| # taz.de -- Erderhitzung in Guatemala: Wo der Klimawandel begonnen hat | |
| > Dürren und Stürme zerstören in Guatemala die Ernte von Rotilia García | |
| > Pérez. Zudem werden die Maya, zu denen sie gehört, rassistisch | |
| > ausgegrenzt. | |
| Bild: Unter dem Nebel beginnt Honduras. Seit Jahrhunderten leben hier viele Maya | |
| Tansha taz | Bei Rotilia García Pérez geht es gerecht zu. Alle bekommen das | |
| gleiche: Die sechs Kinder, sechs Enkelkinder, Hunde, Katzen, Hühner und das | |
| Schwein. Kurz nach Sonnenaufgang hat die 43-Jährige damit begonnen, eine | |
| große Schüssel gekochter Maiskörner durch den Fleischwolf zu drehen und den | |
| klebrigen Brei dann auf einem Mahlstein zu feinem Mus zu zerdrücken. Jetzt | |
| klatscht die zierliche Frau mit dem pechschwarzen Haar kleine Teigportionen | |
| zwischen ihren Handflächen platt und legt die untertassengroßen Fladen auf | |
| ein Blech über dem offenen Feuer ihres selbst gebauten Ofens. Bald weht der | |
| süßliche Duft der ersten braungebrannten Tortillas aus dem Holzverschlag. | |
| Dann wird die Mahlzeit verteilt: Ausgemergelte Hunde wetzen mit ihrer | |
| Beute aus dem Schuppen und verschlingen sie gierig hinter einer Ecke des | |
| aus Erde und Pflanzenfasern gebauten Hauses der Familie. Das Schwein | |
| schmatzt vor sich hin, die Hühner picken auf, was übrigbleibt. Auch die | |
| Kinder greifen zu, streuen eine Prise Salz über die Tortillas und spülen | |
| sie mit verdünntem Kaffee hinunter. Zum Mittag- und Abendessen kommt das | |
| gleiche auf den Teller. Manchmal gibt es noch Bohnen dazu. | |
| Die Familie von Rotilia García Pérez lebt in Tansha, einem kleinen Bergdorf | |
| ganz im Osten Guatemalas. Hinter der Hügelkette in Sichtweite ihres Hauses | |
| beginnt schon Honduras. In Regionen wie dieser haben 70 bis 90 Prozent der | |
| Kinder volle Bäuche und sind trotzdem chronisch mangelernährt. Landesweit | |
| ist im Schnitt jedes zweite Kind betroffen. Nur wenige Staaten weltweit | |
| weisen [1][ähnlich dramatische Zahlen auf], darunter Niger, Osttimor und | |
| der Jemen. | |
| Dass die Mehrheit der guatemaltekischen Bevölkerung in Armut lebt, liegt an | |
| der ungleichen Verteilung im Land. Unternehmer, Politiker, Militärs und | |
| Kriminelle nutzen Macht und Einfluss vor allem zur persönlichen | |
| Bereicherung. | |
| Ende 2020 etwa plante die Regierung des rechts-konservativen | |
| Staatspräsidenten Alejandro Giammattei Kürzungen bei den Ausgaben für | |
| Lebensmittelhilfen für bedürftige Bürger. Gleichzeitig sollten die Bezüge | |
| von Politikern steigen. Nach [2][gewaltsamen Massenprotesten] ruderte | |
| Giammattei zurück. Zum Amtsantritt hatte er noch versprochen, [3][die | |
| Mangelernährung bekämpfen zu wollen]. | |
| Die soziale Spaltung, die in dieser kurzen Episode aufflackert, hat ihre | |
| Wurzeln in der Kolonialgeschichte von Guatemala. Vor 500 Jahre unterwarfen | |
| spanische Conquistadores die einst blühende Hochkultur der Maya. Seither | |
| wiederholt sich deren Leidensgeschichte. Oder: Sie nimmt kein Ende. Auf | |
| Ausgrenzung und Rassismus folgte im Bürgerkrieg zwischen 1960 und 1996 ein | |
| Genozid an den Maya Ixil: Todesschwadronen des Militärs massakrierten | |
| 200.000 von ihnen. Mit den Friedensverhandlungen 1996 endetet der Konflikt | |
| zwar offiziell. Die Diskriminierung aber blieb. | |
| Nach außen zelebriert Guatemala heute den [4][Stolz der ganzen Nation auf | |
| das kulturelle Erbe der Maya], deren bunte Trachten und monumentale Tempel | |
| in keiner Tourismuswerbung fehlen dürfen. Im Innern aber sieht es anders | |
| aus. Die überwiegende Mehrheit der Maya lebt abseits der großen Städte in | |
| ärmlichen Verhältnissen von dem, was der karge Boden hergibt. Selbst diese | |
| Lebensgrundlage ist ihnen jedoch nicht sicher. | |
| „Ihre Lage wird sich verschlechtern“, sagt der Klimawissenschaftler Enrique | |
| Pazos Avalos von der Universidad de San Carlos de Guatemala über all jene, | |
| die entlang des sogenannten „corredor seco“, des Trockenkorridors leben – | |
| das sind fast elf Millionen Menschen und damit rund ein Viertel aller | |
| Einwohner Mittelamerikas. Der „corredor seco“ erstreckt sich von Costa | |
| Rica, über Nicaragua, Honduras sowie El Salvador bis nach Guatemala und ist | |
| sowohl anfällig für Dürren als auch für extreme Wetterphänomene wie | |
| Hurrikans. „Klimamodelle sagen für die Region einen Temperaturanstieg, | |
| insgesamt weniger, dafür aber stärkere Regenfälle, heftige Wirbelstürme und | |
| ausgedehnte Trockenperioden voraus“, sagt Pazos Avalos der taz im | |
| Video-Interview. | |
| Rotilia García Pérez versteht nichts von Klimamodellen. Die Frau im lila | |
| Top und schwarzen Jeansrock kann weder lesen noch schreiben. Doch für das, | |
| was die Forscher prognostizieren, braucht sie keine Wissenschaft. Sie sieht | |
| es auf ihren Feldern. „Der Regen war gut im vergangenen Jahr“, sagt sie. | |
| Endlich einmal wieder. In den vier Jahren zuvor hatte es entweder zu wenig | |
| oder zum falschen Zeitpunkt geregnet. Der Mais auf den Feldern wuchs nur | |
| einen Meter hoch, ehe er vertrocknete, die Bohnen soffen ab. Im letzten | |
| Sommer keimte bei Pérez Hoffnung auf eine reiche Ernte. „Aber dann kamen | |
| die Stürme.“ | |
| Innerhalb von nur zwei Wochen [5][fegten im November die Wirbelstürme | |
| „Eta“ und „Iota“ über das Land]. Sie zerstörten fast die gesamte | |
| Bohnenernte und damit die Nahrungsvorräte für ein ganzes Jahr. Auch ein | |
| Großteil der Maispflanzen ging ein. | |
| Die Missernten der vergangenen Jahre treffen die Familien im „corredor | |
| seco“ hart. Im Frühjahr schon gehen die Vorräte zur Neige und eine wochen-, | |
| manchmal monatelange Zeit des Hungerns beginnt. Auch fehlt es ihnen an | |
| Ware, die sie auf dem Markt anbieten können. So müssen sie eigene Werkzeuge | |
| oder Tiere verkaufen, um Geld für Lebensmittel zu verdienen. Die daraus | |
| resultierende Nahrungsmittelknappheit verschärft die Mangelernährung, die | |
| insbesondere die Maya an den Rand der Gesellschaft fesselt. | |
| Pérez ist eine Maya von der Volksgruppe der Ch’ortí. Wer sie im | |
| Departemento Chiquimula besuchen will, biegt von der Landstraße bei Jocotán | |
| auf eine steile Schotterpiste ab, die sich in unzähligen Kurven auf mehr | |
| als 1.000 Höhenmeter hinaufschraubt. Pick-up-Trucks bringen bei | |
| Sonnenaufgang diejenigen ins Tal, die es sich leisten können. Die anderen | |
| laufen manchmal mehrere Stunden zur Arbeit, ausgerüstet nur mit einer | |
| Machete, dem hiesigen Universalwerkzeug. | |
| Pérez kümmert sich allein um Haus, Kinder und das kleine Stückchen Land | |
| anderthalb Stunden Fußmarsch von ihrem Wohnort entfernt. Ihr Mann erntet an | |
| sechs Tagen der Woche Bananen oder Kaffeebohnen auf Plantagen in Honduras. | |
| Manchmal bleibt er wochenlang fort. Die Arbeit auf den Farmen bringt rund | |
| 35 Quetzales am Tag, weniger als vier Euro. | |
| Trotzdem gehört ihre Familie nicht zu den ärmsten im Land. Ihr | |
| Küchenverschlag ist neu gezimmert, sie haben Zugang zu sauberem Wasser, was | |
| die Gefahr von tödlichen Durchfallerkrankungen verringert, und sie werden | |
| von dem lokalen Bauernverband ASORECH unterstützt. Der Verband schult, dank | |
| finanzieller Unterstützung des deutschen Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB), | |
| Kleinbauern in ans Klima angepasste Anbaumethoden und Hühnerzucht. Er hilft | |
| auch mit Saatgut und Dünger aus. | |
| Die Kinder vor dem Haus wirken fidel, rennen in Gummistiefeln und | |
| abgewetzten Klamotten herum oder fahren Spielzeugautos durch den Sand. | |
| Mangelernährt seien ihre Kinder nicht, versichert Pérez. Die Daten aus der | |
| Krankenstation auf der anderen Straßenseite sagen etwas anderes. | |
| Chronische Mangelernährung zeigt sich, anders als die akute Unterernährung, | |
| nicht in dürren Körpern. Das gibt es in Guatemala auch, aber seltener. Die | |
| meisten Kinder leiden keinen Hunger, deshalb merken sie nicht, was ihnen | |
| fehlt. Wer in den ersten Lebensjahren zu wenig Proteine, Vitamine, Fette | |
| oder Mineralien aufnimmt, hat ein Leben lang mit den Folgen zu kämpfen. | |
| Mangelernährung beeinflusst nicht nur das Wachstum, sondern auch die | |
| geistige Entwicklung, wenn dem Körper in entscheidenden Lebensphasen | |
| Nährstoffe etwa für die Hirnentwicklung fehlen. | |
| In Tansha gibt es nur eine Grundschule. Der Bildungsweg endet hier in der | |
| Regel nach der sechsten Klasse. Die weiteren Ziele: in sehr jungen Jahren | |
| eine Familie gründen und, wenn möglich, ein eigenes Stück Land | |
| bewirtschaften. Doch soweit schaffen es nicht alle. Mangelernährte Kinder | |
| bilden kein widerstandsfähiges Immunsystem auf. Jeder Infekt kann tödlich | |
| enden. | |
| Vergangenes Jahr starben nach Regierungsangaben landesweit 50 Kinder unter | |
| fünf Jahren an Unterernährung. Ausgerechnet im schwierigen Coronajahr hätte | |
| sich damit die Zahl der toten Kinder mehr als halbiert. Tatsächlich ist | |
| anzunehmen, dass [6][zahlreiche Todesfälle] nicht in die offizielle | |
| Statistik eingeflossen sind. Denn das Problem ist 2020 nach Ansicht von | |
| Experten eher größer geworden, nicht kleiner. | |
| „In Tansha haben wir normalerweise einen Fall von akuter Mangelernährung | |
| pro Jahr“, sagt Krankenpfleger José Vidal Ramírez, der in der | |
| Krankenstation des Dorfes jeden Monat Gewicht und Körpergröße aller Kinder | |
| kontrolliert. „Im vergangenen Jahr waren es vier.“ Die Gründe sieht der | |
| 24-Jährige in den strikten Corona-Ausgangsbeschränkungen, die verhinderten, | |
| dass Familien Geld verdienen oder Lebensmittel einkaufen konnten. Verstärkt | |
| werden die Gesundheitsprobleme der Kinder durch eine Zunahme gefährlicher | |
| Durchfallerkrankungen, weil seit 2019 keine Medikamente gegen | |
| Parasitenbefall die Region erreicht haben. Vidal zahlt die sonst von der | |
| Regierung finanzierte Medizin deshalb manchmal aus der eigenen Tasche. | |
| Seinen Aufzeichnungen zufolge zeigen die meisten Kinder Anzeichen von | |
| verzögertem Wachstum – sogenanntes Stunting. Bei Edas Elieser, dem | |
| zweieinhalbjährigen Enkel von Rotilia García Pérez, flacht die | |
| Wachstumskurve in den Unterlagen ab dem 13. Lebensmonat ab. Statt der für | |
| sein Alter üblichen 90 cm ist er nur 84 cm groß. Das klingt nicht nach | |
| viel, aber es ist unwahrscheinlich, dass er den Rückstand jemals wieder | |
| aufholt. | |
| „Ist ein Kind in den ersten fünf Lebensjahren chronisch unterernährt, sind | |
| die Schäden irreversibel“, erklärt Ernährungswissenschaftlerin Kimberly | |
| Corado. Doch die Probleme beginnen schon früher – im Mutterleib. „Dieser | |
| Kreislauf lässt sich nur durchbrechen, wenn die Frauen in der | |
| Schwangerschaft ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden“, sagt sie. Auf | |
| dem Land sind viele der oft sehr jungen Mütter seit der eigenen Kindheit | |
| selbst unterernährt und leiden unter anderem an Eisenmangel, der das | |
| Sterberisiko für Mutter und Kind bei der Geburt erhöht. Ihr Nachwuchs kommt | |
| häufig mit Untergewicht auf die Welt und ist anfälliger für Krankheiten. | |
| Mit den drohenden Klimaveränderungen könnte es noch schlimmer werden. Dabei | |
| ist der „corredor seco“ eigentlich keine Wüste. Auch wenn die Temperaturen | |
| auf mehr als 40 Grad Celsius steigen können, kleidet der tropische | |
| Trockenwald aus Kiefern, Bananenbäumen und Palmengewächsen die Hügel rund | |
| um Tansha in dezentes Grün. Nur dort, wo Wälder brandgerodet wurden, | |
| klaffen braune Brachen. Noch ist Guatemala zu einem Drittel von Wald | |
| bedeckt. In den vergangenen 30 Jahren ist die Fläche allerdings um ein | |
| Viertel zurückgegangen. Schuld daran sind nicht die Kleinbauern im | |
| „corredor seco“, sondern die Abholzung des tropischen Regenwalds im Norden | |
| des Landes. | |
| „Ohne Bäume keine Feuchtigkeit“, bringt Klimawissenschaftler Pazos Avalos | |
| das Problem auf den Punkt. Wenn schattenspendende Bäume fehlen, kann der | |
| Boden die Feuchtigkeit nicht halten. Der prognostizierte Temperaturanstieg | |
| würde die Verdunstung sogar noch verstärken. Fällt dann auch noch weniger | |
| Regen, dörren die Böden aus und können bei heftigen Niederschlägen kein | |
| Wasser mehr aufnehmen. Überschwemmungen drohen und die Gefahr von | |
| Erdrutschen steigt. Pazos Avalos glaubt indes nicht, dass das Schicksal des | |
| Landstrichs schon besiegelt ist. Doch um es zu retten, müsste die Regierung | |
| handeln – und damit rechnet hier niemand. Zu lange schon ignoriert die | |
| Politik die mehrheitlich von den Maya bewohnten Bergregionen. | |
| In Tansha hat der Bauernverband ASORECH ein Programm zur Wiederaufforstung | |
| gestartet, bei dem die Dorfgemeinschaft die Hilfen in Höhe von rund 60 Euro | |
| jährlich nur behalten darf, wenn der Wald unberührt bleibt. Auf den Hängen, | |
| die zu den benachbarten Gemeinden hören, lodern derweil Feuer, um neue | |
| Ackerflächen zu erschließen. | |
| Wie eine mögliche Zukunft im „corredor seco“ aussehen kann, zeigt sich ein | |
| Tal weiter in Tontoles, einem steil am Hang klebenden Dorf, in dem 89 | |
| Familien leben. Mercedes Olivio Hernández Amador führt mit Strohhut und in | |
| Gummistiefeln stolz durch seinen prächtigen Gemüsegarten. Der 48-Jährige | |
| stapft vorbei an Tomaten, Zwiebeln, Aloe Vera, Kaffee sowie Chilis und | |
| streicht im Vorbeigehen sanft über einen kniehohen Rosmarinstrauch. Die | |
| Vielfalt ist möglich, weil Don Mercedes Regenwasser in einem großen Bassin | |
| auffängt und mit einer einfachen, handbetriebenen Pumpe und einem | |
| weitverzweigten Netz aus weißen Plastikrohren jede Ecke seines Gartens | |
| bewässern kann. In dem Becken schwimmen neben einem toten Skorpion auch | |
| Fische, die die Mückenlarven im Wasser fressen und so die Gefahr von | |
| Krankheiten wie Dengue-Fieber reduzieren. Hilfe beim Bau der | |
| Bewässerungsanlage bekam er von ASORECH. Der Verband hat auch den Aufbau | |
| einer Saatbank unterstützt, in der Mais und Bohnen für die Aussaat in der | |
| kommenden Saison sowie als Nahrungsmittelvorrat lagern. Don Mercedes ist | |
| ihr Präsident. | |
| Einen kurzen Fußmarsch von seinem mit Palmenblättern bedeckten Haus | |
| entfernt heben Don Mercedes und eine Handvoll Männer unter der gleißenden | |
| Sonne mit Spitzhacken einen Graben aus. Wenn es regnet, soll die Rinne | |
| überschüssiges Wasser zurückhalten, das sonst für die Bewässerung des | |
| Feldes verloren wäre. | |
| Der Acker gehört Don Gonzalo, dem langjährigen Präsidenten des | |
| Gemeinderates, aber die Dorfgemeinschaft darf hier die neue Anbaumethode | |
| testen. Eine Woche haben sie dafür das Plateau von Bäumen und Sträuchern | |
| befreit. „Der Klimawandel fügt uns großen Schaden zu“, sagt der 42-Jähri… | |
| dem die Schweißperlen auf der Oberlippe stehen. „Aber wir sind uns bewusst, | |
| dass wir Menschen dafür mitverantwortlich sind.“ | |
| Don Gonzalo selbst hatte eigentlich schon aufgegeben. 2010 versuchte der | |
| Familienvater mit Hilfe eines „Koyoten“, so nennen sie die Schlepper, über | |
| Mexiko [7][in die USA zu gelangen]. Zehntausende taten es ihm seither in | |
| Flüchtlingskarawanen gleich. Er schaffte den Grenzübertritt, wurde aber | |
| kurz darauf in der Wüste aufgegriffen und deportiert. 5.000 Quetzales – | |
| mehr als 500 Euro – hat ihn der erfolglose Versuch gekostet. Im Erfolgsfall | |
| wäre es sechsmal so viel gewesen. | |
| „Kommt nicht“, hatte US-Vizepräsidentin Kamala Harris erst am Montag bei | |
| ihrem ersten Staatsbesuch in Guatemala gesagt. [8][Illegale Einwanderer | |
| würden an den Grenzen zu den USA zurückgewiesen]. Harris versprach bei dem | |
| Treffen mit Präsident Alejandro Giammattei, Fluchtursachen zu bekämpfen und | |
| Lösungen für „seit Langem bestehende Probleme“ zu finden. Giammatti | |
| leugnete in diesem Zuge, dass es Probleme mit Korruption gebe. | |
| In das Ernährungszentrum von Jocotán, das in blau-weiß getünchten Baracken | |
| vor den Toren der Stadt untergebracht ist, kommen indessen jede Woche neue | |
| Kinder. Das Zentrum bietet Platz für 15 unterernährte Kinder und ihre | |
| Mütter. „Wenn alle Fälle, die wir in den Dörfern sehen, hergebracht würde… | |
| wären wir überfüllt“, sagt Krankenpflegerin Gilma Montenegro. Dass das Team | |
| aktuell trotzdem nur vier kleine Patienten aufpäppeln muss, liegt daran, | |
| dass sich viele Familien die kilometerlange Anreise aus den Bergen nicht | |
| leisten können. Für ein eigenes Fahrzeug für Krankentransporte fehlt dem | |
| Zentrum das Geld. | |
| Die 45-jährige Montenegro hat ihre rosa Brille ins Haar geschoben und führt | |
| durch die schlichten Räumlichkeiten. Der Schlafsaal ist mit Gitterbettchen | |
| vollgestellt. Auf den Türen kleben Bilder von Zeichentrick-Prinzessinnen. | |
| Die kleine Ivania kommt aus dem Spielzimmer geflitzt. Montenegro erzählt, | |
| dass der Vierjährigen erst seit Kurzem Haare wachsen. Vitaminmangel lässt | |
| das Haar ausbleichen, akut mangelernährte Kinder verlieren ganze | |
| Haarbüschel. | |
| Auf dem Flur stillt eine Mutter gerade ihren vier Monate alten Säugling. | |
| Weil die kleine Frau selbst unterernährt ist, kam Jeison Josue mit | |
| Untergewicht auf die Welt. Heute wird er erneut entlassen. Aus Sicht der | |
| erfahrenen Krankenschwester Gilma Montenegros kein Grund für Euphorie: „Gut | |
| möglich, dass er bald wieder da ist.“ | |
| Mitarbeit: Victoria Castañeda | |
| Die Recherche wurde vom „Global Health Journalism Grant Programme for | |
| Germany“ des European Journalism Center finanziert. | |
| 14 Jun 2021 | |
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| [1] https://data.worldbank.org/indicator/SH.STA.STNT.ZS?locations=GT | |
| [2] /Protest-in-Guatemala/!5727169 | |
| [3] https://elperiodico.com.gt/nacionales/2020/01/14/giammattei-promete-combate… | |
| [4] /Bei-den-Mayas-in-Guatemala/!5709467 | |
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| [8] /100-Tage-US-Praesident-Biden/!5762954 | |
| ## AUTOREN | |
| Malte Werner | |
| José García Escobar | |
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