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# taz.de -- Rechtskräftige NSU-Urteile: Zu früh für einen Schlussstrich
> In die Erleichterung über die rechtskräftigen NSU-Urteile mischt sich ein
> bitteres Fazit. Zu viele Fragen und die Dimension des NSU sind ungeklärt.
Bild: Demonstration in München mit Bildern der NSU-Opfer, August 2018
Es ist ein Schlusspunkt und darf doch keiner sein. 21 Jahre nach dem ersten
Mord an Enver Şimşek, zehn Jahre nach dem Auffliegen des [1][NSU-Terrors]
und drei Jahre nach dem Prozessende erklärt der Bundesgerichtshof nun die
Urteile gegen Beate Zschäpe und zwei Mitangeklagte für rechtskräftig. Die
Entscheidung belohnt die [2][ausdauernde Beweisaufnahme des Münchner
Strafsenats um Manfred Götzl]. Und sie ist auch eine Erleichterung für die
Überlebenden und die Angehörigen der Opfer, für die eine Aufhebung des
Zschäpe-Urteils ein Horror gewesen wäre.
Die Betroffenen werden dennoch nicht abschließen können. Nicht nur, weil zu
Recht noch einmal über den engsten NSU-Vertrauten André Eminger verhandelt
werden muss. Sondern auch, weil bis heute entscheidende Fragen zum
NSU-Terror ungeklärt sind. Wonach wählte das Trio seine Opfer aus? Gab es
dabei weitere Helfer? Woher kamen die Waffen? Wusste der Verfassungsschutz
doch mehr?
Es waren diese Punkte, denen sich das Gericht in München nicht widmete. Sie
gehören aber an anderer Stelle weiter aufgeklärt, um die ganze Dimension
des [3][NSU-Terrors zu erfassen] und alle Beteiligten zur Verantwortung
ziehen zu können. Die Realität aber ist leider eine andere. So sind bis
heute bei der Bundesanwaltschaft Verfahren gegen neun mögliche NSU-Helfer
offen – in denen endlich Anklage erhoben werden muss, um deren Schuld zu
klären. Dass dies, zehn Jahre nach dem Auffliegen des NSU, noch nicht
geschehen ist, kommt einem Offenbarungseid gleich.
In der rechtsextremen Szene wird dies wahrgenommen. In Liedern wird dort
dem NSU gehuldigt, Eminger und der frühere NPD-Mann Ralf Wohlleben werden
unterstützt und verehrt – beide sind auch selbst ungeniert weiter aktiv.
Ein staatliches Durchgreifen, eine Abschreckung nach dem Terror? Ist dort
längst nicht mehr zu spüren.
In die Erleichterung über die rechtskräftigen Urteile mischt sich deshalb
ein bitteres Fazit. Dabei darf es nicht bleiben. Nicht nach dem Tod von
zehn Menschen. Es sind zu viele Fragen offen, um einen Schlussstrich zu
ziehen.
19 Aug 2021
## LINKS
[1] /Opfer-des-NSU-Terrors-in-Nuernberg/!5772662
[2] /Urteilsbegruendung-im-NSU-Prozess/!5680220
[3] /Schwarz-Gruen-im-Hessischen-Landtag/!5773671
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Zschäpe
Rechtsterrorismus
Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
Schwerpunkt Rechter Terror
Bundesamt für Verfassungsschutz
Rechtsextremismus
Schwerpunkt Rechter Terror
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Rechter Terror
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