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# taz.de -- Investitionen in Boden: Landgrabbing nimmt wieder zu
> In Zeiten niedriger Zinsen und steigender Rohstoffpreise versprechen
> Investitionen in Boden hohe Renditen. Ein Report dokumentiert das Ausmaß.
Bild: Früchte einer Ölpalme: Mit der wirtschaftlichen Erholung setzt ein neue…
Berlin taz | Weltweit haben zwischen 2008 und 2020 Agrarflächen von der
Größe Italiens den Besitzer gewechselt. 1.865 Landakquisitionen – das
umfasst Käufe oder den Erwerb von Konzessionen – über insgesamt 33
Millionen Hektar Wald, Wiese und Ackerland hat das Forschungsnetzwerk Land
Matrix Initiative demnach 2021 dokumentiert. Am Dienstag wird es seine
„Bestandsaufnahme des globalen Landrauschs“ veröffentlichen.
Am meisten in Land investiert wurde laut der Datenanalyse in Indonesien,
der Ukraine, Russland, Brasilien und Papua-Neuguinea. Die Länder, aus
denen die größten Investitionen getätigt wurden, waren Malaysia, Brasilien
und die USA. Allerdings ist oft undurchsichtig, woher eine Investition
genau kommt. „Meistens kennt die Bevölkerung, die auf dem betroffenen Land
lebt, weder die Investoren noch die Verträge“, sagt Christoph Kubitza vom
Hamburger Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien (Giga), der an
dem Report mitgearbeitet hat. „[1][Landgeschäfte] sind geprägt von einer
großen Intransparenz“, sagt der Ökonom.
Nach zehn Jahren, in denen die Zahl der Landkäufe abgenommen hatte, steigt
sie laut der Datenanalyse nun wieder an. Warum, verraten die Daten der Land
Matrix nicht, allerdings geben sie Hinweise. So werden von den 33 Millionen
Hektar zwischen 9 und 22 Millionen Hektar noch nicht landwirtschaftlich
bearbeitet, nachdem sie den Besitzer gewechselt haben, sondern liegen
zunächst brach. „Das könnte ein Anzeichen für Spekulation sein“, sagt
Kubitza. Die Investoren seien heute häufig nicht staatlich oder von
Entwicklungsbanken finanziert, sondern es handelt sich um private Firmen,
oft auch „Big Business“ auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten. „Weltweit
sind die Zinsen niedrig, Investitionen in Boden versprechen hohe Renditen“,
sagt Kubitza.
Zudem deutet sich mit steigenden Preisen für Holz, einige Metalle oder auch
Gemüse mit der wirtschaftlichen Erholung nach der Coronapandemie ein neuer
Rohstoffboom an. Er könnte die Preise für Land weiter treiben. So heißt es
in dem Report, die meisten Investoren hätten die weltweiten
Agrarrohstoffmärkte im Blick und würden bevorzugt gewinnbringende
Agrarrohstoffe wie Palmöl, Kautschuk, Zuckerrohr und -rüben anbauen.
„Von ungleich größerer Bedeutung“
Die Folgen für die Menschen vor Ort und natürliche Lebensräume wie
Regenwald oder Grasland seien verheerend, so der Report. Werde Wald in
Plantagen oder Ackerland umgewandelt, würden Lebensräume und Biodiversität
vernichtet. Zudem böten riesige Großbetriebe wenig Arbeit. [2][Land] sei in
Staaten wie Äthiopien, Ghana oder Myanmar – alle unter den Top 10 der
Investitionsländer – „von ungleich größerer Bedeutung als bei uns“, sa…
Kubitza. Weil die Bevölkerung dort größtenteils von der Landwirtschaft
lebe, verliere sie mit den Rechten an Land sofort auch ihre
Lebensgrundlage.
Als ein wichtiges Instrument, Landrechte gegenüber Investoren zu sichern,
sehen die Autoren von Land Matrix die „Freiwilligen Leitlinien für die
verantwortungsvolle Verwaltung von Boden- und Landnutzungsrechten,
Fischgründen und Wäldern“ der Vereinten Nationen. Diese „Landleitlinien“
gäben sozialen Bewegungen die Möglichkeit, ihre Rechte etwa gegenüber der
Regierung zu vertreten, sagt Roman Herre, Agrarexperte der
Entwicklungsorganisation Fian. „Wir halten die Leitlinien daher für
fortschrittlich, haben aber dafür gekämpft, dass sie nicht freiwillig
sind.“
Die Land Matrix Initiative ist eine Kooperation zwischen verschiedenen
Instituten und Organisationen, darunter das Giga, das [3][Centre for
Development and Environment der Uni Bern] und die [4][International Land
Coalition].
27 Sep 2021
## LINKS
[1] /Landgrabbing/!t5011738
[2] /Ugander-ueber-Landgrabbing/!5788204
[3] https://www.cde.unibe.ch/
[4] https://www.landcoalition.org/en/
## AUTOREN
Heike Holdinghausen
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Rohstoffe
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Spekulation
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