| # taz.de -- Geplanter Protest von Ende Gelände: Brunsbüttel statt Braunkohle | |
| > Ein geplantes Terminal für Erdgas zieht die Aktivist*innen von Ende | |
| > Gelände nach Norddeutschland. Zudem wollen sie mit einem Mythos | |
| > aufräumen. | |
| Bild: Protest gegen ein neues Flüssiggas-Terminal: Besetzung des Bauplatzes in… | |
| Hamburg taz | Nach sechs Jahren regelmäßigen Protests im rheinischen | |
| Braunkohlerevier haben sich die Klimaaktivist*innen von Ende Gelände | |
| ein neues Ziel gesucht: [1][Liquefied Natural Gas (LNG).] Ab Freitag wollen | |
| sie im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel den Bau eines geplanten | |
| Terminals blockieren, an dem zukünftig Erdgas in flüssiger Form | |
| angeliefert, regasifiziert und verladen werden soll. Gleichzeitig plant | |
| Ende Gelände, mit einer zweiten Massenaktion in Hamburg auf die globale | |
| Dimension der Klimakrise und das Fortbestehen kolonialer Ausbeutung in | |
| den Ländern des globalen Südens durch europäische Konzerne aufmerksam | |
| machen. | |
| „Die Klimakrise und neokoloniale Ausbeutung gehen Hand in Hand“, sagt die | |
| Ende-Gelände-Sprecherin Elia Nejem. Das zeige sich am dem geplanten | |
| LNG-Terminal besonders, weil ein großer Teil des dort zukünftig | |
| angelieferten Erdgases aus Regionen kommen soll, in denen es durch | |
| unkonventionelles Fracking gewonnen wird, wie etwa den USA oder | |
| Argentinien. Beim in Deutschland verbotenen unkonventionellen Fracking wird | |
| ein Gemisch aus Wasser, Sand und Chemikalien in Schiefer-, Ton-, Mergel- | |
| oder Kohleflözgestein gepresst, sodass Risse entstehen und Öl und Gas | |
| gehoben werden können. | |
| In Deutschland erlaubt ist derzeit nur konventionelles Fracking, bei dem im | |
| tiefer liegenden Sandstein gebohrt wird, also weiter weg von der Oberfläche | |
| und den Grundwasserreservoirs. Die 2017 erlassene Frackingregelung endet | |
| jedoch in diesem Jahr, der Bundestag muss das Verbot dann neu prüfen. | |
| [2][Für die Aktivist*innen ist das ein Anlass, das Thema vor der | |
| Bundestagswahl auf die Agenda zu setzen.] Auch beim konventionellen, in | |
| Deutschland erlaubten Fracking ist der Wasserverbrauch enorm, betroffene | |
| Regionen leiden zudem oft unter Erdbeben und erhöhten | |
| Krebserkrankungsraten. | |
| Die Planungen für das erste deutsche LNG-Terminal laufen seit Jahren. Im | |
| Gespräch waren mehrere Standorte, darunter neben Brunsbüttel auch | |
| Wilhelmshaven und Stade. In Wilhelmshaven liegt das Projekt mittlerweile | |
| auf Eis. | |
| ## Das Problem mit dem Methan | |
| Die Landesregierungen in Hannover (SPD und CDU) und Kiel (CDU, Grüne, FDP) | |
| haben die Projekte jeweils in ihrem Koalitionsvertrag verankert. In | |
| Schleswig-Holstein sprach sich ein Parteitag der Grünen jedoch dagegen aus. | |
| Befürworter*innen versprechen sich von der „Brückentechnologie“ einen | |
| geringeren Ausstoß von Kohlenstoffdioxid sowie weniger Schwefel, Feinstaub | |
| und Stickoxide als bei konventionellen Treibstoffen. Später könne das | |
| Terminal für Wasserstoff genutzt werden, so die Kalkulation. | |
| „LNG ist die größte Klimalüge unserer Zeit“, sagt der argentinische | |
| Aktivist Esteban Servat, der sich bei Ende Gelände engagiert. Die durch | |
| Erdgas verursachten Emissionen seien ähnlich hoch wie die von Kohle, zudem | |
| zerstöre der deutsche Öl- und Gaskonzern Wintershall in seiner Heimatregion | |
| Mendoza im Westen Argentiniens durch Fracking die Natur und sei | |
| verantwortlich für Vertreibungen, Krankheiten und | |
| Menschenrechtsverletzungen. | |
| „Durch den Bau von LNG-Importterminals wie in Brunsbüttel unterstützt die | |
| Bundesregierung diese Ausbeutung und fördert im Ausland das, was zu Hause | |
| verboten ist.“ Die Heuchelei und der Klimakolonialismus müssten beendet | |
| werden, sagt er. Die Aktivist*innen weisen auch darauf hin, dass das | |
| bei der Förderung, dem Transport und Verbrauch von Erdgas freigesetzte | |
| Methan ein schädlicheres Treibhausgas ist als CO2. | |
| ## Ende Gelände wollen auch an sich selbst arbeiten | |
| Über einen Zeitraum von 100 Jahren heizt ein Molekül Methan die Erde 28-mal | |
| so stark auf wie ein Molekül CO2. Laut der australischen Forschungsbehörde | |
| Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation ist Methan für | |
| 23 Prozent der globalen Erhitzung durch Treibhausgase verantwortlich, die | |
| Emissionen liegen aktuell auf einem Rekordhoch. Der Hauptgrund dafür ist | |
| neben der Viehzucht der Verbrauch fossiler Energieträger, allen voran die | |
| Förderung und der Transport von Erdgas. | |
| Das Terminal, das in Brunsbüttel entstehen soll, lässt sich nur erahnen. | |
| Bislang steht hier der „Chemcoastpark“, das größte zusammenhängenden | |
| Industriegebiet Schleswig-Holsteins. Die meisten Formen hier haben einen | |
| hohen Gasverbrauch. Die Wiese neben dem Industriegebiet ist aber noch grün. | |
| „Wir haben uns entschieden, eine Katastrophe aufzuhalten, bevor sie gebaut | |
| wird und Milliarden Steuergelder reinfließen“, sagt die | |
| Ende-Gelände-Sprecherin Joli Schröter. Das Camp der Aktivist*innen | |
| steht bereits, auch zwei Demonstrationen haben sie angemeldet. | |
| Am Freitag sollen die Aktionen im Kontext eines internationalen Aktionstags | |
| gegen Gas stehen, an dem sich auch Fridays for Future beteiligt. Für die | |
| deutsche Klimabewegung steht das neue Ziel in diesem Jahr auch für einen | |
| Veränderungsprozess: Die Bewegung will internationaler und diverser werden, | |
| sie möchte weg vom Image einer von weißen Akademiker*innenkindern | |
| dominierten, homogenen Gruppe. | |
| 28 Jul 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Katharina Schipkowski | |
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