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# taz.de -- Neue Coronawelle in Afrika: „Schlimmer als alles bisher“
> Die dritte globale Coronawelle hat Afrika voll im Griff. Und während sich
> neue Virusvarianten ausbreiten, versiegen die globalen
> Impfstofflieferungen.
Bild: Massenimpfung im Kololo Stadion, Kampala, Uganda, am 31. Mai
Kapstadt taz | Die Direktorin der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für
Afrika mit Sitz in Kongo-Brazzaville, Dr. Matshidiso Moeti, ist bekannt für
bedächtige Äußerungen und lange Erfahrung. Vor über zwanzig Jahren
engagierte sie sich für Aidsmedikamente in Afrika und wurde 2015 die erste
Frau in dieser hohen WHO-Funktion.
Wenn sie Alarm schlägt, sollte das ernst genommen werden. „Das Ausmaß und
der Umfang der jetzigen dritten Coronawelle in Afrika ist schlimmer als
alles, was wir bisher erlebt haben“, [1][so Dr. Moeti]. „Derzeit haben wir
bereits eine Notsituation in den meisten Ländern Afrikas. Ohne ausreichend
Impfstoff wird es bald eine Tragödie sein.“
Die WHO-Direktorin untermauert dies mit in Europa kaum bekannten Fakten:
Die hoch ansteckende Delta-Variante von Covid-19 ist bereits in zahlreichen
Ländern auf dem Kontinent nachgewiesen worden. An der Spitze steht dabei
Uganda mit 97 Prozent der Neuinfektionen, gefolgt von Ländern wie Kongo mit
79 Prozent. In Südafrika liegen genaue Angaben noch nicht vor, Schätzungen
gehen von mehr als 70 Prozent aus.
Am [2][Beispiel Uganda] wird deutlich, dass ein Land mit etwa 40 Millionen
Einwohnern in Kürze auch mit Lockdownregeln nicht mehr zu retten sein wird:
An Impfstoff standen seit März nur knapp 1 Million via [3][Covax]
gelieferte AstraZeneca-Dosen zur Verfügung. Die hoffnungsvoll ausgerufene
„Massenimpfung“ musste am 8. Juni abgebrochen werden, weil schlicht alles
„verimpft“ war und seitdem auf Spenden aus China gehofft wird. Kaum jemand
in Uganda hat die nötige zweite Impfung. [4][Die Regierung droht nun] mit
mehrmonatigen Haftstrafen für Menschen, die die neuen Lockdownregeln
brechen.
An die offizielle Todeszahl von knapp 2.000 an Covid-19 Verstorbenen in
Uganda glaubt kaum jemand. Selbst Gesundheitsministerin Jane Ruth Aceng
geht davon aus, dass die Situation „bald außer Kontrolle geraten wird“. Von
der publikumswirksam im Juni angekündigten Spende der G7-Nationen von einer
Milliarde Impfdosen an arme Länder hat sie bisher nichts Konkretes in
Erfahrung bringen können.
Und genau hier liegt der fatale Irrtum der Regierungen reicher Länder: Die
globale Coronapandemie lässt sich nicht mit Nationalegoismus und ein
bisschen Wohltätigkeit für die Armen bekämpfen. Auch die wohlhabenden
Nationen werden in wenigen Monaten merken, dass zuerst an sich zu denken
und immer mehr zu horten nicht vor der größten Gefahr von Covid-19 schützen
wird – der Entstehung und Ausbreitung immer neuer Mutationen zuerst dort,
wo nur unzureichend Vorsorge geleistet wurde und wo dann auch noch so viele
gehortete Impfstoffe anderswo nicht mehr helfen werden.
Dass auch der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn meint, mit
einer Bestellung von 200 Millionen Impfdosen für 2022 vorsorgen zu können,
während in anderen Ländern der Welt genau dieser Impfstoff jetzt sofort
gebraucht wird, ist ein Beispiel dieser Haltung.
## Zwei Drittel aller Impfungen weltweit in nur 10 Ländern
Bisher wurden gut [5][zwei Drittel aller Impfdosen weltweit in nur zehn
Ländern] verabreicht: China, Indien, USA, Brasilien, Großbritannien,
Deutschland, Frankreich, Italien, Türkei, Mexiko. An erster Stelle steht
inzwischen Nordamerika mit etwa 65 Prozent geimpfter Menschen, gefolgt von
Europa mit etwa 55 Prozent, dann Südamerika mit 33 Prozent, Asien außerhalb
Chinas mit 28 Prozent – und als absolutes Schlusslicht Afrika mit knapp 3
Prozent.
In einigen Medien erhielt immerhin Südafrika Aufmerksamkeit, wo seit einer
Woche ein erneut strenger Lockdown herrscht – mit abendlicher
Ausgangssperre, Alkoholverbot, Schließung von Restaurants und Bars und nun
auch wieder aller Schulen. Bislang ohne Erfolg. Die täglichen
Neuinfektionen nehmen weiter zu und sind mit inzwischen über 26.000 höher
als je zuvor. Von den mehr als 140.000 offiziell registrierten Coronatoten
Afrikas sind mehr als 61.500 in Südafrika nachgewiesen – die tatsächlichen
Zahlen schätzen Expert*innen doppelt so hoch.
Auch hier ist nötiger Impfstoff der Schlüssel: Bislang werden in Südafrika
täglich nicht mehr als 100.000 Impfdosen verabreicht. „Wenn wir ausreichend
Impfstoff hätten, könnten wir von der Logistik her gut 300.000 Dosen
verabreichen“, [6][erklärte Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa]. Und auch
hier wird nun China zum mutmaßlichen Hoffnungsträger: Die südafrikanische
Medizinkontrollbehörde Sahpra machte am Wochenende den Weg frei zur
uneingeschränkten Bestellung des Impfstoffes Sinovac.
5 Jul 2021
## LINKS
[1] https://news.un.org/fr/story/2021/07/1099422
[2] https://www.worldometers.info/coronavirus/country/uganda/
[3] https://www.who.int/initiatives/act-accelerator/covax
[4] https://www.voanews.com/covid-19-pandemic/ugandans-face-2-months-imprisonme…
[5] https://ourworldindata.org/covid-vaccinations
[6] https://www.youtube.com/watch?v=72LoJSei46Y
## AUTOREN
Lutz van Dijk
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