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# taz.de -- Friedrichshainer Kulturort gekündigt: Bedrohte Zukunft
> Dem Zukunft am Ostkreuz wurde gekündigt. In der
> Bezirksverordnetenversammlung wird am Mittwoch über einen Rettungsantrag
> abgestimmt.
Bild: Ungewisse Zukunft
Berlin taz | Keine Zukunft für die Zukunft? Danach sieht es gerade aus. Dem
Kulturort Zukunft am Ostkreuz in Friedrichshain wurde eben vom Eigentümer
der Mietvertrag gekündigt. Nach über zehn Jahren droht Ende März 2022 das
Aus zumindest an diesem Standort. Zum Zukunft am Ostkreuz gehört ein
Ensemble aus Kino und Freiluftkino, einem Theater, einer Jazzbar und einer
Galerie.
Sven Loose, der Verantwortliche für das Programm in den Kinos, ist darum
bemüht, sich sehr vorsichtig gegenüber der Presse zu dem Vorgang zu äußern.
Zum Eigentümer möchte er kaum etwas mitteilen, er sagt auch nicht, wer
dieser überhaupt ist. Man will diesen offensichtlich nicht verärgern in der
Hoffnung, diesem die Kündigung vielleicht doch noch ausreden zu können.
Vor ziemlich genau zehn Jahren enstand das Kulturzentrum an der
Laskerstraße, ganz in der Nähe zum Technoclub About Blank. Erschlossen
wurde dafür ein völlig verfallenes Gelände. Über die Jahre hinweg enstand
hier ein über den Kiez hinaus beliebter Ort, der vielfältige Kultur
anbietet. Neben den Kinos finden hier Konzerte und Ausstellungen statt.
Nachdem man zuerst einen Mietvertrag für zehn Jahre bekommen hat, wurde der
zuletzt nur noch für ein weiteres Jahr verlängert und jetzt eben nicht noch
einmal.
Eine Verlängerung des Mietvertrags für wenigstens ein, zwei Jahre erhofft
sich Loose. Um etwas Zeit zu gewinnen bei der Suche nach einem neuen
Standort. Die Schließung des Zukunft am Ostkreuz wäre aus seiner Sicht aus
mehreren Gründen katastrophal.
Einmal natürlich generell: Eine Kulturstätte würde verschwinden. Und weil
sie das Konstrukt bedrohen könnte, das in Friedrichshain auch noch weitere
Kulturorte unterhält. Kino und Freiluftkino im Zukunft am Ostkreuz werden
vom Stammhaus Tilsiter Lichtspiele betrieben. Das hat vor Kurzem auch das
traditonsreiche Kino Intimes übernommen, das soeben nach aufwendigen
Umbauarbeiten wiedereröffnet wurde. Das Zukunft am Ostkreuz ist innerhalb
dieses Geflechts der „größte und umsatzträchtigste Ort“, so Loose.
Vor allem aber befindet sich dort die Brauerei, die zwingend mit zur
Mischkalkulation der gemeinschaftlich verbundenen Kulturstandorte gehört.
Bier aus der eigenen Brauerei, das vor allem im Tilsiter und im Zukunft
ausgeschenkt wird, die beide auch Kneipen sind, gehört mit zum
Geschäftskonzept. Nach dem Motto: Wo Filme geschaut und in der Kneipe
herumgehangen wird, da wird auch Bier getrunken. Und: Auch wenn mal weniger
ins Kino gegangen wird, ordern viele immer noch ein Bier.
Ein Wegfallen der Brauerei, so Loose, wäre deswegen „sehr problematisch“
und „eine Brauerei zu verlagern ist nicht so einfach“. Zudem sei es aus
seiner Sicht sehr fraglich, den speziellen Charme des Zukunft am Ostkreuz
auch an anderer Stelle erzeugen zu können. Der Ort sei auch deswegen so
beliebt, weil er immer noch so leicht unfertig wirke und damit an die
mythischen Neunziger in Berlin erinnern würde. „Das kann man nicht woanders
so einfach rekonstruieren“, so Loose.
Warum überhaupt gekündigt wurde, das wisse er bislang auch nicht, sagt er.
Der Eigentümer habe sich dazu bislang nicht äußern wollen. Er könne nur
spekulieren, dass es etwas damit zu tun haben könnte, dass in unmittelbarer
Nachbarschaft gerade der gigantische Bürokomplex „Ostkreuz Campus“
hochgezogen wird. Vielleicht habe das den Eigentümer des Geländes, auf dem
sich das Zukunft am Ostkreuz befindet, auf den Gedanken gebracht, sich der
neuen Umgebung mit eigenen Bebauungsplänen anzupassen.
Was die Pläne rund um den Bau der umstrittenen Autobahn 100 betrifft, die
das Zukunft am Ostkreuz außerdem bedrohen könnten, da bleibt Loose ziemlich
gechillt. „So weit gucken wir gar nicht in die Zukunft“, sagt er und muss
bei seinem Kalauer selbst ein wenig lachen. „Bis die Autobahn
fertiggestellt sein wird, das wird dauern, und ob überhaupt, ist aktuell ja
auch mehr als unklar.“
## Politik schaltet sich ein
Derweil schaltet sich nun auch die Politik ein in den Fall Zukunft am
Ostkreuz. Im Stadtentwicklungsausschuss des Bezirksparlaments
Friedrichshain-Kreuzberg wurde vor zwei Wochen der Antrag von Julian
Schwarze, Fraktionsvorsitzender der Grünen, diskutiert und angenommen. In
diesem wird gefordert, den Bebauungsplan für das Areal, auf dem sich das
Zukunft am Ostkreuz befindet, zu qualifizieren. Das heißt, dass festgelegt
werden soll, was dort gebaut werden darf und was nicht.
Ziel ist es, so Schwarze gegenüber der taz: „In Richtung des Eigentümers zu
sagen: Kultur können Sie auf dem Gelände machen – am besten weiter mit dem
Zukunft am Ostkreuz. Gewerbe wird dort aber nicht möglich sein.“ Druck soll
damit gegenüber dem Eigentümer aufgebaut werden, so Schwarze.
Am 25. August wird über den Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung
abgestimmt. Schwarze ist sich sicher, dass er angenommen wird. Und er hat
auch noch einen dieser Zukunftskalauer auf Lager: „Wir wollen so die
Zukunft in die Zukunft führen.“
25 Aug 2021
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Berlin Kultur
Bebauung
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