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# taz.de -- Sudans Ex-Diktator Omar al-Baschir: Späte Gerechtigkeit
> Der sudanesische Ministerrat hat die Auslieferung des Ex-Präsidenten Omar
> al-Baschir an den Internationalen Strafgerichtshof beschlossen.
Bild: Schuf das Bild des Widerstandskämpfers gegen eine rassistische Justiz: S…
Berlin taz | Schon oft wurde die Überstellung des sudanesischen
Ex-Diktators Omar Hassan al-Bashir an den Internationalen Strafgerichtshof
angekündigt – er wird dort mit Haftbefehl unter anderem wegen Völkermordes
in Darfur gesucht. Jetzt rückt der wohl spektakulärste Haftantritt in der
Geschichte des Den Haager Weltgerichts eventuell in greifbare Nähe.
„Sudans Ministerrat hat beschlossen, die vom Strafgerichtshof gesuchten
Personen zu übergeben“, erklärte Außenministerin Mariam al-Mahdi am
Mittwoch nach Gesprächen mit dem neuen IStGH-Chefankläger Karim Khan in
Khartum.
Für Bashir ist diese Ankündigung eine Schmach. Mit Hohn hatte der Diktator
2008 reagiert, als der damalige Den Haager Chefankläger ihn als
Verantwortlichen für das Abschlachten Hunderttausender in Darfur benannte.
Die beiden Haftbefehle von 2009 und 2010 ignorierte der Militärdiktator
nicht nur – es gelang ihm auch, viele Amtskollegen in einer afrikanischen
Ablehnungsfront gegen Den Haag hinter sich zu scharen.
Er machte sich einen Spaß daraus, so viele Länder wie möglich zu besuchen
und zuzusehen, wie alle seine Gastgeber den internationalen Haftbefehl
ignorierten – sogar gegen Verfügungen örtlicher Gerichte, wie 2015 in
Südafrika. Aus seiner Verfolgung durch Den Haag bastelte sich Bashir den
Nimbus des Widerstandskämpfers gegen eine „koloniale“, „weiße“ und
„rassistische“ Justiz.
## Die Menschen in Sudan vergaßen nicht
In Sudan selbst fielen die Menschen nicht darauf herein. Sie kannten Bashir
seit dem Militärputsch des damals 45-jährigen Veteranen der ägyptischen
Armee 1989. Sie erinnerten sich an seine Einführung des islamischen
Scharia-Rechts auch für Nichtmuslime, seinen Vernichtungskrieg gegen
Freiheitskämpfer in Südsudan, seine Unterdrückung innerer Gegner; seinen
außenpolitischen Opportunismus, mit dem er erst den späteren
Al-Qaida-Führer Osama Bin Laden aufnahm und sich später dem CIA als Partner
gegen Islamisten empfahl.
Und sie vergaßen auch nicht die Wirtschaftskorruption, die die Ressourcen
Sudans zugunsten einer schmalen Herrscherclique ausplünderte. Bashir
überstand die Abspaltung Südsudans, die Aufstände in Darfur, die
internationalen Sanktionen, den Status als Paria-Staat – nicht aber den
Volksaufstand ab Ende 2018, als sich die Proteste gegen steigende
Brotpreise zu einer Massenrevolte steigerten, bis ihn die eigene Armee im
[1][April 2019] stürzte.
Seitdem regiert eine Übergangsregierung in Sudan, und Bashir sitzt im
Gefängnis. Im Dezember 2019 wurde er zu zwei Jahren Haft wegen Korruption
verurteilt. Im Juli 2020 begann ein zweiter Prozess gegen ihn wegen des
Putsches von 1989, der aber immer wieder vertagt wird. Bleibt der dritte
Prozess vor dem Internationalen Strafgerichtshof wegen Völkermordes. Sudans
neue Regierung hat dem Strafgerichtshof mehrfach volle Kooperation
zugesagt. Erst im Juli 2021 billigte das Parlament den Beitritt zum
Rom-Statut des Strafgerichts.
Was nun mit Bashir geschieht, bleibt offen. Doch egal, welcher der Prozesse
nun eröffnet wird: der 77-Jährige dürfte die Freiheit kaum wiedererleben.
11 Aug 2021
## LINKS
[1] /Konflikt-im-Sudan/!5599064
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
Sudan
Den Haag
Völkermord
Sudan
Sudan
Sudan
Schwerpunkt Klimawandel
Theater
Sudan
Lesestück Recherche und Reportage
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