# taz.de -- Streit in der europäischen Medienszene: God save the Stream | |
> In der EU ist eine Diskussion über die Begrenzung britischer Inhalte in | |
> der Filmindustrie entbrannt. Aber wäre eine Quote überhaupt sinnvoll? | |
Bild: Dreh der britischen Spionage-Serie „The Ipcress File“ in Zagreb, Mai … | |
Auch wenn sich nach dem Brexit die Anzahl der in Großbritannien ansässigen | |
Fernsehsender auf 586 halbiert hat, bleibt die Insel damit als TV-Standort | |
immer noch auf Platz eins in Europa. | |
Die Film- und TV-Produktion wird ebenfalls nach wie vor komplett von den | |
Briten dominiert – mit einem wesentlich höheren Anteil an Filmen sowie | |
Serien als jeder andere Staat des Kontinents. Über die Hälfte der | |
europäischen Inhalte beispielsweise, die auf den Streaming-Diensten in der | |
EU verfügbar sind, [1][stammen aus dem Vereinigten Königreich]. | |
So manche EU-Funktionär*in muss das wohl geärgert haben. Denn vor Kurzem | |
diskutierte eine Arbeitsgruppe für audiovisuelle Themen ein Arbeitspapier, | |
in dem das Übergewicht britischer Inhalte in Mitgliedsstaaten der EU | |
kritisch betrachtet wird. | |
Eine mögliche Lösung wäre die Begrenzung von Filmen sowie Serien „Made in | |
UK“. Doch dafür gibt es bisher keine gesetzliche Grundlage. Zwar muss ein | |
gewisser Mindestanteil europäischer Produktionen im audiovisuellen | |
Gesamtangebot vorhanden sein, aber da Großbritannien auch nach dem Brexit | |
noch Mitglied im Europarat bleibt, gelten die Medienerzeugnisse von der | |
Insel auch zukünftig als europäische Produktionen. | |
## Kulturelle Viefalt | |
Ein EU-Rats-Sprecher erklärt die Debatte so: „Diese Diskussion hat | |
stattgefunden, weil es da ein Interesse von verschiedenen Delegationen gab, | |
darüber zu sprechen, wie die EU-Richtlinie zu den audiovisuellen | |
Mediendiensten nach dem Brexit umgearbeitet werden könnte.“ | |
Der Rat der EU ist die europäische Institution, in der sich | |
Minister*innen aus allen EU-Mitgliedsstaaten treffen, um | |
Rechtsvorschriften zu diskutieren, zu ändern und anzunehmen. „Es gab einige | |
Mitgliedstaaten, die ein größeres Interesse haben, ihre Sprache und ihre | |
kulturelle Vielfalt auf den Plattformen stärker vertreten zu sehen, etwa | |
Frankreich oder Spanien“, sagt der EU-Rats-Sprecher weiter. Es hätten aber | |
keine Forderungen auf dem Tisch gelegen, sofort zu handeln. | |
Zum Ende des Jahres wird allerdings ein Bericht der Europäischen Kommission | |
über die Landschaft der On-Demand-Plattformen erwartet. Dann dürfte die | |
Diskussion über die Begrenzung britischer Inhalte wieder Fahrt aufnehmen. | |
Ob eine Quote tatsächlich in eine Rechtsform gegossen wird – das dürfte | |
mindestens noch drei Jahre dauern. Dann erst steht nämlich die | |
Überarbeitung der EU-Richtlinie zur Bereitstellung audiovisueller | |
Mediendienste an. | |
Sollten tatsächlich Restriktionen beschlossen werden, bleibt die Frage | |
offen, wie sie umgesetzt werden können. Denn in einer internationalisierten | |
Medienlandschaft wird es immer schwieriger, Filme oder Serien eindeutig | |
einer Nation zuzuordnen. | |
## Tochter von Bertelsmann | |
Hier nur einige Beispiele von vielen: Der englische Medienkonzern Sky | |
produziert aktuell mit Canal+ aus Frankreich die Serie „Django“. Der | |
Mehrteiler „Vienna Blood“, der auf dem ZDF lief, war eine Koproduktion mit | |
britischer Beteiligung, produziert von Endor Productions aus London, diese | |
ist wiederum Teil der ProsiebenSAT.1-Tochter Red Arrow Studios. Und der | |
britische Unterhaltungsproduzent Fremantle ist Tochter von Bertelsmann in | |
Deutschland. | |
Auch das Argument, Sprache sowie Kultur der jeweiligen Länder durch eine | |
Begrenzung besser zu schützen, ist nur teilweise wirklich stichhaltig. | |
Große internationale Koproduktionen werden oft direkt in englischer Sprache | |
gedreht, um sie weltweit besser verkaufen zu können, so wie zurzeit bei | |
„Der Schwarm“. | |
An der Verfilmung der Buchvorlage von Frank Schätzing sind deutsche, | |
französische, italienische, Schweizer, österreichische und japanische | |
Akteure beteiligt. Die vielfachen Verflechtungen sind sicher auch der | |
Grund, warum deutsche Produzenten*innen und | |
Programmvertriebler*innen sich zu dem Thema offiziell auffällig | |
bedeckt halten. | |
2 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://rm.coe.int/visibility-of-av-works-on-tvod-2020-edition/1680a12a0f%2… | |
## AUTOREN | |
Wilfried Urbe | |
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