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# taz.de -- Vorbereitungen für die Beisetzung: Der Tod und die Bürokratie
> Nach dem Tod sind die leiblichen Angehörigen für die Beisetzung
> verantwortlich. Wenn man dies nicht möchte, muss man Vorbereitungen
> treffen.
Bild: Schöne Beerdigungen können sich positiv auf den Trauerprozess auswirken
Heutzutage ist für viele Leute im Leben die Wahlfamilie wichtiger als die
Herkunftsfamilie. Doch nach dem Tod ist Blut plötzlich wieder dicker als
Wasser – wenn man sich nicht kümmert. Denn unserer Bürokratie sind
Wahlfamilien egal. Stirbt eine Person, die keine Ehepartner*in oder
eingetragene Lebenspartner*in hat, sind es die nächsten Angehörigen, die
bestattungspflichtig sind: erwachsene Kinder, Eltern, Geschwister und
Enkelkinder.
Sie müssen sich um die Bestattung kümmern, dürfen aber auch bestimmen, wie
genau das abläuft. Das kann viele unschöne Konsequenzen nach sich ziehen.
Zum Beispiel, dass man im verhassten Heimatdorf neben dem noch verhassteren
Nazi-Onkel verbuddelt wird. Dass falsche Namen oder Pronomen bei der
Trauerfeier verwendet werden. Dass Menschen aus der Wahlfamilie der
verstorbenen Person nicht miteinbezogen oder von der Beerdigung
ausgeschlossen werden.
Als ein guter Freund von mir starb, habe ich selbst erlebt, wie schmerzlich
eine solche Situation sein kann. Mein Freund hatte seit zehn Jahren keinen
Kontakt mehr zu seiner Familie gehabt, doch weil er keine anderen
Vorkehrungen getroffen hatte, trat diese nach seinem Tod auf den Plan – und
machte alles so, wie sie es für richtig hielt. Er wurde dort beerdigt, wo
er herkam (und nie wieder sein wollte), es gab einen katholischen Pfarrer
(der einen überzeugten Atheisten zu Grabe trug) und einen Horrortrip von
einer Trauerrede, bei der die falsche Berufsbezeichnung noch das kleinste
Übel war.
Schöne Beerdigungen haben das Potenzial, sich positiv auf den Trauerprozess
auszuwirken. Diese hatte für mich den gegenteiligen Effekt: Es war eine
weitere traumatische Erfahrung, die ich verkraften musste. Solche
Situationen lassen sich verhindern, sogar ohne den Gang zu einer Notar*in
oder Bestatter*in.
## Das Problem heißt Geld
Man kann festhalten, was man sich für die eigene Bestattung wünscht und wo
man beerdigt werden möchte. Aufschreiben, Unterschrift drunter setzen und
an ein paar Freund*innen verteilen. Fertig. Auf dieselbe Art und Weise
kann man auch eine nahestehende Person für die eigene Bestattung
bevollmächtigen. Das ist rechtlich bindend – auch gegen den Wunsch der
Herkunftsfamilie.
Die Sache hat nur einen Haken und der heißt: Geld. Wer finanziell nicht
vorsorgt, sollte sicher sein, dass die bevollmächtigte Person bereit ist,
für die Beerdigung und alle damit verbundenen Kosten aufzukommen. Und auch
hier schlägt die Bürokratie den unkonventionellen Familien mal wieder ein
Schnippchen: Wer nicht verheiratet ist, kann beim Sozialamt keine
Unterstützung für die Bestattung beantragen. Das können wiederum nur die,
die rechtlich als bestattungspflichtig gelten.
Ich weiß, dass wir alle lieber nicht an den Tod denken wollen. Und dann
Vorkehrungen dafür treffen? Aber wenn schon nicht uns zuliebe, dann
wenigstens für die Wahlfamilie. Die haben nämlich eine schöne Beerdigung
verdient.
31 May 2021
## AUTOREN
Caroline Kraft
## TAGS
Schluss jetzt
Bürokratie
Tod
Familie
Schwerpunkt Fridays For Future
Kolumne Krank und Schein
Schluss jetzt
Schlagloch
Bestattung
Lesestück Recherche und Reportage
Schluss jetzt
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