| # taz.de -- Konferenz der Landesminister: Innenminister für mehr Überwachung | |
| > Sicherheitsbehörden sehen eine Radikalisierung in der linken Szene. Der | |
| > Verfassungsschutz warnt vor autonomen Kleingruppen. | |
| Bild: Auseinandersetzungen zwischen Autonomen und der Polizei in Leipzig-Connew… | |
| Den Innenministern ist die Sache ernst. Bundesweit seien | |
| „Radikalisierungstendenzen in der linksextremistischen Szene erkennbar“, | |
| heißt es in einer Beschlussvorlage. Es gebe „klandestin agierende | |
| Strukturen“ und eine „im Extremfall mögliche Entwicklung hin zum | |
| Terrorismus“. Deshalb brauche es eine genaue Beobachtung. | |
| Die Beschlussvorlage soll auf der halbjährlichen Innenministerkonferenz | |
| verabschiedet werden, die am Mittwochabend in Rust (Baden-Württemberg) | |
| begonnen hat. [1][Das Thema Linksextremismus ist dort einer der | |
| Schwerpunkte.] Und die Barrikaden, die am selben Tag vor dem autonomen | |
| Berliner Hausprojekt in der Rigaer Straße 94 brannten, dürften die Minister | |
| bestärken. | |
| Schon tags zuvor hatten Bundesinnenminister Seehofer (CSU) und | |
| Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bei der Vorstellung des neuen | |
| Verfassungsschutzberichts vor einer Radikalisierung der linken Szene | |
| gewarnt. Diese agiere „zunehmend aggressiv und enthemmt“, Kleingruppen | |
| würden sich abschotten und schwerste Übergriffe auf Neonazis und | |
| PolizistInnen begehen. | |
| ## Eine Brandserie in rechten Szeneobjekten | |
| Insgesamt zählt der Verfassungsschutz 34.300 Linksextreme im Land, 800 mehr | |
| als im Vorjahr, etwa durch den starken Zuwachs der „Roten Hilfe“. 9.600 | |
| hält er für gewaltorientiert. Die Zahl der als links eingestuften | |
| Straftaten stieg leicht auf 6.632 Delikte. Darunter waren 1.237 | |
| Gewalttaten, inklusive fünf versuchter Tötungsdelikte – hier ein deutlicher | |
| Anstieg von 34 Prozent zum Vorjahr. | |
| Als Hotspots militanter Linke werden Berlin, Hamburg und Leipzig | |
| ausgemacht. Gerade letztere Stadt stand zuletzt im Fokus: Hier wurden | |
| Polizeiwachen attackiert, brannten Baufahrzeuge und Baukräne, wurde eine | |
| Immobilienmaklerin zu Hause aufgesucht und ins Gesicht geschlagen. | |
| Inzwischen ermittelt hier auch die Bundesanwaltschaft und ließ im Oktober | |
| 2020 die 26-jährige Leipzigerin Lina E. festnehmen. Ihr wird vorgeworfen, | |
| mit einer Antifa-Gruppe mehrere Rechtsextreme angegriffen zu haben, im | |
| Spätsommer soll der Prozess beginnen. | |
| Zuletzt sorgten auch zwei Attacken auf Neonazis in Eisenach und Eilenburg | |
| für Aufsehen. Hier hatten sich Unbekannte als Polizisten ausgegeben und die | |
| Opfer zu Hause mit Hämmern überfallen. Haldenwang wies auch auf eine | |
| Brandserie an rechtsextremen Szeneobjekten in Thüringen und an militante | |
| Aktionen im Dannenröder Forst hin, wo ein Aktivist angeblich absichtlich | |
| Baumstämme auf zwei Polizisten zum Absturz brachte. | |
| ## Kommt jetzt Welle der Repressionen? | |
| Einige Verfassungsschützer sehen manche konspirative autonome Kleingruppen | |
| inzwischen auf einer Vorstufe zum Terrorismus: Bei ihren Aktionen würden | |
| sie Todesfälle in Kauf nehmen. Der Szenekonsens, keine schwere Gewalt gegen | |
| Personen zu verüben, auch weil dies nicht vermittelbar sei, erodiere. Die | |
| Angriffe würden „zunehmend gewalttätiger, persönlicher und | |
| professioneller“. | |
| Die Innenminister wollen nun vor allem militante Rädelsführer in der linken | |
| Szene identifizieren. Dass der Verfassungsschutz zuletzt eine | |
| länderübergreifende Arbeitsgruppe unter Federführung Hamburgs einrichtet, | |
| um die Szene genauer auszuleuchten, wird dort begrüßt. Haldenwang | |
| appellierte: „Niemand darf linksextremistische Gewalt verklären.“ [2][In | |
| der Szene sieht man dagegen bereits eine breite Überwachungs- und | |
| Repressionswelle anrollen.] | |
| 16 Jun 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Anonymitaet-von-Aktivistinnen/!5776998 | |
| [2] /G20-Prozess-in-Hamburg/!5731316 | |
| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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