# taz.de -- Goldene Palme in Cannes: Julia Ducournau räumt ab | |
> Für den Film „Titane“ gewinnt die Französin als zweite Frau überhaupt … | |
> den Hauptpreis. Ihr Werk sieht die Regisseurin als feministischen | |
> Beitrag. | |
Bild: Julia Ducournau erhielt für „Titane“ die Goldene Palme | |
Paris taz | Spike Lee war so begeistert, dass er das ganze Protokoll | |
durcheinanderbrachte: Gleich zu Beginn der Zeremonie [1][wollte der | |
Jurypräsident] die Preisträgerin der Goldenen Palme verkünden. Dabei sollte | |
der Name von Julia Ducournau erst nach den anderen Auszeichnungen zum | |
Schluss des Abends fallen. Die 37-jährige Französin gewann als zweite Frau | |
nach Jane Campion 1993 die begehrte Filmtrophäe in Cannes für „Titane“. | |
Während der Film „Das Piano“ [2][der Neuseeländerin Campion] leise, | |
poetische Töne anschlug, ist das Fantasydrama von Ducournau gespickt mit | |
rohen, gewalttätigen Szenen. Der Film schockt und passt so gar nicht in das | |
Raster der bisherigen Cannes-Preisträger. Erzählt wird die Geschichte einer | |
Serienmörderin. Nach einem Autounfall bekommt die Hauptfigur Alexia eine | |
Titanplatte ins Gehirn implantiert – und ist danach Autos bis zum Orgasmus | |
hin verbunden. | |
Ducournau versteht ihren Beitrag als feministischen Film. „Es ist kein | |
militantes Werk, aber eines, das meine Art von Feminismus spiegelt, mein | |
Aufbegehren dagegen, dass es für eine Frau angstbesetzt ist, das Haus zu | |
verlassen“, [3][sagte die blonde Frau mit einer Vorliebe für dicke Ringe | |
und schwarze Lederjacken jetzt der Zeitung Le Parisien.] „Dieses | |
Aufbegehren liegt in meiner DNA.“ | |
Bereits ihre Mutter, eine Gynäkologin, trichterte der Tochter ein, dass es | |
hart sei, eine Frau zu sein. Da auch ihr Vater Arzt war, ging es am | |
Familientisch häufig um die Patienten und ihre Krankheiten. Anatomiebücher | |
begleiteten die Kindheit Ducournaus, die jetzt in ihrer an David Cronenberg | |
erinnernden Arbeit den menschlichen Körper in den Vordergrund stellt. | |
## Die Jury lässt die Monster rein | |
„Das Fleisch wird übel zugerichtet, verbrannt, vergewaltigt, verschlungen, | |
abgetrieben“, schreibt die Zeitschrift Paris Match zu den Filmen der jungen | |
Regisseurin, die nach einem Literatur- und Sprachenstudium die renommierte | |
Pariser Filmschule Fémis absolvierte. Schon Ducournaus erster Cannes-Film, | |
„Raw“, vor fünf Jahren schockierte das Publikum: Die Geschichte einer | |
jungen Frau, die zur Kannibalin wird, ließ mit ihren brutalen Szenen einige | |
Zuschauerinnen und Zuschauer ohnmächtig werden. | |
Wer allerdings erwartet hatte, dass Julia Ducournau auch bei der | |
Preisverleihung in Cannes aus dem Rahmen fallen werde, wurde enttäuscht. | |
Die Filmemacherin brach im Festivalpalast ganz klassisch in Tränen aus, als | |
sie ihren Namen hörte. Im schlichten schwarzen Abendkleid nahm sie dann die | |
goldene Palme aus den Händen der US-Schauspielerin Sharon Stone entgegen. | |
Als Kind habe sie bereits die Preisverleihung in Cannes im Fernsehen | |
verfolgt, gestand Ducournau in ihrer kurzen Rede. Damals habe sie gedacht, | |
dass die ausgezeichneten Filme perfekt sein müssen. „Jetzt bin ich an der | |
Reihe und weiß, dass meiner nicht perfekt ist.“ Dennoch danke sie der Jury, | |
dass sie mit dem Preis anerkenne, dass die Welt mehr Diversität brauche. | |
„Und merci, dass die Jury in Cannes die Monster hereinlässt.“ | |
18 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Portrait-Spike-Lee/!5076543 | |
[2] /!1718813/ | |
[3] https://www.leparisien.fr/culture-loisirs/cinema/festival-de-cannes-titane-… | |
## AUTOREN | |
Christine Longin | |
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