# taz.de -- Volksbegehren Enteignung: Der Weg ist das Ziel | |
> Ein „Ja“ beim Volksentscheid ist ein konstruktiver Beitrag, die | |
> Wohnungspolitik hin zu einer stärkeren Orientierung am Gemeinwohl zu | |
> korrigieren. | |
Bild: Ein Ja zum Volksentscheid hilft den Interessen der Mieter*innen | |
Der Volksentscheid über die Vergesellschaftung großer Immobilienunternehmen | |
ist anders als die meisten früheren Entscheide in Berlin. Denn es steht | |
dabei kein Gesetzentwurf zur Abstimmung, sondern lediglich ein Appell an | |
den Senat, ein entsprechendes Gesetz zu verfassen. | |
Ein Grund dafür ist, dass mit der Initiative politisches und | |
[1][juristisches Neuland] betreten wird – und niemand genau weiß, wie das | |
Gesetz am Ende aussehen könnte und ob es vor dem Verfassungsgericht | |
besteht. Das wiederum bedeutet, dass man gar nicht unbedingt für die | |
Vergesellschaftung sein muss, um am 26. September guten Gewissens das „Ja“ | |
anzukreuzen. | |
Man kann es auch einfach mit [2][Konfuzius] formulieren: Der Weg ist das | |
Ziel. | |
Um den Weg zu erkennen, muss man sich die Umgebung anschauen, sprich die | |
Lage auf dem Wohnungsmarkt: Da geht nichts mehr. Berlin hat eine lange | |
Tradition, was fehlende und überteuerte Mietwohnungen angeht. Aber seit der | |
Finanzkrise 2008 und dem folgenden Kapitalstrom in „Betongold“ muss man | |
sagen: Der Wohnungsmarkt dient vor allem Immobilienspekulant*innen | |
und Aktionär*innen. | |
## Eingriff zeigt Wirkung | |
Schon Rot-Schwarz hat bis 2016 versucht, die Wohnungsnot zu bekämpfen; | |
Rot-Rot-Grün hat gar einen [3][Mietendeckel] gewagt – und musste sich vom | |
Bundesverfassungsgericht sagen lassen, dass das Land dafür nicht zuständig | |
sei. | |
Doch schon die empörten Reaktionen der vereinten Immobilienlobby aus | |
Wohnungsunternehmen, CDU und FDP haben gezeigt: Dieser Versuch der | |
Regulierung, des Eingriffs in den schon lange aus dem Gleichgewicht | |
geratenen Markts zeigt Wirkung und geht in die richtige Richtung. | |
Es ist unklar, ob die nächste Bundesregierung, wie jetzt vielfach | |
gefordert, Mietendeckel auf Länderebene ermöglichen wird. Gerade deswegen | |
ist es nötig, den Druck auf Immobilienunternehmen und Politik hoch zu | |
halten, damit die derzeit unisono wiederholte Aussage von „Wohnraum als der | |
sozialen Frage des 21. Jahrhunderts“ nicht zur Phrase verkommt. Ein „Ja“ | |
beim Volksentscheid ist deshalb ein konstruktiver Beitrag, die | |
Wohnungspolitik weiter hin zu einer stärkeren Orientierung am Gemeinwohl | |
zu korrigieren. | |
Ein „Ja“ beim Volksentscheid liefert linken Politiker*innen zudem die | |
Legitimation, forsch für Interessen von Mieter*innen zu kämpfen, | |
schließlich wird es weitere neue Instrumente in der Mietenpolitik geben. | |
Und: Ein „Ja“ dürfte die CDU und vielleicht sogar die FDP daran erinnern, | |
dass selbst sie Wähler*innen haben, die sich keine Eigentumswohnungen | |
leisten können. | |
25 Sep 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Volksbegehren-Deutsche-Wohnen-enteignen/!5764429 | |
[2] https://www.nationalgeographic.de/geschichte-und-kultur/2019/10/wer-war-kon… | |
[3] /Mietendeckel/!t5567229 | |
## AUTOREN | |
Bert Schulz | |
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