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# taz.de -- Scannen von iPhones durch Apple: Alles ist durchleuchtet
> Apple will Fotos beim Hochladen in die Cloud künftig auf Abbildungen
> scannen, die sexualisierte Gewalt gegen Kinder zeigen. Das ruft Protest
> hervor.
Bild: Der Schatten des Apple-Logos auf einem Bürgersteig in New York
Edward Snowden gehörte zu den ersten, die deutliche Worte fanden: „Egal wie
gut gemeint das sein mag, Apple rollt hier eine Massenüberwachung für die
ganze Welt aus“, [1][schrieb der Whistleblower auf Twitter]. Wenn der
Konzern heute auf den Geräten der Nutzer:innen nach Bildern suche, die
sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, dann könnten sie morgen nach allem
Möglichen scannen.
Anlass der Kritik war Apples Ankündigung eines neuen Tools, das im Herbst
zunächst in den USA starten soll. [2][Seine Funktion: Es soll Daten, die
US-Nutzer:innen in die iCloud laden, auf Bilder, die sexuellen
Missbrauch von Kindern zeigen, scannen]. Dabei werden nicht Bilder direkt
abgeglichen, sondern Hashes: kryptografische Prüfsummen, die ein
Wiedererkennen von Bildern oder anderen Dateien ermöglichen. Das
Unternehmen arbeitet dabei mit dem National Center for Missing and
Exploited Children (NCMEC) zusammen. Mit Hilfe der NGO hat Apple den
Algorithmus trainiert, [3][anschlagen soll er zunächst ab einer Grenze von
30 Bildern].
Dass in die Cloud geladene Daten, Chats oder auch verschickte E-Mails auf
potenziell illegale Inhalte gescannt werden, ist grundsätzlich nicht neu.
Google macht es, Dropbox, Facebook oder Microsoft. Das EU-Parlament hatte
erst im Juli einer Verordnung zugestimmt, die es Anbietern erlaubt, private
Nachrichten von Nutzer:innen nach Bildern, die sexuellen Missbrauch von
Kindern zeigen, zu durchsuchen. Neu im Fall Apple ist allerdings, dass der
Scan nicht auf Servern des Unternehmens stattfinden soll, sondern auf den
Geräten der Nutzer:innen beim Hochladen in die Cloud.
Apple erntet daher seit der Ankündigung weltweite Kritik von Organisationen
aus der Zivilgesellschaft. [4][So kommentiert etwa die digitale
Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF)]: „Apple kann
lang und breit erklären, wie die technische Umsetzung Privatsphäre und
Sicherheit erhalten soll, aber am Ende bleibt eben auch eine umfassend
dokumentierte Hintertür eine Hintertür.“ Es ist die gleiche Richtung, in
die auch Snowdens Kritik geht: Heute sind es Missbrauchsbilder, morgen etwa
politische Inhalte, die autoritäre Staaten gern untersagen möchten.
## Wann werden andere Daten als Fotos ausgelesen?
Daher sehen mittlerweile auch Journalistenorganisationen Sprengkraft in
Apples neuem Tool. Vertreter:innen aus Deutschland, Österreich und der
Schweiz fordern unter anderem die Datenschutzbeauftragten der drei Länder
und die EU-Kommission auf, schon im Voraus gegen eine eventuelle Einführung
hierzulande vorzugehen.
Apples neue Funktion sei „auch ein Hilfsmittel, mit dem ein Unternehmen auf
andere Daten von Nutzern auf deren eigenen Geräten zugreifen will, wie etwa
Kontakte und vertrauliche Dokumente“, sagte Hubert Krech, Sprecher der
öffentlich-rechtlichen Redakteursvereinigung Agra. In dem Schreiben heißt
es: „Wir fragen uns: Wann werden andere Daten als Fotos ausgelesen? Wann
sind es Fotos der LGBT-Gemeinschaft, die möglicherweise in Ungarn oder
Russland durch Behörden missbraucht werden können? Wann werden Kontakte
abgegriffen?“
Die Befürchtung, dass IT-Konzerne den Wünschen autoritärer Regime
nachgeben, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. So kommt es immer wieder
vor, dass die Konzerne Privatsphäre-Features, die sie in anderen Ländern
ausrollen, in Staaten wie China oder Belarus nicht anbieten – weil die
regionale Rechtslage das so verlange.
Dementsprechend könnte eine entsprechende Rechtslage auch das Scannen von
Bildern auf politische oder LGBTIQ-Inhalte beim Upload verlangen, [5][auch
wenn Apple das zurückweist]: „Diese Technologie (…) ist darauf begrenzt,
Bilder, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, in der iCloud zu
erkennen, und wir werden keiner Aufforderung einer Regierung nachkommen,
diese Funktion zu erweitern.“
## Und in Deutschland?
Die Kritik an Apple fällt vermutlich auch deshalb so umfassend aus, weil
das Unternehmen bislang – im Vergleich zu anderen großen IT-Konzernen –
immer noch eher privatsphärefreundlich agiert hat. So genießt etwa die
Verschlüsselung der iPhones einen guten Ruf, bei Regierungsplänen für mehr
Überwachung stand Apple tendenziell aufseiten der
Bürgerrechtsaktivist:innen. Für manche Nutzerin war der
vergleichsweise gute Schutz der Privatsphäre ein Kaufargument, das den
Preis und das geschlossene Ökosystem aus Hard- und Software von Apple
aufwog.
Für Deutschland ist das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht für
Apple zuständig. Das teilte der taz mit, in der Sache bereits mit Apple
Kontakt aufgenommen zu haben. „Wir haben Apple mitgeteilt, dass wir auch
schon unabhängig davon, dass bislang bei Apple noch keine Entscheidung über
die Einführung des Produkts in Europa getroffen ist, in absehbarer Zeit
einen ersten Überblick zur Funktionsweise des Tools erhalten möchten“, so
Alexander Filip, als Bereichsleiter unter anderem zuständig für
Onlineservices.
Eine rechtliche Bewertung könne man aktuell noch nicht abgeben. Aber laut
der europäischen e-Privacy-Richtlinie sei ein Zugriff auf Informationen,
die sich auf einem Endgerät von Nutzenden befinden, nur mit einer
Einwilligung derselben zulässig.
22 Aug 2021
## LINKS
[1] https://twitter.com/snowden/status/1423469854347169798?lang=de
[2] https://www.apple.com/child-safety/
[3] https://www.apple.com/child-safety/pdf/Security_Threat_Model_Review_of_Appl…
[4] https://www.eff.org/deeplinks/2021/08/apples-plan-think-different-about-enc…
[5] https://www.apple.com/child-safety/pdf/Expanded_Protections_for_Children_Fr…
## AUTOREN
Svenja Bergt
## TAGS
Datenschutz
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