# taz.de -- Brasiliens Präsident lässt demonstrieren: Für Bolsonaro auf der … | |
> Brasilien steckt in der Krise, der rechtsextreme Präsident Bolsonaro ist | |
> unter Druck. Da mobilisiert er seine Anhänger, um in die Offensive zu | |
> kommen. | |
Bild: Demonstration für Brasiliens Präsidenten Jair Bolsonaro in Sao Paulo | |
BERLIN taz | Am Ende hatte es Jair Bolsonaro wieder einmal geschafft: | |
Empörung auf der einen Seite, Begeisterung auf der anderen. Von einem | |
Lautsprecherwagen aus brüllte Brasiliens Präsident am Dienstagnachmittag | |
einer Menschenmenge zu, er werde nicht länger die Entscheidungen von | |
Verfassungsrichter Alexandre de Moraes befolgen. Seine Geduld sei am Ende. | |
Und dann rief er noch: „Ihr Penner, ich werde niemals eingesperrt werden!“ | |
Zehnttausende waren am Dienstag, dem Unabhängigkeitstag Brasiliens, für | |
„ihren Präsidenten“ auf die Straße gegangen. Viele Städte hatten sich se… | |
den Morgenstunden in ein Meer aus Gelb und Grün gefärbt, den Nationalfarben | |
Brasiliens. Auftakt des ultrarechten Protesttages machte ein Aufmarsch im | |
Regierungsviertel der Hauptstadt Brasília. Seit Wochen hatten | |
Bolsonaro-Anhänger*innen dahin [1][mobilisiert]. Viele Demonstrierende | |
waren mit Buskolonnen aus anderen Bundesstaaten angereist. | |
Der zweite große Auflauf fand am Nachmittag in São Paulo statt, wo laut | |
Polizeiangaben 125.000 Bolsonaro-Fans zusammengekommen sein sollen. | |
Regierungsvertreter*innen feierten das als „historisch“, doch die | |
Teilnehmerzahlen blieben hinter den Erwartungen zurück. | |
Das sieht auch der Geschichtsprofessor und Rechtsextremismusexperte Odilon | |
Caldeira Neto so. „Bolsonaro präsentiert die alternative Realität, dass die | |
Mehrheit der Bevölkerung ihn unterstützt“, sagt Neto der taz. „Aber heute | |
haben wir gesehen, dass dieses Narrativ nicht mit den Bildern der Straße | |
zusammenpasst.“ | |
## Schilder auch auf Deutsch – Verbindung zur AfD? | |
Brasilien taumelt von einer [2][Krise] zur nächsten. Immer mehr Menschen | |
machen Präsident Bolsonaro für das Chaos im Land verantwortlich. In den | |
Umfragen für die Wahl 2022 liegt er abgeschlagen hinter Ex-Präsident Lula. | |
Doch der Politrowdy gibt sich kämpferisch und geht in die Offensive. | |
Mit den demokratischen Institutionen befindet er sich im Dauerkonflikt. | |
Insbesondere mit dem Obersten Gerichtshof hatte sich der Pöbel-Präsident in | |
den letzten Wochen heftige Schlagabtausche geliefert. Viele Demonstrierende | |
trugen am Dienstag Schilder bei sich, die eine Schließung des Gerichtshofes | |
und die Haft von Richter*innen forderten. Andere forderten ganz | |
ungeniert eine Militärintervention. | |
Was zudem auffiel: Viele Slogans auf Schildern waren in anderen Sprachen | |
verfasst, etliche auch in deutsch. Es ist davon auszugehen, dass das mit | |
den Treffen zwischen [3][AfD-Politiker*innen und brasilianischen | |
Rechtsradikalen] zusammenhängt. | |
Bolsonaro ließ sich in Brasília und São Paulo feiern wie ein Popstar. | |
Während die Anfeindungen gegen einzelne Richter bei seinen fanatischen Fans | |
gut ankamen, werten viele seine Ankündigung, nicht länger die | |
Entscheidungen von Richter Moreas zu befolgen, als offenen Bruch mit dem | |
Rechtsstaat. | |
## Stete Destabilisierung der Demokratie | |
„Die Aussage war eine Ansage an seine treusten Anhänger“, meint der | |
Historiker Neto. „Bolsonaro betreibt eine konstante Radikalisierung. Immer, | |
wenn es politisch eng für ihn wird, muss er den Ton erhöhen. Das klappt | |
besonders gut mit solchen antidemokratischen Aussagen.“ | |
Nicht nur Linke äußerten scharfe Kritik an Bolsonaros Rede. Die | |
Mitte-Rechts-Partei PSDB will nun diskutieren, ein mögliches | |
Amtsenthebungsverfahren zu unterstützen. Doch es ist unwahrscheinlich, dass | |
es soweit kommt. Bolsonaro hat immer noch genug Rückendeckung im Kongress, | |
um solch ein Verfahren abzuwenden. | |
Vor den Protesten wurde wild über mögliche Gewaltakte spekuliert. Nicht | |
wenige vermuteten Bilder wie am 6. Januar in Washington, als Unterstützer | |
von Ex-Präsident Donald Trump den Kongress stürmten. Zwar gab es zu | |
vereinzelten Auseinandersetzungen, doch insgesamt blieb es friedlich. | |
Im Vorfeld war zudem angeregt über einen von Bolsonaro orchestrierten | |
Staatsstreich debattiert worden. Der Experte für Rechtsextremismus, Neto, | |
meint, dass man nicht damit rechnen sollte, dass an einem Tag „der Putsch“ | |
passiere. Bolsonaros Destabilisierung der Demokratie sei ein Prozess. „Er | |
zweifelt konstant die Durchführbarkeit der Wahlen an, bedroht die | |
Sicherheit der Institutionen und radikalisiert den Diskurs.“ | |
8 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Niklas Franzen | |
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