# taz.de -- Bedrohter Kongo-Regenwald: Schnitte in die grüne Lunge | |
> Klima-, Arten- und Armutskrise gleichzeitig bekämpfen? Darüber streiten | |
> Umweltschützer:innen mit der Regierung der Demokratischen Republik | |
> Kongo. | |
Bild: Gorillas im Regenwald: Dort sollen nach dem Wunsch der Regierung wieder B… | |
BERLIN taz | Im Kongobecken leben Waldelefanten, Gorillas, Schimpansen, | |
Okapis, Nilpferde und Löwen inmitten von vielen Milliarden Tonnen | |
Kohlenstoff. Der weltweit zweitgrößte Regenwald ist damit eine Geheimwaffe | |
gegen gleich zwei globale Krisen: gegen das Artensterben und den | |
Klimawandel. Geheim, weil die globale Aufmerksamkeit oft eher auf dem | |
Amazonasbecken liegt, wo sich immer noch der größte Regenwald befindet. | |
Umweltschützer:innen blicken allerdings gerade mit besonderer Sorge | |
auf neue Pläne der Demokratischen Republik Kongo, in der zwei Drittel des | |
Kongobeckens liegen. Die Regierung will ein knapp 20-jähriges Moratorium | |
zur kommerziellen Abholzung aufheben. Angekündigt hatte das Vize-Premier- | |
und Umweltministerin Eve Bazaiba schon im Juli innerhalb eines | |
[1][10-Punkte-Plans], der in manch anderer Hinsicht sogar als ökologisch | |
ambitioniert gefeiert wurde. | |
Zahlreiche Umweltorganisationen haben sich nun in einem [2][offenen Brief] | |
an die Länder gewandt, die im Rahmen der Central African Forest Initiative | |
Geld für den Waldschutz in mehreren afrikanischen Ländern zahlen. Auch | |
Deutschland gehört dazu. | |
„Dieser Plan kommt just, während mehrere von Ihnen sich verpflichten | |
wollen, Hunderte Millionen Steuergeld in den Schutz des Walds im | |
Kongobecken zu stecken“, schreiben die Umweltgruppen, darunter Greenpeace | |
Africa, Global Witness und das Congolese Resources Institute. | |
## Trotz Moratorium wurde gerodet | |
Erst im September hatte die Bundesregierung zur Tropenwald-Konferenz in | |
Berlin eingeladen. „Wir müssen Brandrodung und Waldzerstörung sofort | |
stoppen“, sagte Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) im Anschluss. „Wir | |
brauchen einen ‚New Deal‘ für den Waldschutz.“ Auf der Konferenz hätten | |
sich alle zehn Anrainerstaaten des Kongo-Regenwaldes verpflichtet, den | |
Waldschutz und die nachhaltige Forstwirtschaft zu verstärken, so der | |
Minister. | |
Und trotzdem will die Demokratische Republik Kongo wieder kommerzielle | |
Rodungen erlauben. Man kann sich allerdings auch darüber streiten, wie | |
wirksam das Moratorium überhaupt war. Nur in Brasilien ist im vergangenen | |
Jahrzehnt laut einem [3][Bericht der Welternährungsorganisation] mehr Wald | |
verloren gegangen als in der Demokratischen Republik Kongo – trotz | |
Moratorium. | |
Das liegt teilweise an illegaler Abholzung, aber auch daran, dass das | |
Verbot nicht für Kleinbauern galt. Die meisten Menschen im Kongo haben | |
keinen Zugang zu Elektrizität, brauchen also viel Feuerholz. Laut dem | |
UN-Bericht ist das kombiniert mit dem Bevölkerungszuwachs der Hauptgrund | |
für die dramatischen Rodungszahlen. | |
Allerdings warnen manche Waldschützer:innen auch: Nicht alle | |
kleinbäuerliche Nutzung erfolgt wirklich zur Versorgung der lokalen | |
Bevölkerung. Teilweise haben große Konzerne diese auch beauftragt, haben | |
sich sozusagen ein Schlupfloch zum Roden gesucht. Es ist diese verworrene | |
Lage, mit der die kongolesische Regierung die Aufhebung des Moratoriums | |
begründet. Sprich: Lieber wissen und bewusst bestimmen, wer zu welchem | |
Zweck rodet, als undurchsichtige Machenschaften. | |
Bei der Bundesregierung, die ja zu den Geldgeberinnen bei der Central | |
African Forest Initiative gehört, herrscht dennoch keine Begeisterung. Das | |
Entwicklungsministerium habe die Ankündigung aus Kongo „zur Kenntnis | |
genommen“, heißt es von einer Sprecherin. „Es hat das Thema im Gespräch m… | |
der kongolesischen Regierung ausdrücklich aufgenommen und gefordert, dass | |
einer solchen Aufhebung auf jeden Fall eine nachhaltige Landnutzungsplanung | |
und eine Verbesserung der Governance, vor allem im Waldsektor, vorausgehen | |
müssen.“ | |
11 Oct 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/Evebazaiba/status/1413764692464504835 | |
[2] https://www.greenpeace.org/africa/en/press/49208/ngos-letter-to-donor-gover… | |
[3] http://www.fao.org/news/story/en/item/1298907/icode/ | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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