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# taz.de -- Corona-Desinformation in den USA: Unzählbare Kosten
> Eine Studie zeigt: In den USA sind 12 Impfgegner:innen für 65 Prozent
> der Corona-Falschnachrichten auf Social Media verantwortlich.
Bild: Impfgegner:innen auf einer Demonstration im Central Park
New York taz | Für „Anti-Vaxxer“ ist [1][Joseph Mercola ein alter
Bekannter]. Schon vor Jahren erklärte der US-amerikanische Arzt, dass
Routine-Impfungen bei Kindern Autismus auslösen könnten. Verunsicherte
Eltern glaubten ihm. Als Resultat kamen vermeidbare und längst
zurückgedrängte Erkrankungen wie Mumps, Röteln und Masern zurück.
Mercola erhob auch den Anspruch, seine Nahrungsmittelzusätze könnten Krebs
und Herzerkrankungen sowie Darmschwächen und Alzheimer verhindern oder
sogar heilen. Die Medikamenten-Behörde FDA forderte ihn wiederholt auf,
Schluss mit diesen haltlosen Behauptungen zu machen.
Dann kam die Pandemie. Sie verschaffte dem 67-Jährigen eine Ausweitung
seiner Geschäfte. Er lehnt das Tragen von Masken ab – wegen
„Sauerstoffentzug“ – und er warnt vor „Zwangsimpfungen“, die es in de…
gar nicht gibt. Statt einer [2][Covidimpfung] empfiehlt er seine eigenen
Produkte. Angeblich stärken sie die Immunkräfte, wissenschaftliche Belege
dafür gibt es nicht. Zu der Pandemie hat er mehrere Hundert Texte
veröffentlicht. 3,6 Millionen Menschen folgen ihm.
Mercola ist der bekannteste und einflussreichste der zwölf US-Amerikaner,
die täglich neu Unwahrheiten über die Pandemie verbreiten. Gemeinsam
erreichen sie 59 Millionen Menschen in aller Welt.
## Das einflussreiche „Desinformations-Dutzend“
Das [3][Center for Countering Digital Hate] (CCDH) hat Anfang des Jahres
mehr als 812.000 impfstoffbezogene Facebook- und Twitter-Einträge
untersucht und festgestellt, dass 65 Prozent von ihnen auf dieses
„Desinformations-Dutzend“ zurückgehen. Das CCDH kritisiert Facebook,
Twitter und Instagram dafür, dass sie dem „Desinformations-Dutzend“ Platz
bieten anstatt Fehlinformationen von ihren Plattformen zu schmeißen.
Nicht alle Zugehörigen des „Desinformations-Dutzend“ kommen aus
medizinischen Berufen. Auf Platz zwei steht der Neffe eines ermordeten
US-Präsidenten und Sohn eines ebenfalls ermordeten Justizministers. Robert
F. Kennedy [4][ist Anwalt und war ursprünglich auf Umweltthemen] und die
Verteidigung von indigenen Gruppen spezialisiert. Auch er kam nicht erst
mit der Pandemie zu seiner Impfgegnerschaft.
In seiner Kampagne konzentriert er sich auf Minderheiten. Er stellt die
Impfung in eine Reihe mit historischen Verbrechen – wie den medizinischen
Experimenten mit Sklavinnen und mit Schwarzen Soldaten. Im vergangenen Jahr
finanzierte Kennedy einen Film, den Anti-Vaxxer in den USA benutzen, wenn
sie Zugang zu Afroamerikanern haben wollen. Im Titel ist die Rede von
„medizinischem Rassismus“ und „neuer Apartheid“.
Andere Zugehörige des „Desinformations-Dutzend“ konzentrieren sich auf das
Lobbying der Pharmaindustrie, auf die angeblich durch Impfungen ausgelöste
Unfruchtbarkeit von Frauen, und darauf, dass sie sich als Opfer von Zensur
sehen. Erin Elizabeth, eine der Frauen in dem Dutzend, macht düstere
Ankündigungen. „Wenn einem von uns etwas passiert“, sagt sie, „sucht bei
der CCHD.“ Sie spricht von einer „Hassgruppe“.
Beim [5][Erscheinen der Studie über das „Desinformations-Dutzend“ im März]
waren die USA in Aufbruchstimmung. Es sah aus, als hätte das Land das
Gröbste hinter sich und wäre auf dem Weg aus der Pandemie heraus. Die
Altersgrenze für den Zugang zur Impfung wurde immer weiter herabgesetzt.
Die Regeln für das Tragen von Masken gelockert. Und schon bald gab es ein
Überangebot an Impfstoff. Zugleich flachte die Nachfrage nach Impfungen ab.
Präsident Joe Biden, der bis zum Nationalfeiertag am 4. Juli eine
„Herdenimmunität“ mit mehr als 70 Prozent voll Geimpften erreichen wollte,
verfehlte sein Ziel.
## „Eine Pandemie der Nichtgeimpften“
Mitte Juli bahnte sich eine Rückkehr der Pandemie an. Die Zahl der
Neuinfektionen in den USA verdreifachte sich binnen weniger Tage, die
Intensivstationen füllten sich erneut. Aber dieses Mal liegen die Dinge
anders: Die neue Variante Delta ist 60 Prozent ansteckender. Und die
Ansteckungen und Krankenhausaufenthalte sind jetzt in jenen Landesteilen
konzentriert, wo die Impfquote am niedrigsten ist.
„Es ist eine Pandemie der Nichtgeimpften geworden“, sagt Rochelle Walensky,
die Chefin der Gesundheitsbehörde CDC. Nachdem sie noch kurz zuvor
Lockerungen angeregt hat, plädiert sie wieder für das [6][Maskentragen in
geschlossenen Räumen]. Das CDC legt verschiedene Szenarien vor. Im
günstigsten Fall haben die USA danach Mitte Oktober täglich 60.000 neue
Ansteckungen und 850 Tote. Im ungünstigsten Fall stecken sich dann pro Tag
240.000 Menschen mit dem Virus an und 4.000 sterben.
Mitte Juli wird auch der Ton von Biden schärfer. Nachdem er monatelang um
Verständnis seiner Landsleute geworben hat, ist [7][ihm Ungeduld gegenüber
dem „Desinformations-Dutzend“] anzumerken: „Wer ihnen glaubt, erleidet
Schaden. Es tötet Menschen.“
29 Jul 2021
## LINKS
[1] https://www.rnd.de/gesundheit/dr-joseph-mercola-der-arzt-dem-die-querdenker…
[2] https://www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus/faq-covid-19-impfun…
[3] https://www.counterhate.com/
[4] /Der-Anwalt-Robert-Kennedy-Jr/!5706424
[5] https://252f2edd-1c8b-49f5-9bb2-cb57bb47e4ba.filesusr.com/ugd/f4d9b9_b7cedc…
[6] /Pro-und-contra-Konzertsaal-Maskenpflicht/!5747461
[7] https://www.handelszeitung.ch/news/joe-biden-desinformation-fuhrt-zu-corona…
## AUTOREN
Dorothea Hahn
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