| # taz.de -- Ganztagsbetreuung in Grundschulen: Bund und Länder einigen sich | |
| > Der Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschüler:innen | |
| > kommt noch vor der Wahl. Der Bundestag stimmte dem Kompromiss bereits zu. | |
| Bild: 1,5 Millionen Grundschulkinder nehmen ein Betreuungsangebot in Form von G… | |
| Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen kommt. Am Dienstag | |
| stimmte der Bundestag dem Kompromiss zu, den der Vermittlungsausschuss | |
| zwischen Bund und Ländern in der Nacht zuvor buchstäblich in letzter Minute | |
| ausgehandelt hatte. Hätten sich die 32 Ausschussmitglieder nicht bis | |
| Mitternacht geeinigt, das „Ganztagsförderungsgesetz“ wäre wohl nicht mehr | |
| vor der Bundestagswahl verabschiedet worden. Stimmt am Freitag auch der | |
| Bundesrat zu, löst die Bundesregierung ein Versprechen aus dem | |
| Koalitionsvertrag ein. Dann muss der Staat ab dem Schuljahr 2026/27 jedem | |
| Kind, das neu eingeschult wird, für vier Jahre einen Ganztagsplatz | |
| bereitstellen – für fünf Tage die Woche und acht Stunden pro Tag. | |
| „Mit dem Kompromiss, den Bund und Länder gefunden haben, wird nun doch noch | |
| eines der ganz großen, wichtigen Vorhaben in dieser Legislaturperiode | |
| realisiert“, zeigte sich Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) über | |
| den Kompromiss erleichtert. „Ich bin sehr froh, dass wir das noch vor der | |
| Wahl geschafft haben.“ | |
| Tatsächlich sah es lange Zeit nicht mehr danach aus. Ende Juni scheiterte | |
| das Gesetz im Bundesrat am Widerstand der Länder. Vor allem | |
| Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) pochte | |
| auf eine höhere finanzielle Beteiligung des Bundes. Der Bund hatte neben | |
| den 3,5 Milliarden Euro für bauliche Investitionen auch knapp eine | |
| Milliarde Euro jährlich für die späteren Betriebskosten vorgesehen – den | |
| Ländern war das zu wenig. | |
| Der Kompromiss sieht nun vor, dass der Bund sich mehr als ursprünglich | |
| geplant an den Betriebskosten beteiligt: zunächst schrittweise, ab 2030 | |
| dann mit 1,3 Milliarden Euro. Eine automatische Dynamisierung dieser Gelder | |
| – so wie von den Ländern gefordert – sieht der Kompromiss aber nicht vor. | |
| Deshalb soll das Gesetz 2027 und 2030 evaluiert werden. | |
| „Ich hätte deutlich lieber eine Dynamisierung gehabt“, sagte | |
| Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) am Dienstag im | |
| Deutschlandfunk. Der Kompromiss sehe aber vor, dass „nachjustiert“ werde, | |
| falls der Bund sich nicht „angemessen“ an den laufenden Kosten beteilige. | |
| Die Einigung bezeichnete Heinold dennoch als harten Beschluss: „Mit dem | |
| Rechtsanspruch müssen die Länder das Geld in ihre Finanzplanung einplanen.“ | |
| Das sei eine Priorisierung für Bildung und für Familie. | |
| Nach Angaben des Bundesfamilienministeriums nehmen aktuell rund 1,5 | |
| Millionen Grundschulkinder ein Betreuungsangebot in Form von Ganztag oder | |
| Hort wahr – das ist jedes zweite Kind. Allerdings gibt es (ähnlich wie bei | |
| der Betreuung an Kitas) große regionale Unterschiede. In den westdeutschen | |
| Bundesländern liegen die Betreuungsquoten (mit Ausnahme Hamburgs) deutlich | |
| geringer als in Ostdeutschland. Sie reicht von 22 Prozent | |
| (Baden-Württemberg) bis 59 Prozent (Saarland), in Ostdeutschland liegt sie | |
| zwischen 69 Prozent (Mecklenburg-Vorpommern) und 88 Prozent (Sachsen). | |
| Spitzenreiter ist Hamburg, wo 92 Prozent der Grundschulkinder im Ganztag | |
| betreut werden. Hamburg ist das einzige Bundesland, das den Bedarf der | |
| Eltern annähernd decken kann. Beim Schlusslicht Baden-Württemberg liegt der | |
| Betreuungsbedarf fast dreimal so hoch wie die Anzahl der verfügbaren | |
| Plätze. Laut Nationalem Bildungsbericht 2020 müssen in den kommenden fünf | |
| Jahren bundesweit 785.000 neue Betreuungsplätze an Grundschulen geschaffen | |
| werden, um den Bedarf aller Eltern zu decken. | |
| Unionskanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) sagte am Dienstag zu der | |
| Einigung: „Heute ist ein guter Tag für die Familien in Deutschland.“ | |
| Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) betonte, der | |
| Ganztagsanspruch im Grundschulalter sei eine wichtige Weichenstellung für | |
| mehr Bildungsgerechtigkeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und | |
| Beruf. Dass vor allem erwerbstätige Mütter, Alleinerziehende sowie Familien | |
| mit Migrationsgeschichte von einem gestiegenen Ganztagsangebot profitieren | |
| dürften, zeigt der aktuelle Kinderbetreuungsreport des Deutschen | |
| Jugendinstituts. Unabhängig vom Wohnort meldeten diese Gruppen den höchsten | |
| Betreuungsbedarf. | |
| ## Es fehlt an Fachkräften für den Ganztag | |
| Von einem „ganz wichtigen Signal für die Familien“ sprach am Dienstag die | |
| GEW-Vorsitzende Maike Finnern. Sie mahnte aber auch die Qualität an: | |
| „Ganztag ist eine Bildungsaufgabe. Die Kinder lediglich zu betreuen, damit | |
| die Eltern arbeiten gehen können, wird weder den Bedürfnissen der Mädchen | |
| und Jungen gerecht, noch kann sich die Idee des ganztägigen Lernens | |
| entfalten.“ | |
| Tatsächlich ist noch unklar, [1][woher die fehlenden Fachkräfte für den | |
| Ganztag kommen sollen]. Aktuell fehlen nach einer bundesweiten Umfrage von | |
| Verdi allein an Kitas 173.000 Fachkräfte. Die Bertelsmann-Stiftung warnte | |
| vor Kurzem, dass ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen | |
| den Personalmangel noch verschärfen dürfte. | |
| 7 Sep 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Ralf Pauli | |
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