund 32.000 Parteimitglieder verkündete er am Montag seine
Entscheidung, sich am 11. Dezember keiner Neuwahl zu stellen. Mit dem
Rückzug könnte der 60-Jährige einen möglichen Rauswurf aus dem Amt
zuvorgekommen sein.
Eine Neuwahl galt in den vergangenen Monaten längst nicht mehr als
Selbstläufer. Bei dem Bundesparteitag in Wiesbaden wurde eine harte
Auseinandersetzung um Meuthen erwartet. In seiner Rundmail schreibt
Meuthen, dass er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht habe. Sie sei
nach „vielen intensiven Gesprächen“, auch mit der Familie, getroffen
worden. Konkrete Gründe führt er laut mehreren Medien nicht an.
Als „unglaublich fordernde“ Zeit mit „manchen Härten und Enttäuschungen…
aber auch „sehr vielen guten Erlebnissen“, bezeichnet er die Zeit als
Bundesvorsitzender. Ihm sei bewusst, dass „sehr viele Mitglieder“ eine
andere Entscheidung von ihm erhofft hätten.
Doch diese Mitglieder, die den vermeintlich moderaten Bundesvorsitzenden
unterstützen, fallen in der Partei derzeit kaum auf. Längst klaffen die
Lücken hinter dem Bundesvorsitzenden, der einst die Kampfansage „Weg vom
links-rot-grün verseuchten 68er-Deutschland“ formulierte. Auch der
Co-Vorsitzende Tino Chrupalla steht nicht hinter ihm.
Mit seiner Kritik des AfD-Wahlergebnisses am 27. September auf der
[1][Bundespressekonferenz] könnte Meuthen noch bestehende Sympathien
verspielt haben. Damals polterte der Bundesvorsitzenden gegen das
Bundestagsspitzenduo Alice [2][Weidel und Chrupalla.]
## Keine Mobilisierung der Wähler:innen
Die AfD war mit 10,3 Prozent in den Bundestag eingezogen, im Vergleich zur
Bundestagswahl 2015 waren das 2,3 Prozenpunkte weniger. Für Meuthen war das
Grund genug, nachdem Weidel und Chrupalla von einem „soliden Ergebnis“
gesprochen hatten, loszuwettern: Es solle keine „Versuche“ geben, „sich d…
Ergebnis in Altparteienmanier schönzureden“. Sein Vorwurf vor laufenden
Kameras und Mikrofonen: Die Partei hätte keine Wähler:innen mobilisieren
können, trotz massiver Verluste der CDU.
Weidel, die mittlerweile die AfD-Bundestagsfraktion mit Chrupalla anführt,
giftete zurück. „Ich lasse mir das Ergebnis nicht schlechtreden!“ Doch
Meuthen frotzelte weiter: „Wir müssen klare Signale senden in die
bürgerliche Mitte der Gesellschaft.“ Und: „War es wirklich klug, den Dexit
in das Wahlprogramm zu schreiben?“
Seit 2015 ist Meuthen einer der Bundesvorsitzenden der selbsternannten
Alternative. Mit der Unterstützung des aufgelösten „Flügels“ um den
thüringischen Landtagsfraktionsvorsitzenden Björn Höcke war der
Europaabgeordnete der AfD ins Amt gekommen. Im Zuge der Debatte, inwieweit
das Bundesamt für Verfassungsschutz das parteiinterne Netzwerk als
rechtsextrem einstufen könnte, ging Meuthen auf Distanz. Er setzte im April
2020 einen Beschluss mit durch, dass der „Flügel“ sich auflösen solle.
Im Mai 2020 gewann Meuthen genügend Bundesvorstandsmitglieder, um Andreas
Kalbitz, den früheren brandenburgischen Landtagsfraktionsvorsitzenden und
organisatorischen Kopf des „Flügels“, aus der Partei auszuschließen. Doch
das Ansehen des Bundesvorsitzenden sank und damit auch sein Einfluss.
In Dresden setze sich im April das Netzwerk um Höcke auf dem
[3][Bundesparteitag] durch. Dort beschlossen die Delegierten einen Austritt
der Bundesrepublik aus der Europäischen Union – den Dexit. Sie forcierten
aber auch in der Sozialpolitik einen „solidarischen Patriotismus“. Beides
Konzepte um Höcke. Hier in der sozialpolitischen Ausrichtung liegt zwischen
dem Höcke-Spektrum und der Meuthen-Szene der Konflikt.
## Meuthen will weniger Staat
Höcke – mehr rechtsextrem – möchte mehr Staat für die von ihm ausgemacht…
Deutschen, Meuthen – ganz neoliberal – weniger Staat für die Staatsbürger:
innen. Mit der Wahl des Bundestagsspitzenduos Weidel und Chrupalla, die dem
„Flügel“ nahestanden, war Meuthen erneut unterlegen. Einstige
Mitstreiter:innen aus neoliberaler Sozial- und Wirtschaftspolitik wie
die stellvertretenden AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch sprangen ihm nicht
mehr bei.
Im August scheiterte Meuthen dann mit dem Versuch, den stellvertretenden
nordrhein-westfälischen Landesvorsitzenden, Matthias Helferich, aus der
Partei auszuschließen. Helferich hatte sich in einem Chat als „freundliches
Gesicht des NS“ bezeichnet.
Nach Meuthens Ankündigung hat nun die Suche nach einen neuen
Co-Bundesvorsitzenden begonnen. Neben Chrupalla, der aus Sachsen kommt,
soll ein Co-Vorsitzender aus dem Westen stammen. Außer Weidel wird über den
nordrhein-westfälischen AfD-Landesvorsitzenden Rüdiger Lucassen und den
bayerischen AfD-Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl, Peter Boehringer,
geredet. Wer es auch wird, eines ist gewiss: Bisher hat jeder
Bundesführungswechsel die Rechtsentwicklung der AfD verstärkt.
11 Oct 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Andreas Speit
## TAGS
Schwerpunkt AfD
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