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# taz.de -- Agrarministerium gegen Privatisierung: Bund soll Äcker behalten
> Der vorläufige Verkaufsstopp für Felder im Osten soll laut grün-geführtem
> Agrarministerium bleiben. Die Flächen könnten Umwelt und Biolandbau
> nützen.
Bild: Sollen weiter dem Bund gehören: Felder in Brandenburg
Berlin taz | Das Landwirtschaftsministerium will, dass der Bund dauerhaft
auf die Privatisierung seiner Agrarflächen in Ostdeutschland verzichtet.
„Ich halte es für absolut sinnvoll, dass die Flächen nicht weiterverkauft
werden, sondern dass sie beim Bund bleiben“, sagte Staatssekretärin Silvia
Bender (Grüne) der taz. „Wenn wir sie veräußert haben, haben wir keinen
Gestaltungsraum mehr, um die Flächen zum Beispiel für Gewässer- oder
Naturschutz oder die Förderung nachhaltiger Bewirtschaftungsformen zu
nutzen.“
Das Finanzministerium hat Mitte Dezember kurz nach dem Regierungswechsel
verfügt, dass die ihm unterstehende Bodenverwertungs- und
-verwaltungsgesellschaft ([1][BVVG]) bis auf Weiteres keine ihrer noch
[2][91.000 Hektar] Agrarland mehr verkaufen darf. Das ist über 1.400-mal so
viel, wie der durchschnittlich Hof in Deutschland hat. Eine Verpachtung der
ehemals „volkseigenen“ Flächen soll erst einmal auf Öko-Betriebe beschrä…
werden. Derzeit verhandeln die von den Grünen-Politikern Cem Özdemir und
Steffi Lemke geführten Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt mit dem
von FDP-Chef Christian Lindner geleiteten Finanzressort, wie es nach dem
Moratorium weitergehen soll. Die BVVG ist eine Nachfolgeorganisation der
Treuhandanstalt, die Vermögen der DDR privatisiert hat. Ihre Agrarflächen
liegen vor allem in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen.
„Die BVVG-Preise liegen derzeit weit über dem Markt, weil
außerlandwirtschaftliche Investoren mitbieten“, sagte Bender. „Dabei haben
wir eine Situation, dass viele landwirtschaftliche Betriebe nicht in der
Lage sind, Flächen zu kaufen oder zu pachten, einfach weil die
wirtschaftliche Situation der Betriebe das nicht hergibt.“ Die
BVVG-Verkäufe würden auch das Preisniveau in der Umgebung erhöhen. „Ich
finde nicht, dass wir als Staat die Betriebe diesem Druck aussetzen
müssen.“
Seit 2007 haben sich die Verkaufswerte von landwirtschaftlich genutztem
Land laut Statistischem Bundesamt im Schnitt mehr als verdoppelt. Gerade
kleine Bauern können in dem Bieterkampf nicht mithalten und werden
verdrängt. Kritiker sprechen von [3][Landgrabbing]. Dabei bieten kleine
Höfe durchschnittlich mehr Arbeitsplätze pro Hektar und eine größere
Vielfalt von Pflanzen und Tieren.
„Nach unserer Lesart sieht der Koalitionsvertrag vor, dass die BVVG-Flächen
nicht mehr veräußert, sondern nur noch verpachtet werden“, ergänzte Bender.
Sie sollten genutzt werden, um Ziele der Wasserrahmen-Richtlinie und der
Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU zu erreichen, also für den Umwelt-
und Naturschutz. „Alle Flächen, die dafür nicht benötigt werden, weil sie
nicht in den entsprechenden Gebieten liegen, sollen nach agrarstrukturellen
Aspekten an Betriebe verpachtet werden, die ökologisch oder nachhaltig
wirtschaften. Und das wollen wir auch umsetzen, weil es auch für die junge
Generation sinnvoll ist.“
Der Bauernverband Brandenburg hatte das Privatisierungsmoratorium
kritisiert. Eigentum sichere die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe
besser als Pachtflächen. Zudem befürchtet der Verband, dass Agrarflächen
noch knapper würden, wenn einige für Naturschutzmaßnahmen reserviert
werden. Das Bundesfinanzministerium hat sich öffentlich noch nicht
positioniert, tendiert aber offenbar dazu, die Flächen weiterzuverkaufen.
Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) dagegen begrüßte
den Privatisierungsstopp, weil bisher kleine und mittlere Betriebe zu wenig
Land bekommen hätten. „Jetzt zieht die Ampelregierung die Bremse, wo leider
nur noch rund 90.000 Hektar zur Vergabe anstehen. Aber immerhin wird die
Bremse gezogen“, sagte AbL-Bundesgeschäftsführer Georg Janßen der taz. Er
forderte die beteiligten Ministerien und das Bundeskanzleramt auf, „in
Zusammenarbeit mit den bäuerlichen Organisationen soziale und ökologische
Kriterien vorzulegen, um endlich ein Stück Gerechtigkeit in die
Vergabepraxis zu bringen“.
24 Feb 2022
## LINKS
[1] https://www.bvvg.de/
[2] https://www.bvvg.de/wp-content/uploads/2022/01/PM132.pdf
[3] /Landgrabbing/!t5011738
## AUTOREN
Jost Maurin
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