# taz.de -- Sondierungen von SPD, Grünen und FDP: Der Supertrick | |
> Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl: Kriechen die Grünen zurück in | |
> den Schoß der SPD – oder fängt jetzt etwas Neues an? | |
Bild: Viele WählerInnen haben den Grünen nicht zugetraut, die Zukunft zu erwi… | |
Nach einer Woche der großen Worte wird die Begeisterung über die neue | |
Kooperation von Grünen und FDP auch wieder umschlagen. Erst wird Wahlsieger | |
Olaf Scholz den beiden Prätendenten Habeck und Lindner zeigen wollen, wer | |
hier den Längsten hat, dann wird man sich über irgendwas Symbolisches | |
aufregen, dann werden die Klimabürger (ich zum Beispiel) sagen, dass das | |
doch alles in der entscheidenden Frage der Klimapolitik viel zu wenig sei. | |
Das ist auch wahrscheinlich, weil die Wahlprogramme und Machtstrategien von | |
FDP und SPD das Notwendige nicht hergeben und die krachende Wahlniederlage | |
der Grünen alles andere als ein gesellschaftlicher Auftrag für ernsthafte | |
Klimapolitik ist, die ja neben Regulierung und Verteilung vor allem neue | |
Finanz-, Außen- und vor allem auch Wirtschaftspolitik bedeutet. | |
Die Grünen haben im Wahlkampf das in drei Jahren mühsam erworbene Vertrauen | |
von zu vielen Leuten wieder verloren, weil sie nicht glaubhaft machen | |
konnten, dass sie über Knowhow, Personal und Bereitschaft verfügen, die | |
gesamtgesellschaftliche Zukunft zu erwirtschaften. | |
Postfossil ist für die Leute nämlich völlig okay – solange der Laden | |
brummt. Das ist der Schlüssel für alles und ein Hauptgrund, warum Winfried | |
Kretschmann bei 32 Prozent landete und Annalena Baerbock bei 14,8 und dabei | |
die Grünen gerade in Baden-Württemberg im Vergleich zur Landtagswahl – | |
horribile dictu – fast um die Hälfte schrumpfte. | |
## Sich das Wahlergebnis schön reden | |
Am Wahlabend hatte Geschäftsführer Michael Kellner im Garten der Berliner | |
Columbiahalle plötzlich ins Mikro gebrüllt, er habe eine sehr gute | |
Nachricht. Was konnte das sein? Die SPD, rief Kellner, habe Südthüringen | |
gewonnen. Hurra! Spitzenjubel brandete auf. Damit war die Welt vor | |
Hans-Georg Maaßen gerettet. Dann redeten sich viele auch noch das | |
Wahlergebnis schön, einige Spitzenfunktionäre legten sich viel zu früh und | |
taktisch unklug öffentlich auf die Ampel fest, und dahinter sah man ihre | |
Angst: Hauptsächlich davor, sonst von ihrer Blase ausgeschimpft zu werden. | |
Seither muss man sich Sorgen machen, dass die traditionellen Teile der | |
Grünen aus dem Zentrum der Gesellschaft zurück in den Schoß der SPD und der | |
Symbolpolitik kriechen wollen. | |
Dann aber, das muss man zugeben, hat die Parteispitze sich mit den | |
Sondierungen der letzten Tage professionell und geordnet wieder nach vorn | |
bewegt. Annalena Baerbock und Robert Habeck haben offenbar ihre gemeinsame | |
politische Zukunft sehr vorausschauend, fair und egalitär geplant und | |
vertraglich geregelt, dass sie Kanzlerinkandidatin wurde und bei | |
entsprechendem Ergebnis Kanzlerin geworden wäre – und da das weit verfehlt | |
wurde, er nun im Falle eines Regierungsfalls Vizekanzler wird. | |
Und Habeck hatte längst seinen [1][Supertrick] aus Schleswig-Holstein | |
vorbereitet und nun bundesweit aufgeführt, wonach Grüne und FDP sich ihren | |
Bundeskanzler raussuchen und damit eine neue Machtstatik und Arbeitsbasis | |
entsteht, mit der gegebenenfalls auch andere Politik gemacht werden kann. | |
Und jetzt muss man halt mal sehen, was geht. Ich nehme daher meine | |
selbstgefällige Checker-Resignation von weiter oben zurück und freue mich | |
darüber, dass die Errungenschaft der Moderne darin besteht, dass es eben | |
keinen Gott, König oder Ökodiktator gibt, der alles autoritär regelt. Und | |
nicht einmal mehr die Illusion einer Kanzlerdemokratie. | |
9 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Peter Unfried | |
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