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# taz.de -- Russlandtag in Mecklenburg-Vorpommern: Hoch soll er leben!
> Viele Nettigkeiten, wenig Kritik: In Rostock zeigt Ministerpräsidentin
> Manuela Schwesig (SPD), wie sie sich den Umgang mit Russland vorstellt.
Bild: Manuela Schwesig (SPD) und der russische Botschafter Sergej Netschajew
Berlin taz | Susanna Masson setzt weiter auf das Russlandgeschäft. Sie ist
Geschäftsführerin eines Mittelständlers aus der Nähe von Stralsund, ihr
Unternehmen stellt Gartenmöbel her und der Export nach Russland läuft seit
13 Jahren reibungslos. „Unsere Produkte sind von den Sanktionen derzeit
nicht betroffen. Daumen hoch“, sagt sie am Mittwoch, als sie zum
Russlandtag in Rostock zugeschaltet ist. „Wir freuen uns, wenn wir den
Handel weiter ausbauen können. Ein Tag wie heute ist für uns als
Unternehmer sehr wertvoll.“
Zum vierten Mal seit 2014 richtet die Landesregierung
Mecklenburg-Vorpommerns am Mittwoch den Russlandtag aus. Auf der Konferenz
[1][kommen Wirtschaftsvertreter*innen und Politiker*innen aus
Deutschland und Russland zusammen], dieses Jahr coronabedingt im
Hybridformat. Die Veranstaltung soll die gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen
stärken – ist seit ihrer Gründung aber hoch umstritten.
Damals, 2014, hatte Russland gerade die Krim annektiert. Statt
Außenhandelsförderung standen Sanktionen auf der Tagesordnung. Sieben Jahre
später hat sich an der Situation nichts grundlegend geändert. Gerade erst
hat Moskau [2][drei deutschen Organisationen die Betätigung in Russland
untersagt]. Die deutsche Seite des Petersburger Dialogs, des etabliertesten
deutsch-russischen Gesprächsforums, hat daher die Zusammenarbeit mit den
russischen Partner*innen ausgesetzt. An die Landesregierung in Schwerin
gab es Forderungen, auch den Russlandtag abzusagen. Sie zieht ihre
Veranstaltung aber durch.
## Kritik ausbaufähig
„Ich bin fest davon überzeugt, dass es gerade in schwierigen Zeiten wichtig
ist, im Dialog zu bleiben“, sagt Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD)
in ihrer Eröffnungsrede. „Dialog bedeutet für uns, auf die Gemeinsamkeiten
zu setzen und natürlich auch Kritik anzusprechen.“ Das sei immer noch
besser, als „Türen zuzuschlagen“.
Kritik bekommen die Vertreter der russischen Regierung – in Rostock sitzt
der Botschafter auf dem Podium, aus Sankt Petersburg ist unter anderem der
Vize-Industrieminister zugeschaltet – dann allerdings kaum zu hören. Es
gebe, so Schwesig, Themen wie „Menschenrechte, Umgang mit Oppositionellen,
wo es viel Kritik gibt und wo wir unsere Bundesregierung unterstützen“. Das
war es dann aber auch schon. Den Krieg in der Ukraine, den Streit um die
Flugzeugentführung in Belarus oder die zugeschlagenen Türen für die
deutschen NGOs in Russland erwähnt auf dem Russlandtag niemand.
Stattdessen: Geburtstagsglückwünsche für den russischen Botschafter und
Solidaritätsbekundungen für das Pipeline-Projekt Nord Stream 2, das die
Landesregierung mit Hilfe einer eigens gegründeten Stiftung gegen
US-Sanktionen durchsetzen möchte. „Wir halten den Bau nach wie vor für
richtig“, sagt Schwesig. Die Fertigstellung sei im Interesse Deutschlands,
Russlands und „vieler weiterer europäischer Länder“.
Vertreter*innen osteuropäischer EU-Staaten würden an dieser Stelle wohl
widersprechen, sind bei der Veranstaltung in Rostock aber nicht dabei.
Stattdessen bedankt sich Reinhard Ontyd von der Nord Stream 2 AG, die die
Veranstaltung mitfinanziert, bei der Ministerpräsidentin. „Die
Landesregierung unterstützt das Projekt und hat das immer deutlich
gemacht“, sagt er.
Immer wieder hätten Schwesig und Co. gefragt: „Wie kommt ihr weiter, wie
können wir helfen?“ Glücklich ist an seinem Geburtstag auch der russische
Botschafter Sergei Netschajew. „Dialog auf Augenhöhe ohne Levitenlesen und
Sanktionen ist für uns gravierend wichtig“, sagt er. Der Russlandtag stimme
ihn da optimistisch.
2 Jun 2021
## LINKS
[1] /Russlandtag-in-Mecklenburg-Vorpommern/!5540884
[2] /Russland-verbietet-deutsche-NGOs/!5770107
## AUTOREN
Tobias Schulze
## TAGS
Russland
Mecklenburg-Vorpommern
Manuela Schwesig
Sanktionen
Schwerpunkt Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wahlkampf
Wladimir Putin
Robert Habeck
Russland
Brennelement
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