# taz.de -- Protestaktion von Ende Gelände: Riskante Geschäfte blockiert | |
> In Brunsbüttel machen mehrere Firmen mit klimaschädlichen Technologien | |
> Kasse. Beim Protest dagegen kam es zu Konflikten mit der Polizei. | |
Bild: Demonstrierende besetzten unter anderem eine Zufahrt in einem Industriege… | |
BRUNSBÜTTEL taz | Steine fliegen über das Werktor hinweg in Richtung der | |
Aktivist*innen. Als der [1][Demonstrationszug von Ende Gelände] um 13.15 | |
Uhr den Zaun zum Grundstück des Düngemittelproduzenten „Yara“ in | |
Brunsbüttel erreicht, klettert ein Security-Mitarbeiter aus dem Wachturm | |
und wirft mehrmals gezielt in Richtung der Demonstrant*innen. Die | |
Aktivist*innen weichen zurück, niemand wird verletzt. Rückzug, erstmal, | |
und Deckung. Von hinten kommen Polizist*innen mit Hunden über die | |
Gleise angelaufen. Die Aktivist*innen setzen sich vor das Werktor, hier | |
ist erstmal Ende, zumindest eine Weile Stillstand. | |
Um 9 Uhr morgens hatte der erste Demozug mit 700 Personen das Camp in der | |
Schleswig-Holsteinischen Kleinstadt verlassen. Etwa anderthalb Stunden | |
später folgten der zweite und der dritte Zug. Ihr Ziel: Der wenige | |
Kilometer entfernte Chemiepark an der Elbe, dort soll [2][nach Plänen des | |
Bundes und der Landesregierung ein LNG-Terminal] gebaut werden. LNG steht | |
für Liquefied Natural Gas und ist umstritten, weil es weil beim Transport | |
und der Gewinnung des Erdgases das extrem klimaschädliche Treibhausgas | |
Methan freigesetzt wird. In dem Chemiepark sind neben dem | |
Kunstdüngerproduzenten noch andere Unternehmen wie der französische Ölriese | |
Total angesiedelt, die Profite mit fossilen Energien machen. | |
Nach vier Stunden Fußmarsch und der Überquerung des Nord-Ostsee-Kanals in | |
mehreren Kleingruppen mit der Fähre brach der als „pinker Finger“ | |
bezeichnete Demonstrationszug plötzlich durch die Böschung und kletterte | |
auf die Gleise. Die überraschten Polizist*innen konnten den Zug erst | |
ein paar hundert Meter später einholen und einen Teil der | |
Demonstrant*innen festhalten, die anderen gelangten vor das Werktor. | |
## Zwischenfall mit Hund | |
Der „rote Finger“, der später gestartet war, versuchte, ebenfalls gegen | |
Mittag, einen Durchbruch am Werksgelände des Kunststoffherstellers | |
Covestro. Die Polizei verhinderte jedoch, dass die Aktivist*innen auf | |
das Gelände gelangten. Ein Polizist habe seinen aufgebrachten und bellenden | |
Hund immer abwechselnd an der Leine zu sich herangezogen, und die Leine | |
wieder lang gelassen, sodass der Hund Personen anspringen konnte, berichtet | |
der freie Fotograf Finn Andorra. | |
„Der Hund sprang auf mich zu, und nur weil ich einen Satz nach hinten | |
gemacht habe, ist mir nichts passiert“, berichtet der Fotograf. Auf Twitter | |
fragte er die Polizeipressestelle, ob es normal sei, dass Polizeihunde auf | |
Journalist*innen losgelassen würden. „Nein, aber unsere Pressesprecher | |
sind vor Ort um Hintergründe dazu zu beantworten“, antwortete das Social | |
Media Team der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei. Auf taz-Nachfrage | |
sagte der Polizeisprecher, dass es zu „keinem gezielten Kontakt zwischen | |
dem Hund und dem Journalisten gekommen“ sei. | |
Gegen 14 Uhr erreichte auch der dritte, „gelbe Finger“ sein Ziel: | |
Bahngleise am Werkgelände der Erdöl- und Chemiefabrik Sasol. „Der | |
Chemiepark ist damit von beiden Seiten blockiert“, meldete Ende Gelände | |
seinen Erfolg. „Wenn hier in Fracking-Gas investiert werden soll, dann sind | |
wir das Investitionsrisiko“, triumphierte die Sprecherin Eila Nejem. „Für | |
Kohle, Öl und Gas ist heute Ende Gelände.“ Der Konzern Sasol mit Sitz in | |
Johannesburg ist das zweitgrößte Industrieunternehmen Südafrikas und laut | |
Umweltschützer*innen dort verantwortlich für den weltweit größten | |
Treibhausgasausstoß an einem einzigen Ort. Eine einzige Anlage emittiert | |
laut der Nachrichtenplattform Bloomberg Green 56,6 Millionen Tonnen | |
Treibhausgas pro Jahr – mehr als 100 Länder zusammen. | |
## Aktion in Hamburg kurzfristig abgesagt | |
Neben Brunsbüttel hatte Ende Gelände für das Wochenende auch Hamburg zum | |
Aktionsgebiet erklärt. Eine weitere Massenaktion sollte sich dort gegen die | |
kolonialistische Ausbeutung durch europäische Energiekonzerne im globalen | |
Süden und gegen Rassismus richten. Am Vormittag sagten die | |
Aktivist*innen die Aktion zivilen Ungehorsams jedoch ab. „Angesichts | |
der drohenden Repression durch die Polizei konnten wir nicht für die | |
Sicherheit der Aktivist*innen garantieren“, sagt die Sprecherin der | |
„Antikolonialen Attacke, Rokaya Hamid. | |
Stattdessen habe man sich entschieden, den Protest gegen koloniale | |
Ausbeutungen von Menschen und Umwelt anderweitig kundzutun. Rund 100 | |
Personen versammelten am Mittag zu einer Kundgebung, für den Nachmittag | |
kündigten sie eine Demo in Solidarität mit der selbstorganisierten | |
Migrant*innengruppe „Lampedusa in Hamburg“ an, deren Dauermahnwache | |
die Polizei im vergangenen September unter Berufung auf den | |
Infektionsschutz nach sieben Jahren Protest verboten und geräumt hatte. Für | |
den Abend seien weitere Aktionen geplant, so Hamid. | |
31 Jul 2021 | |
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## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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