# taz.de -- Nach Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Viele Optionen für die CDU | |
> Jamaika, Kenia, Deutschland: Nach der Wahl stehen diverse | |
> Koalitionsmöglichkeiten offen. Auf welche Partner wird sich die CDU | |
> einlassen? | |
Bild: Ministerpräsident Haseloff, hier mit Ehefrau, hat Koalitionsoptionen | |
Dresden taz | Selbstverständlich wurde der bisherige und designierte neue | |
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) [1][am Wahlabend] auch nach seinen | |
Koalitionspräferenzen gefragt. Ebenso erwartbar wich er in der | |
MDR-„Elefantenrunde“ einer Antwort aus. Anders als 2016 ist der Wahlsieger | |
aber auch in der komfortablen Lage, sich zwischen mehreren Optionen | |
entscheiden zu können. Damals war „Kenia“ die alternativlose | |
Koalitionsmöglichkeit, wollte man in der CDU mit einer offenen AfD-Allianz | |
nicht einen beispiellosen Tabubruch riskieren. | |
Im Wahlkampf hatte die siegesgewisse AfD die CDU noch zum Hauptgegner | |
erklärt, von dem anfangs ein großer Teil ihrer Klientel übergelaufen war. | |
Nachdem das Wahlergebnis signalisierte, dass die AfD in Sachsen-Anhalt an | |
ihre Grenze gekommen ist, halluzinierte ihr Bundesvorsitzender Tino | |
Chrupalla plötzlich vom Zusammengehen mit der einzig verbliebenen | |
Volkspartei. | |
Auch Spitzenkandidat Oliver Kirchner, bislang Fraktionsvorsitzender im | |
Landtag, entdeckte am Wahlabend plötzlich wieder die Vorzüge der Union – | |
und bot sich an: „Sachsen-Anhalt hat mehrheitlich konservativ gewählt.“ | |
Haseloff aber würde einen Teufel tun, sein Wort zu brechen und auf die | |
durchsichtigen Anbiederungsversuche der AfD einzugehen. AfD-Sympathisanten | |
in der Union können nun kaum mit der stabilisierenden Wirkung jener Allianz | |
argumentieren oder Druck ausüben. Seit dem Wahltag ist auch keine | |
CDU-Stimme laut geworden, die das gefordert hätte. Auch eine Rücksichtnahme | |
auf die ungeliebten Grünen muss in den anstehenden Regierungsjahren nicht | |
zwingend erforderlich sein. | |
## Ein „koalitionspolitisches Labor“ | |
Nur aus früheren Äußerungen des Ministerpräsidenten kann man schließen, | |
dass er einer Fortsetzung des Bündnisses mit SPD und Grünen aufgeschlossen | |
gegenübersteht. Seine Äußerung am Wahlabend, in einer so diversen | |
Volkspartei wie der Union gebe es ebenso ökologische Strömungen, kann man | |
aber auch in gegenteiliger Weise interpretieren. | |
Der ehemalige Landtagspräsident Detlef Gürth, mittlerweile dienstältester | |
Abgeordneter, hatte schon einige Tage vor der Wahl seine CDU vor einem | |
erneuten Zusammengehen mit [2][den Grünen] gewarnt. Als Vertreterin | |
konservativer Bauerninteressen hat die Partei jedenfalls durchblicken | |
lassen, dass sie das Agrarministerium keinesfalls erneut den Grünen | |
überlassen wolle. Die aber wollen weiter mitregieren, vorrangig dem | |
Klimaschutz zuliebe. So hat es ihre Spitzenkandidatin und bisherige | |
Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann angemeldet. | |
Statt bislang zwei Mandate hätte eine neue Kenia-Koalition nunmehr einen | |
Vorsprung von sieben Stimmen. Der Landtag ist durch Ausgleichs- und | |
Überhangmandate auf 97 Mitglieder angewachsen: Die CDU gewann 40 der 41 | |
Wahlkreise und eroberte elf AfD-Direktmandate zurück. | |
Die einfache Mehrheit von 49 Stimmen würde damit auch denkbar knapp eine | |
CDU-SPD-Koalition erreichen, die man wegen der auf 8,4 Prozent | |
geschrumpften SPD schon lange keine „Große“ mehr nennen dürfte. | |
## Haseloff wird mit Parteien sprechen | |
Offen gespielt hat mit dieser Minimalvariante am Wahlabend noch niemand. | |
Weit häufiger wurde die schwarz-rot-gelbe sogenannte Deutschlandkoalition | |
ins Gespräch gebracht. Mit einem Bündnis von CDU, SPD und FDP würde sich | |
Sachsen-Anhalt erneut als „koalitionspolitisches Labor“ erweisen, wie aus | |
der Politikwissenschaft zu hören war. | |
Auf Länder- oder Bundesebene wäre dies die erste derartige Koalition, und | |
nur in der Weimarer Republik gibt es vergleichbare Beispiele. | |
FDP-Spitzenkandidatin Lydia Hüskens meldete noch keine Mitregierungswünsche | |
an. | |
Mit einer Acht-Stimmen-Mehrheit ebenfalls denkbar wäre ein Jamaika-Bündnis | |
von CDU, FDP und Grünen. Doch weder Gelb noch Grün haben aufgrund | |
inhaltlicher Differenzen daran ein Interesse. Fest steht nur die gestärkte | |
Dominanz der CDU: Haseloff hat am Montag Gespräche mit SPD, FDP und Grünen | |
angekündigt. Die Linke als drittstärkste Partei gilt ihm weiterhin als | |
nicht mittig genug. | |
8 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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