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# taz.de -- Mobilität im Vergleich: Die Wege im Land
> Autobahnen ausbauen und Schienen stilllegen – so lautete jahrzehntelang
> das Mantra der deutschen Verkehrspolitik. In Zukunft soll sich das
> ändern.
Bild: Das deutsche Autobahnnetz ist gigantisch, künftig soll mehr Geld für di…
Die deutsche Verkehrspolitik kannte jahrzehntelang nur eine Richtung: mehr
Straßen, weniger Schienen. Jetzt beginnt eine vorsichtige Trendwende: Die
bisherige Bundesregierung aus Union und SPD hat beschlossen, dass ab dem
kommenden Jahr erstmals mehr Geld in den Bahnverkehr als den Straßenbau
investiert werden soll.
Die Akzeptanz für neue Straßen sinkt. [1][Neben den Aktivist:innen von
Fridays for Future drängen auch Vertreter:innen von Umwelt- und
Verkehrsverbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft auf eine Kehrtwende].
„Nachdem der Straßenverkehr von der Verkehrspolitik jahrzehntelang
einseitig auf Kosten des Schienenverkehrs gefördert wurde, muss eine
Verkehrswendepolitik zukünftig den Schienenverkehr so lange auf Kosten des
Straßenverkehrs fördern, bis gleiche Wettbewerbsbedingungen hergestellt
sind“, fordert etwa der Mobilitätswissenschaftler Oliver Schwedes von der
TU Berlin.
Das deutsche Autobahnnetz ist gigantisch. Es ist seit 1995 um rund 2.000
Kilometer auf 13.200 Kilometer gewachsen, dazu kommen 39.000 Kilometer
Fernstraßen. Zum Vergleich: 1955 gab es in Westdeutschland nur 2.187
Kilometer Autobahn. Während die Grünen und die Linkspartei der Auffassung
sind, dass es hierzulande genug Autobahnen gibt, wollen Union, FDP und
weite Teile der SPD einen weiteren Ausbau. Der derzeit geltende
[2][Bundesverkehrswegeplan sieht bis 2030 den Bau weiterer 850 Kilometer]
vor.
Proteste um die A 49 am Dannenröder Forst, die Küstenautobahn A 20 oder die
A 100 in Berlin stoßen auf bundesweite Resonanz. Auf Kritik stoßen nicht
nur die immensen Eingriffe in die Umwelt, sondern auch die gewaltigen
Kosten. Die 3,2 Kilometer neue Berliner Autobahn, die teilweise in einem
Tunnel verläuft, soll 700 Millionen Euro kosten. Nach eine Berechnung des
BUND wird die Küstenautobahn A 20 wegen vieler durchfahrener Moor- und
Feuchtgebiete 5,8 Milliarden Euro teuer, pro Kilometer 25 Millionen Euro.
Auch die Verlegung von Gleisanlagen geht ins Geld. Der Bau kann bei sehr
aufwändigen Projekten wie der Neubaustrecke Ebensfeld-Erfurt nach Angaben
der Allianz pro Schiene 49 Millionen Euro pro Kilometer kosten.
Aber: Während das Autobahnnetz massiv wuchs, wurden immer mehr
Schienenverbindungen stillgelegt und nur vereinzelt neue gebaut. Seit der
Vereinigung der Eisenbahnen von DDR und Bundesrepublik im Jahr 1994 ist das
Schienennetz von 44.600 Kilometern auf 38.400 Kilometer geschmolzen. Die
Deutsche Bahn betreibt davon 33.400 Kilometer, die übrigen sind etwa für
Werksbahnen. Auch DDR und Westdeutschland hatten in großem Stil Schienen
abgebaut. 1950 hatte das Schienennetz auf dem Gebiet der beiden Staaten
noch eine Ausdehnung von 49.800 Kilometern, davon entfielen 36.900
Kilometer auf die Bundesrepublik und 12.900 Kilometer auf die DDR.
Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums dauert die Realisierung eines
neuen Schienenprojekts im Schnitt 20 Jahre. Schneller geht die
Wiederbelebung stillgelegter Strecken. Der Verband deutscher
Verkehrsunternehmen und die Allianz pro Schiene haben [3][eine Liste mit
238 Projekten mit einer Strecke von insgesamt rund 4.000 Kilometern] für
geeignete Reaktivierungen vorgelegt.
„Die Menschen im ländlichen Raum erwarten von der künftigen
Bundesregierung, dass sie die Anbindung an den öffentlichen Verkehr
deutlich verbessert“, sagt Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro
Schiene. „Der Koalitionsvertrag für die nächsten vier Jahre muss ein
Reaktivierungsprogramm enthalten, mit dem der Bund das Comeback der Schiene
außerhalb der großen Städte voranbringt.“
10 Oct 2021
## LINKS
[1] /Verkehrswende-fuer-alle/!5766611
[2] /Strassenbau-in-Deutschland/!5729178
[3] https://www.vdv.de/reaktivierung-von-eisenbahnstrecken-2020.pdfx
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Autobahn
Bahnverkehr
Mobilitätswende
Schwerpunkt Stadtland
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