# taz.de -- Reformen in katholischer Kirche: Vatikan verschärft Kirchenrecht | |
> Papst Franziskus reformiert das vatikanische Strafrecht und schafft | |
> klarere Regeln – etwa beim Thema sexualisierter Gewalt und kirchlichem | |
> Vermögen. | |
Bild: Der päpstliche Rat hat am Dienstag die Gesetzesänderung des Strafrechts… | |
ROM taz | Die katholische Kirche will aus ihrem Strafrecht künftig ein | |
scharfes Schwert machen. Sexualisierte Gewalt etwa soll nicht mehr als ein | |
Zölibatsverstoß, sondern als eine Straftat „gegen Leben, Würde und Freiheit | |
des Menschen“ behandelt werden. Das geht aus einer Änderung des kirchlichen | |
Gesetzbuches (Codex Iuris Canonici, kurz CIC) hervor, die am Dienstag | |
veröffentlicht wurde. | |
Kirchliche Richter*innen sollen demnach nicht nur Übergriffe auf | |
Minderjährige, sondern auch auf Erwachsene bestrafen können. Nicht mehr nur | |
Vergehen von Priestern, sondern von allen kirchlichen Vertreter*innen | |
und grundsätzlich allen Gläubigen sollen zukünftig auch kirchlich, das | |
heißt mit Geldstrafen, dem Entzug von Gehaltsansprüchen oder | |
Exkommunikation bestraft werden. Anders als von Opferverbänden erhofft, | |
verzichtet der Vatikan aber auf eine Ausdifferenzierung der Straftaten, | |
sondern spricht allgemein von Vergehen gegen das sechste der Zehn Gebote: | |
den Ehebruch. | |
Verstöße gegen die bestehende Anzeige- und Meldepflicht von Vergehen werden | |
in Zukunft allerdings als eigene Straftat gewertet. Somit beschneidet die | |
Gesetzesänderung Bischöfe und andere Führungspersönlichkeiten weitgehend in | |
ihrem eigenen Ermessensspielraum, infolge dessen Vergehen in der | |
Vergangenheit immer wieder vertuscht wurden. Erst am vergangenen Freitag | |
hatte [1][der Papst zwei „apostolische Visitatoren“ nach Köln geschickt], | |
um den Umgang des dortigen Erzbischofs Rainer Woelki mit Fällen | |
sexualisierter Gewalt in seinem Bistum zu überprüfen. | |
Bei der Reform des Kirchenrechts hat der Vatikan zudem finanzielle Vergehen | |
wie Korruption genauer definiert und eine stärkere Ahndung verankert. Ein | |
fahrlässiger Umgang mit kirchlichem Vermögen, wie er in Deutschland in den | |
Bistümern Limburg und Eichstätt öffentlich wurde, ist in Zukunft mit | |
Strafen und einer Wiedergutmachung verbunden. Neu ist aber auch, dass das | |
Rechtsprinzip der Unschuldsvermutung einen Platz im Kirchenrecht findet. | |
Das reformierte Kirchenrecht könnte Reformer*innen aber auch aufstoßen: | |
So wurden zum Beispiel die Weihe von Frauen zu Priesterinnen – [2][eine | |
zentrale Forderung der katholischen Reformbewegung Maria 2.0] – sowie die | |
Spendung von Sakramenten an Menschen, denen der Empfang kirchlich verboten | |
ist, als Straftat in den CIC übernommen. Dies betrifft etwa geschiedene, | |
wiederverheiratete Katholik*innen oder solche, die in einer | |
gleichgeschlechtlichen Beziehung leben. Dass Rom homosexuelle Beziehungen | |
nicht kirchlich anerkennen will, führte kürzlich zu einer deutschlandweiten | |
Protestaktion unter dem Titel #liebegewinnt, an der sich über 100 | |
katholische Gemeinden beteiligten. | |
Die Bearbeitung von gut zwei Dritteln des CIC stellt die erste größere | |
Reform des Gesetzbuches seit 1983 dar und dauerte zwölf Jahre. Am 8. | |
Dezember 2021 soll das neue Recht in Kraft treten. | |
1 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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