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# taz.de -- Filmkollektiv Generation Tochter: Clubszenen, Stunts und Schießere…
> Ein feministischer Actionfilm? Gibt es kaum. Das findet das Filmkollektiv
> Generation Tochter in Berlin unmöglich – und dreht nun selbst einen.
Bild: Vorbereitungen für Claras (Alida Stricker) ersten Raubüberfall
Weibliche Actionheldinnen sind spätestens seit der Jahrtausendwende keine
Seltenheit mehr. [1][Lara Croft] oder das vom Himmel gefallene fünfte
Element Leeloo kamen gut an – wenig Kleidung und Maschinengewehre finden
immer Zuschauer:innen. Zu feministischer Selbstermächtigung taugen die
Filme jedoch eher nicht, außer der Protagonistin sind alle Strukturen
nämlich weiterhin: männlich.
„Es gibt so viele Filme, die von Frauen handeln, es macht aber einen großen
Unterschied, wer ihre Geschichte erzählt“, sagt Mey Woelke. Die 25-Jährige
ist Gründungsmitglied von Generation Tochter, einem feministischen
Filmkollektiv, das sich für mehr weibliche Sichtbarkeit vor und hinter der
Kamera einsetzt.
Die Motivation hinter der Kollektivgründung klingt simpel. „Wir wollten
eine weibliche Sicht auf Gewalt zeigen, einen wirklich weiblichen
Actionfilm machen“, sagt Woelke, die an der Freien Universität
Filmwissenschaften studiert.
Anfangs sei Generation Tochter nur eine Idee unter Freund:innen gewesen,
die sich übers Filmemachen oder über die Freie Filmwerkstatt der FU
kennengelernt haben. Mittlerweile zählt das Kollektiv über 80 Mitglieder,
die überall in Deutschland leben.
## Das Leben im Untergrund ist auch nicht billig
Nun arbeiten alle zusammen an ihrem Actionfilm. Die Handlung der
Coming-of-Age-Story ist zu großen Teilen in Gesprächen entwickelt worden:
Die 17-jährige Clara (Alida Stricker) lebt seit Jahren im Untergrund,
zusammen mit ihrer Mutter Dagmar (Linda Sixt), die als ehemalige
RAF-Terroristin gesucht wird und das Leben der beiden durch Überfälle
finanziert.
Als ein Überfall schiefgeht und Dagmar überdies von einem korrupten
BKA-Beamten erpresst wird, sieht sich Clara in das Geschehen hineingezogen.
Die Teenagerin muss nun selbst Überfälle begehen, lernt dadurch aber auch
das freiheitliche Berliner Nachtleben und Aleyna (Bayan Layla) kennen, der
sie näherkommen möchte. Clubszenen, Stunts, Schießereien – die abgedrehten
Szenen wirken professionell und lassen nicht auf ein ursprünglich
studentisches Projekt schließen.
„Gerade einen Actionfilm zu machen, ist finanziell natürlich nicht ganz
einfach“, sagt Nicola Herrmann, bei Generation Tochter in der Position der
ausführenden Produzentin. Das Kollektiv spart, wo es kann, alle machen
unentgeltlich mit. [2][Momentan läuft die dritte Crowdfunding-Kampagne, die
den letzten Drehblock finanzieren soll.] Etwa 30.000 Euro seien in den
ersten beiden Kampagnen gesammelt worden, sagt Herrmann.
## Einen Nerv getroffen
Dass Generation Tochter so schnell wachsen würde, hat keines der Mitglieder
geahnt. Doch mit ihrem Fokus auf weibliche Strukturen scheint die Gruppe
einen Nerv getroffen zu haben. Die Geschlechterverteilung in der
Filmbranche ist dringend verbesserungswürdig. Ungefähr bei 20 Prozent liegt
der Anteil an Regisseurinnen bei deutschen Kinofilmen schon seit Jahren,
[3][in den USA bleibt er unverändert bei vier Prozent.] Dass sich mehr
Männer als Frauen fürs Filmbusiness interessieren, zählt als Argument
nicht.
„Wir sind schon seit Jahren mehr Frauen im Studiengang, trotzdem sind es
meistens die Männer, die erfolgreich werden“, sagt Theresa Bauer, die an
der Beuth Hochschule für Technik Screenbased Media studiert. Ausschließlich
aus Frauen besteht übrigens auch Generation Tochter nicht. 75 Prozent des
Kollektivs sind weiblich, zudem sind fast alle Schlüsselpositionen mit
Frauen besetzt.
Die Filmbranche ist nicht gerade für feministische Strukturen bekannt, das
stellt der #MeToo-Skandal genauso unter Beweis wie die oft immergleichen
Frauenrollen – schutzbedürftig, hübsch, nackt – in großen Produktionen.
„Auch von uns haben viele schon Erfahrung mit sexistischen Kommentaren
männlicher Kollegen gemacht“, sagt die zweite der drei ausführenden
Produzent:innen, Naomi Rösick.
## Vorurteile entkräften
Generation Tochter geht es darum, Geschlechtergrenzen zu überwinden,
Vorurteile zu entkräften. Ist dafür ein Actionfilm, der ja eher auf starke
Bilder als auf Charakterentwicklung setzt, das richtige Medium? Rösick
überlegt. „Gerade damit wollen wir ja spielen“, sagt sie dann.
Actionfiguren könnten auch eine sensible Seite haben, das werde man im
fertigen Film hoffentlich sehen. Inspiration zogen die
Drehbuchautor:innen übrigens weniger aus Actionstreifen als aus
aktuellen deutschen Produktionen wie [4][„Systemsprenger“] und [5][„Futur
Drei“].
Gemeinsames Arbeiten im Kollektiv ist den Mitgliedern wichtig, wie sie
betonen. In der Pandemie kommt das Gemeinschaftliche dabei etwas zu kurz.
Eigentlich hatte Generation Tochter Filmscreenings und Paneldiskussionen
geplant. Mit dem am 22. Mai steigenden „Generation Morgen“-Kurzfilmfestival
will das Kollektiv nun zumindest digital über Filme diskutieren. [6][Der
Zoom-Link wird vorher über die Social-Media-Kanäle des Kollektivs
verbreitet.]
„Viele von uns haben schon Kurzfilme gemacht, mit denen dann aber nichts
passiert ist“, so Herrmann. „Wir wollen diesen Filmen eine Plattform geben,
einfach mal Filme zeigen, die es schon so gibt.“ Läuft alles glatt, soll
auch der Generation-Tochter-Spielfilm noch in diesem Jahr fertiggestellt
werden. Das Kollektiv will ihn dann bei Filmfestivals einreichen und die
Geschichte rund um Clara, Dagmar und Aleyna so hoffentlich bald auf die
Leinwand bringen.
20 May 2021
## LINKS
[1] /Die-neue-Lara-Croft-aus-feministischer-Sicht/!5088227
[2] https://www.startnext.com/generationtochter
[3] /Verleihung-der-Oscars-2021/!5768652
[4] /Berlinale-Systemsprenger/!5568870
[5] /Queere-Tragikomoedie-Futur-Drei/!5712929
[6] https://www.facebook.com/events/291418549191294/?acontext=%7B%22ref%22%3A%2…
## AUTOREN
Julia Hubernagel
## TAGS
Actionfilm
Feminismus
Kollektiv
Crowdfunding
Hollywood
Film
Science-Fiction
Frauenquote
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