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# taz.de -- Aktivistinnen über Feminismus im Wahlkampf: „Es geht nicht um di…
> Wie positionieren sich demokratischen Parteien zum Feminismus? Sally Lisa
> Starken und Cordelia Röders-Arnold haben dafür einen Wahl-O-Maten
> entworfen.
Bild: Wie wählt man denn feministisch? Demo zum Internationalen Tag der Frau i…
taz: Frau Starken, Frau Röders-Arnold, Sie haben [1][Wahltraut, einen
Wahl-O-Maten für Feminismus], entworfen. Wie haben Sie das gemacht?
Sally Lisa Starken: Wir haben Wahlprüfsteine gemeinsam mit Organisationen
und Aktivist:innen formuliert. So sind die Forderungen der
Organisationen eingeflossen. Die Antworten sind von den Parteien selbst
gekommen. Wir haben alles gegengecheckt, die Parteien mussten uns sogar die
Seitenanzahl ihres Wahlprogramms schicken. Das haben wir geprüft.
Wie wählt man denn feministisch?
Cordelia Röders-Arnold: Man kann sich angucken: Wie viel verdienen Frauen?
Wie groß ist die Gender-Pay-Gap zwischen Frauen und Männern? Wie viele
Frauen und [2][wie viele Männer sind im Bundestag]? All das könnte man sich
anschauen, wenn man sich für einen größeren Blick auf das Thema Feminismus
interessiert und die Parteien darauf prüfen möchte.
Wie haben Sie das für Wahltraut gelöst?
Röders-Arnold: Wir haben uns für einen intersektionalen Feminismus
entschieden. Also auch marginalisierte Personen miteinbezogen, die nicht
zwischen Männern und Frauen entschieden werden. Sondern auch Themen wie zum
Beispiel Anti-Rassismus, Inklusion und queere Rechte einbezogen.
Also Maßnahmen, die feministisch sind, obwohl es nicht unbedingt explizit
draufsteht.
Röders-Arnold: Genau. Themen, bei denen nicht unbedingt „Frau“ draufsteht,
können trotzdem wichtige feministische Forderungen sein. Wir fragen: Sollen
Frauenhäuser barrierefrei sein? Soll die Bundesregierung dafür sorgen, dass
die deutsche Kolonialgeschichte aufgearbeitet wird? Um anzuerkennen, dass
es nicht um die Gleichberechtigung der weißen cis Frau geht. Wir wollen
gerne, dass alle Menschen gleiche Rechte bekommen.
Starken: Es gibt Themenbereiche, da denkt man: Das geht doch alle Menschen
etwas an? Und das ist natürlich auch so, aber die Menschen, die maßgeblich
darunter leiden, dass sie keinen Mindestlohn bekommen, sind ganz oft
alleinerziehende Mütter oder Frauen in prekären
Beschäftigungsverhältnissen. Oder Frauen in der Pflege.
Röders-Arnold: Auch das Thema haushaltsnahe Dienstleistungen, die staatlich
gefördert werden sollen, gehört dazu. An der Oberfläche setzen wir uns
gerne mit den Diskussion auseinandersetzt: Wie können wir es schaffen,
Kinder und Arbeit besser miteinander zu verknüpfen? Dass aber die
Konsequenz daraus ist, dass, „wenn eine Frau das hinbekommt“, oft eine
Person den Haushalt schmeißt, die eben in einer noch weiter nach unten
priviligierteren Situation ist. Es kann nicht das Ziel sein, dass auf dem
Rücken von noch weniger priviligierten Personen die weiße cis Frau Karriere
machen kann. Es muss nicht nur an der Oberfläche Gleichstellung
stattfinden, sondern ganzheitlich.
Wie stehen die Parteien zu diesem Thema?
Röders-Arnold: Alle von uns befragten Parteien lagen da nah beieinander,
sie wollen legale Arbeit in Privathaushalten fördern.
Gibt es Parteien, die den Zusammenhang zwischen Feminismus und Klimaschutz
erkennen?
Starken: Ja. Ganz stark haben die Linken diesen Querschnitt gemacht. Die
haben es explizit in ihrem Wahlprogramm drinnestehen. Sie schreiben dort,
dass gerade Frauen von der Klimakrise betroffen sind, stärker in Armut
leben und das ist genau diese Verbindung, die man bei diesen Themen haben
muss.
Wie haben Sie das abgefragt?
Starken: Es gibt den Vorschlag, dass es einen Rat geben soll von
Klima-Aktivist:innen. Sowohl CDU als auch FDP haben sich dazu neutral
verhalten. Sie sind nicht auf die Details eingegangen, dass es
marginalisierte Gruppen mehr treffen kann. Die anderen Parteien, die Grünen
und die SPD haben es bejaht.
Röders-Arnold: Von der FDP gab es keine Angabe. Auch bezeichnend.
Wie positionieren sich die Parteien zu queeren Rechten?
Starken: Die Wahlprüfsteine für queere Rechte wurden geschrieben von
Felicia Ewert, vom Bundesverband Trans*, von Phenix Kühnert und vom
Schwulen- und Lesben-Verband. Vor allem die Grundgesetzänderung über das
[3][Selbstbestimmungsgesetz] war wichtig.
Röders-Arnold: Gerade beim Thema LGBTIQ+ war ich doch überrascht, dass
einige Parteien sehr progressiv – was heißt progressiv? – sehr
queerfreundlich vorhaben unterwegs zu sein. Beim Thema Blutspendeverbot für
homo- und bisexuelle Männer und transgeschlechtliche Menschen, da waren
alle Parteien dabei, die sagen, wir wollen das abschaffen. Anders sah es
beim Thema Transsexuellengesetz aus.
Wie unterscheiden sich die Meinungen für dieses Gesetz?
Röders-Arnold: Es ist ein super wichtiges Gesetz, weil das
Transsexuellengesetz wahnsinnig veraltet ist. Es stellt transsexuelle
Personen vor die Herausforderung, dass sie ihren Geschlechtseintrag erst
dann ändern können, wenn Ärzt:innen ihnen bescheinigen nach einem sehr
langen und schwierigen Weg, dass sie ihren Personenstand ändern können. Das
ist nicht gut. Deswegen soll es ein Selbstbestimmungsgesetz geben.
Wollen das alle Parteien? Im Juni ist es ja im Bundestag gescheitert.
Röders-Arnold: Fast alle Parteien haben bei Wahltraut gesagt: Ja, es soll
ein Selbstbestimmungsgesetz geben, das das Transsexuellengesetz ablösen
soll. Nur die CDU will das weiterhin nicht.
Das heißt: Wenn es wieder eine Koalition aus CDU und SPD gäbe, würde sich
der Status Quo nicht verändern.
Röders-Arnold: Die Vergangenheit lässt darauf schließen, dass das für den
Feminismus nicht die beste Kombination wäre.
Und was sagen die Parteien zu reproduktiven Rechten?
Röders-Arnold: Da haben wir – super wichtig – das Thema [4][Paragraph 218
im Strafgesetzbuch]. Der Schwangerschaftsabbruch muss raus aus dem
Gesetzbuch. Die FDP haben die Frage zu 218 ausgeklammert.
Starken: Die CDU hat Nein gesagt.
Gibt es zu reproduktiven Rechten noch andere Fragen, die Sie berücksichtigt
haben?
Starken: Wir haben danach gefragt, ob der Schwangerschaftsabbruch als Teil
der medizinischen Grundversorgung aufgenommen werden soll. Da sind sich
SPD, Linke und Grüne relativ einig mit Ja, bei der CDU ist es Nein und bei
der FDP war es ein neutral.
Bei reproduktiven Rechten geht es aber ja nicht nur um
Schwangerschaftsabbrüche. Haben Sie auch anderes abgefragt?
Starken: Wir haben einen Wahlprüfstein mit reingenommen über die
selbstbestimmte Fortpflanzung von Frauen mit Behinderung, den wir sehr sehr
wichtig fanden. Nur die CDU hat es neutral beantwortet – ohne Begründung.
Alle anderen Parteien waren dafür. Also etwas, was relativ simpel umgesetzt
werden könnte. Man sieht an so etwas halt immer, bei Übereinstimmungen:
Ach, schau, mit solchen Partner:innen kann man so etwas gut umsetzen.
Welche Parteien haben viele Übereinstimmungen?
Röders-Arnold: Die SPD, Grüne und Linke waren sehr nah beieinander in ihren
Antworten. Es gibt unter den 32 Fragen nur eine Abweichung unter diesen
drei Parteien.
Starken: Wir waren erfreut, dass die FDP einen großen Teil zu queeren
Rechten in ihrem Wahlprogramm aufgenommen hat. Auch, was reproduktive
Rechte und Frauengesundheit anging, war relativ viel vorhanden. Wenn es um
Arbeit geht, natürlich nicht mehr, für die FDP ist der Markt eher das
Bestimmende.
Gibt es Themen, bei denen sich alle demokratischen Parteien einig sind?
Starken: Ja, zum Beispiel die flächendenkende Tarifbindung. Und dass Frauen
beim Gründen von Unternehmen gefördert werden.
Röders-Arnold: Und, was es auch nicht reingeschafft hat, gerade bei
reproduktiven Rechten, war: Alle Frauen sollen kostenlosen Zugang zu
Verhütungsmitteln erhalten. Das haben tatsächlich alle, die Grüne, Linke,
SPD und mit Ja beantwortet, die FDP und die CDU mit neutral. Und das ist
natürlich echt spannend. Sally erinnert mich immer wieder daran, dass das
nicht unbedingt bedeutet, dass das ab dem 28. September Gesetze sind.
Starken: Der Koalitionsvertrag wird erst nächstes Jahr geschlossen
wahrscheinlich.
Röders-Arnold: Das dauert alles noch und dann …
Starken: … sind es vier Jahre Zeit! Und genug Gelegenheit für uns und
andere tolle Aktivist:innen, sich noch hinter diese Dinge zu klemmen. Denn
es heißt natürlich noch lange nicht, dass das passieren wird, was die
Parteien versprechen.
25 Sep 2021
## LINKS
[1] https://wahltraut.de/
[2] /CDU-Politikerinnen-mit-Zukunft/!5782308
[3] /trans-Aktivistin-startet-Petition/!5790312
[4] /Paragraf-218-verhindert-Loesungen/!5777253
## AUTOREN
Nicole Opitz
## TAGS
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Feminismus
Queer
Intersektionalität
Mindestlohn
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