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# taz.de -- Wissenschaftlerin über Vorbilder: „Klasse spielt eine große Rol…
> Frauen können viel von historischen Vorbildern lernen, sagt die
> Neurowissenschaftlerin Radwa Khalil – zum Beispiel im antiken Ägypten.
Bild: Kinder brauchen Vorbilder: Zwei Mädchen in Ägypten machen Seifenblasen
Frau Khalil, wieso ist es aus neurowissenschaftlicher Sicht wichtig, sich
mit einflussreichen historischen Frauen zu beschäftigen?
Radwa Khalil: An Vorbildern können wir uns ein Beispiel nehmen. Der
Sozialpsychologe Albert Bandurahat hat herausgefunden, dass es unsere
Selbstwirksamkeitswahrnehmung, unser Selbstvertrauen stärkt, ein solches
Vorbild zu haben. Wenn Mädchen also über historische Frauen lernen, können
sie sich die zum Vorbild nehmen. Das kann ihnen helfen, Selbstvertrauen
aufzubauen und sie motivieren.
Sie sind Neurowissenschaftlerin. Wie wird Geschlecht in diesem Feld
eingeordnet?
In den [1][Neurowissenschaften] wird viel zu Geschlechterunterschieden
geforscht, beispielsweise zu unterschiedlichen Gehirnfunktionen. Weite
Teile der Forschung nehmen etwa an, dass der Orientierungssinn von Männern
und die Fähigkeiten in Multitasking bei Frauen besser sind. Da kann ich
nicht voll zustimmen. Solche Erkenntnisse sind sehr relativ. Es gibt
Unterschiede zwischen Individuen, die sich nicht am Geschlecht festmachen
lassen, sondern an anderen persönlichen und externen Faktoren.
Und prägt das Geschlecht das Individuum nicht?
Das Problem ist, dass wir uns nur am [2][Geschlecht orientieren und diese
individuellen Unterschiede völlig ignorieren]. Wir sollten Menschen nicht
in ‚sie‘ und ‚er‘ einteilen, sondern das Individuum betrachten: Das
Selbstvertrauen, die Motivationen und Visionen. Und das Selbstvertrauen von
Mädchen und Frauen leidet darunter, wenn ihnen gesellschaftlich immer
vermittelt wird, sie seien weniger intelligent oder sie müssten abhängig
von Männern sein. Das ist ein riesiges Problem und deshalb brauchen wir
weibliche Vorbilder.
Welche historischen Vorbildern aus dem antiken Ägypten gibt es denn?
In der Antike leisteten Frauen in Ägypten Pionierarbeit in so vielen
Feldern – in der Musik, in der Wissenschaft, in der Politik. Es gab
berühmte Ärztinnen, wie Merit-Ptah am Hof des Pharaos während der zweiten
Dynastie. Oder Königinnen, wie Hatschepsut, die in ihrer Arbeit mit Männern
gleichgestellt waren.
Mit welchen Problemen kämpfen ägyptische Feminist*innen gegenwärtig?
Es gibt ein sehr traditionelles Rollenbild: Frauen sollen zwar schon bis zu
einem gewissen Grad gebildet sein, aber wenn sie einen Abschluss haben,
‚reicht das auch‘. Allgemein wird Karriere für Frauen in Ägypten oft als
zweitrangig angesehen, besonders in Führungspositionen und Berufsfeldern,
für die es viel Durchhaltevermögen braucht. Demgegenüber wird
gesellschaftlich erwartet, dass sie heiraten und sich um Haushalt und
Kinder kümmern. Ich habe viel Respekt für diese Arbeiten und die Rolle
dieser Frauen ist absolut wertvoll. Aber ich sehe nicht ein, wieso es so
sein muss: Wieso wird es Frauen nicht ermöglicht, eine Balance zwischen
Karriere und Familie zu finden?
Trifft das alle im gleichen Maße?
Es kommt sehr auf das Umfeld an. Besonders Klasse spielt eine große Rolle:
Es gibt so talentierte Frauen, aber ohne Geld haben nur wenige die Chance
auf eine gute Bildung. Sie müssen wegen ökonomischem und sozialem Druck
heiraten, um sich abzusichern. Diese Frauen sind nicht frei, zu tun was sie
wollen, sie müssen sich gesellschaftlichen und ökonomischen Zwängen beugen.
Inwiefern ist in diesem Zusammenhang die Auseinandersetzung gerade mit
historischen Vorbildern wichtig?
Ich denke, das muss man vor der aktuellen [3][Situation von Frauen und
Mädchen in Ägypten] und der Region sehen: Das aktuelle gesellschaftliche
Rollenbild ist fehlgeleitet, umkämpft und hängt auch mit bestimmten
religiösen Vorstellungen zusammen. Aber die Vorstellung, dass in dieser
Region Frauen schon immer unterdrückt und marginalisiert worden seien, ist
– obwohl sie weit verbreitet ist – historisch gesehen falsch. Deshalb
wollen wir anhand von Beispielen zeigen, dass es eben nicht so ist: Die
Rolle, die Frauen heute gesellschaftlich zugeteilt wird, hängt mit
Veränderungen im Wirtschaftssystem, in Medien, in der Gesellschaft
zusammen. Sie ist historisch gewachsen und wandelbar.
6 Oct 2021
## LINKS
[1] /Schulen-in-China/!5773259
[2] /Feministische-Philosophie-und-Koerper/!5487457
[3] https://www.plan.de/patenschaft-afrika/patenschaft-aegypten/projekt-sichere…
## AUTOREN
Selma Hornbacher-Schönleber
## TAGS
Bremen
Ägypten
Geschlechtergerechtigkeit
Geschlechterrollen
Fußball
Gleichberechtigung
Frauen
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