| # taz.de -- QAnon-Bewegung in der Pandemie: Antisemitismus und Corona | |
| > Die QAnon-Bewegung zeigt, wie Antisemitismus um sich greift. Das American | |
| > Jewish Committee Berlin warnt davor, die Q-Anhänger zu unterschätzen. | |
| Bild: Großdemonstration in Berlin gegen die bestehenden Maßnahmen zur Eindäm… | |
| Berlin taz | Gelbe Davidsterne mit der Aufschrift „ungeimpft“, kollektive | |
| Schuldzuweisungen an „die Juden“ oder die [1][Coronapandemie als Machwerk | |
| geheimer Mächte], die die „Weltherrschaft“ an sich reißen wollen: Mehr als | |
| 500 solcher und ähnlicher antisemitischer Vorfälle mit Coronabezug hat die | |
| Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) zwischen März 2020 | |
| und März 2021 registriert. Das geht aus einer Studie hervor, die RIAS im | |
| Auftrag des American Jewish Committee Berlin (AJC) erstellt hat und die am | |
| Montag in Berlin vorgestellt wurde. | |
| Was laut der Studie auffällt, im Vergleich zu Antisemitismus ohne | |
| Coronabezug: wie oft antisemitische Vorfälle auf Versammlungen und | |
| Demonstrationen erfasst worden seien. In mehr als der Hälfte der | |
| registrierten Fälle handelt es sich um antisemitische Inhalte in | |
| Demo-Aufrufen, in Parolen und Redebeiträgen sowie auf Plakaten und | |
| Transparenten. | |
| Nicht nur in der Form, auch inhaltlich lassen sich Besonderheiten des | |
| coronabezogenen Antisemitismus beobachten: „Wir haben es einerseits | |
| verstärkt mit Shoah-Relativierungen, andererseits mit antisemitischen | |
| Verschwörungsmythen zu tun“, erklärt Daniel Poensgen, wissenschaftlicher | |
| Referent bei RIAS und Leiter der Studie. Viele Demonstrierende inszenierten | |
| sich als die Opfer einer neuen Shoah. Andere stellten die Coronapandemie | |
| als Vorwand dar, der typischen antisemitischen Feindbildern – wie „die | |
| Zionisten“ oder George Soros – zum Ausbau ihrer Macht dienen soll. | |
| Ein Großteil der antisemitischen Vorfälle, die RIAS erfasst hat, ging vom | |
| verschwörungsideologischen (45 Prozent) sowie rechtsextremen Spektrum (21 | |
| Prozent) aus. Auch das ist ein Unterschied zum Antisemitismus, der nicht im | |
| Zusammenhang mit der Coronapandemie auftritt. Hier wurden im selben | |
| Zeitraum lediglich 4 Prozent der Fälle Anhänger:innen von | |
| Verschwörungsmythen zugerechnet. | |
| ## Anhängerzahl im niedrigen sechsstelligen Bereich | |
| Ein Verschwörungsmythos, der sich seit Beginn der Coronapandemie auch in | |
| Deutschland schnell verbreitet und sich antisemitischer Feindbilder | |
| bedient, ist [2][die aus den USA stammende QAnon-Bewegung.] Ihre Anhänger | |
| glauben an einen „deep state“, in dem eine satanistische Elite Kinder | |
| foltert, um aus deren Blut ein Verjüngungsserum zu erzeugen. | |
| Der Direktor des AJC Berlin, Remko Leemhuis, warnt davor, die | |
| Anhänger:innen solcher Mythen zu unterschätzen: „Wegen dieser wirklich | |
| abstrusen Vorstellungen werden Verschwörungsgläubige oft belächelt. Dabei | |
| darf man nicht vergessen, dass die Attentäter von Halle und Hanau wie auch | |
| der Mörder von Walter Lübcke Verschwörungstheorien angehangen haben, die | |
| teils auch auf den sogenannten Hygiene-Demos geäußert wurden.“ | |
| Für Daniel Poensgen ist QAnon außerdem ein Beispiel dafür, wie schnell | |
| sich antisemitische Ideen im Zeitalter der sozialen Medien über | |
| Ländergrenzen hinweg verbreiteten. Die Bewegung sei zwar kein | |
| Massenphänomen – Poensgen schätzt deren Zahl hierzulande im niedrigen | |
| sechsstelligen Bereich. Mit einer breiten Vernetzung habe QAnon aber | |
| durchaus Ansätze einer sozialen Bewegung. | |
| Daran zeigt sich auch, wie anschlussfähig verschiedene, oft unverbundene | |
| und widersprüchliche Stränge einer umfassenden Verschwörungserzählung sein | |
| können. Poensgen sieht darin Parallelen zu den „Protokollen der Weisen von | |
| Zion“, ein auf Fälschungen beruhendes antisemitisches Pamphlet von Beginn | |
| des 20. Jahrhunderts, das ebenfalls aus einer Vielzahl unterschiedlicher | |
| Erzählungen einen vermeintlich übermächtigen Gegner konstruierte. | |
| Genau deshalb müssen QAnon & Co ernst genommen werden. Poensgen | |
| beobachtet, wie Fragmente der QAnon-Erzählung von „Reichsbürgern“ sowie in | |
| rechtsextremen Netzwerken und auf AfD-Veranstaltungen aufgegriffen würden, | |
| wo sie als Legitimierung eines „antiliberalen Gegenschlags“ vorgebracht | |
| werden. | |
| Remko Leemhuis vom AJC empfiehlt, beim Kampf gegen den Antisemitismus | |
| internationaler zu denken. | |
| 9 Aug 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hanno Fleckenstein | |
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