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# taz.de -- Die Wahrheit: Sugo für’n Hugo
> Wien ist speziell, seine Zeitungslandschaft auch. Besonders erhellend:
> die rechten gratis Wegwerfblätter. Ein komischer Streifzug.
Bild: Kämpft ums politische Überleben: Österreichs Kanzler Sebastian Kurz in…
Wer was wissen will über die Welt, der muss Zeitung lesen. Wer dazu was
abgründig Witziges lesen will, der muss diese Wegwerfblätter lesen, die es
zum Beispiel in Wien in jedem Altpapiermüllkübel ganz in der Nähe jeder
U-Bahn- oder Tramhaltestelle gibt.
Da gibt es nämlich zwei. Also zwei Wegwerfblätter, das eine heißt
eigentlich Österreich, aber nach dem gleichnamigen Wegwerffernsehsender
Ö24, das andere heißt auch morgen noch Heute. Sagen wir, die beiden
fusionieren, dann hießen sie zusammen Heute Österreich. Und morgen dann
vielleicht Die Ganze Welt.
Besonders Heute erfreut den Leser mit auch schon aus anderen Zeitungen
bekannten Techniktricks: Alliterationen oder Reime in nebeneinander
stehenden Überschriften zum Beispiel. So heißt es in der Ausgabe vom
vorigen Donnerstag „Reptil: Gecko reiste im BH mit“ neben „Machtspiel: Aus
für Außenminister“ sowie „Subtil: Biden posiert mit Trump-Fans“ und
schließlich „Stil: Mit Kleidern gegen die Taliban“. Wobei „Subtil: Gecko
reiste im BH mit“ oder „Reptil: Biden posiert mit Außenminister“ lustiger
und wahrer gewesen wäre. Aber ja, diffizil.
Auch sonst reichen die Seiten zwei und drei, um sich ein Gesamtbild von
Heute zu machen. „‚Impotent‘: Rapperin streitet mit Premier“ wird da
vermeldet, neben einem Glamourfoto eben jener Rapperin im offenherzigen
Plüschkitschkostüm. Auf der anderen Seite gibt es die tägliche
Kanzlermeldung: „Kurz ab Montag in New York“. „Berlin will Kinder aus
Lokalen aussperren“, weiß Heute, dabei wollen das eigentlich alle, nicht
nur „Berlin“, und ein Hund hängt in einer Riesentüte, in die fünf Löcher
geschnitten wurden, damit ihm die Zehennägel geschnitten werden können.
Warum das lesen? Weil es inspirierend ist. Man erwischt sich, wie man
selbst neue schöne Schlagzeilen und die dazu passenden Nachrichten
erfindet. „Diskriminiert: Warum darf Kaa nicht mit zum Heimtiertreff?“
könnte die sommerlochübliche Schlangenmeldung sein, vor der Ophidiophobe
kreischend wegrennen dürften; „Dom soll nicht mehr in Kölle gelassen
werden“ hätte Tiefe und Intellekt, weil die Kenntnis eines Schlagers der
Bläck Fööss vorausgesetzt wird. Dahinter könnte eine gut recherchierte
Geschichte über eine Bürgerinitiative für die Versetzung des Doms stecken.
„Die Sugo ist für’n Hugo“ sollte auf der Rezepteseite stehen und von
zwielichtigen Pastasoßen abraten; und „Ein Strampeltier namens Egon“ von
der Ü90-Strampel-WM der männlichen Windelträger im schweizerischen Lausanne
berichten. Sport und Gesellschaft, People und Mode, alles drin.
Mit der Verpönung dieser auch politisch schwierigen Blätter steht man
gesellschaftlich zwar auf der richtigen Seite; allein, ein Verlust wäre der
Verzicht auf sie schon. Nicht auszudenken, dass sie einmal durch digitale
Wegklickfenster ersetzt werden könnten. Wo bliebe denn dann das alltägliche
Schmunzeln in der Tram, zu Wien Bim!?
21 Sep 2021
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Wien
Schwerpunkt „Lügenpresse“
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Österreich
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Grüne Partei Österreich
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