# taz.de -- Frauen in der albanischen Regierung: Ein Patriarch macht auf Femini… | |
> Albanien hat jetzt das weiblichste Kabinett der Welt: 12 von 17 | |
> Minister:innen sind Frauen. Doch die Lebensrealität vieler Frauen im | |
> Land ist düster. | |
Bild: „Ramas Marionetten“: Albaniens Premierminister mit Ministerinnen nach… | |
Berlin taz | Albanien ist endlich Weltspitze – und das ausgerechnet in | |
Sachen Gleichberechtigung. Ende vergangener Woche stellte [1][Edi Rama], | |
der nach der Parlamentswahl im April erneut zum Ministerpräsidenten gewählt | |
wurde, sein Kabinett vor. 12 von 17 Minister:innen und | |
Staatssekretär:innen darin sind Frauen. | |
Damit ist Albanien laut einer Liste der Vereinten Nationen weltweit das | |
Land mit den meisten Frauen in der Regierung. Und so verkündete Rama am | |
Freitag bei dem Votum mit großer Genugtuung: „Diese neue Regierung wird in | |
die Geschichte eingehen.“ Doch diese Nachricht rief in Albanien gemischte | |
Reaktionen hervor und entzündete auch eine Debatte über Frauenfeindlichkeit | |
und Sexismus im Land. | |
„Edi Rama geht es nicht um die Frauen im Land, sondern nur um Edi Rama | |
selbst“, sagt die Aktivistin und Feministin Gresa Hasa gegenüber der taz. | |
Mit der Ernennung zahlreicher Ministerinnen wolle Rama nur sein Image als | |
progressiver Führer pflegen. | |
Dabei ist Rama in ihren Augen doch nur ein typischer Patriarch. Das habe er | |
etwa während seiner Zeit als Bürgermeister von Tirana von 2000 bis 2011 | |
gezeigt, als er Journalistinnen als „Schlampen“ und „Nutten“ bezeichnet | |
habe, aber auch während seiner vorherigen Amtszeiten, als er selbst im | |
Parlament nicht mit sexistischen Witzen gespart habe. | |
Zudem habe Rama in seinen bisherigen zwei Amtszeiten „nichts“ getan, um die | |
Situation von Frauen im Land zu verbessern, so Hasa. Allein im laufenden | |
Jahr 2021 wurden in Albanien schon 17 Frauen ermordet – und das bei einer | |
Einwohner:innenzahl von nur 2,8 Millionen. Sexuelle Belästigung sowie | |
Gewalt durch Ehemänner sind verbreitet. | |
## Kritik, Spott und sexistische Sprüche | |
Vielen Frauen fehlt es auch an einer Zukunftsperspektive, und sie enden | |
oftmals in Callcentern oder Schuhfabriken, wo sie für einen Hungerlohn | |
schuften, oder in gewalttätigen Ehen, aus denen sie sich wegen finanzieller | |
Abhängigkeit und nachteiligen Scheidungsgesetzen nicht befreien können. Das | |
Risiko, in Armut abzurutschen, ist für Frauen um ein Vielfaches höher als | |
für Männer. | |
Die konservativen Programme der Rama-Regierung im Bildungssektor und die | |
hohen Selbstkosten an Hochschulen haben die Chancen von Frauen noch | |
verringert. Umso absurder ist es, dass sich die albanische Regierung jetzt | |
als progressiv und frauenfördernd inszenieren kann. | |
Nach der Verabschiedung des neuen Parlaments hagelte es in den sozialen | |
Medien, aber auch von Politiker:innen und Journalist:innen Kritik, | |
Spott und sexistische Sprüche. Viele Kommentare stellten die fachliche | |
Kompetenz der berufenen Ministerinnen in Frage – möglicherweise berechtigt. | |
Denn viele Gesichter waren der Öffentlichkeit zuvor nicht bekannt, und Rama | |
machte ihre fachliche Qualifikation auch nicht transparent. Andere | |
Kommentare zielten unter die Gürtellinie. | |
„Diese Ministerinnen sind Ramas Marionetten“, sagt auch Hasa. [2][Rama | |
regiere zunehmend autoritär] und lasse auch in seiner Regierung wenig Raum | |
für Initiativen seiner Mitarbeiter:innen. Aber sie fügt hinzu: „Man kann | |
die Ministerinnen dafür kritisieren, dass sie nichts anzubieten haben. Aber | |
nicht, weil sie Frauen sind.“ | |
Hasa fordert von Rama, der Inszenierung als progressive Regierung jetzt | |
auch Taten folgen zu lassen, allen voran gleiche Bezahlung von Frauen und | |
Männern, von der sie auch leben können, „damit Frauen die Chance haben, der | |
Gewalt zu Hause zu entkommen“. | |
23 Sep 2021 | |
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## AUTOREN | |
Jana Lapper | |
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