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# taz.de -- Pandemie in Indien: Im Ganges treiben Coronatote
> In Indien breitet sich die Coronapandemie auf dem Land weiter mit Wucht
> aus. Manchen Familien fehlen die Mittel für eine Bestattung ihrer Toten.
Bild: Angehörige bei einer Feuerbestattung von Covid-19-Opfern in Neu-Dehli am…
Mumbai taz | Hunderte safranfarbene Stofffetzen lugen aus dem trockenen
Flussbett des Ganges im Norden Indiens. Hier wurden offenbar Leichen
vergraben. Auch im Fluss selbst treiben tote Körper. Bilder davon gehen im
Internet viral. Zuerst wurde von Fällen in Bihar berichtet, doch bald
folgten Bilder aus ländlichen Regionen im Nachbarstaat Uttar Pradesh.
Das Ufer des Ganges ist bekannt für seine Feuerbestattungsstellen. Doch
bestätigte die Regierung schließlich, dass es sich bei einigen der Leichen
um Opfer von Covid-19 handelt. Bei manchen ließ sich das nachträglich nicht
mehr feststellen.
An besonders heiligen Orten ist es jetzt nur noch erlaubt, die Asche von
Verstorbenen in den als heilig geltenden Fluss zu streuen. In den letzten
Tagen wurden laut der Lokalzeitung Dainik Bhaskar allein in Uttar Pradesh
2.000 Leichen im und am Ganges gefunden.
„Wir haben die Lebenden nicht gerettet, jetzt werden wir die Toten nicht
mehr zählen“, sagt die indische Journalistin Barkha Dutt, deren Vater an
Covid-19 verstarb.
Zurzeit zieht [1][die zweite Coronawelle] über das Land. Nachdem sich
Großstädte wie Mumbai und Delhi im Lockdown-Modus langsam erholen, hat die
neue Welle jetzt Indiens Hinterland erreicht.
Fast täglich hat Indien zuletzt neue Rekorde bei den Zahlen an
Covid-19-Infektionen aufgestellt, die erst ab Sonntag erstmals seit Langem
wieder zurückgingen. Trotzdem bleibt die Zahl der Todesfälle mit täglich
etwa 4.000hoch.
Die Krematorien sind im Vollbetrieb. Doch manchen Familien fehlt offenbar
Geld für eine Bestattung, bei der das Feuerholz wie auch der Priester
bezahlt werden müssen, lauten Versuche, die zahlreichen Leichenfunde zu
erklären.
Uttar Pradeshs Ministerpräsident Yogi Adityanath versucht jetzt mit
Patrouillen und finanzieller Bestattungshilfe, die wilde Entsorgung der
Leichen im Fluss zu verhindern. Gerade in ländlichen Regionen fehlt es an
vielem – von der medizinischen Versorgung bis zur Aufklärung über Covid-19.
Hilfsorganisationen berichten von Dörfern, in denen es viele Menschen mit
Symptomen gibt, doch gibt es dort kaum Testlabore.
## Kritik an Modi
Unterdessen wächst der Unmut in der Bevölkerung. Der hindunationalistische
Premierminister Narendra Modi muss dieser Tage viel Kritik einstecken. Die
Presse kritisierte ihn zuletzt wie selten: „Indiens Regierung vermisst“,
titelte etwa das Magazin Outlook. Das Wochenmagazin India Today nannte das
eigene Land einen „Failed State“.
Mit der Kritik legen auch Zeitungen in lokalen Sprachen nach sowie die
Karikaturisten. Modi wird zudem angekreidet, dass er in dieser Krise den
Bau eines milliardenschweren neuen Parlamentsgebäudes vorantreibt, statt
mehr in den [2][Gesundheitssektor] zu investieren.
Doch prallen nicht alle Worte an der Regierung ab. Am Sonntag wurden
mehrere Personen verhaftet, die mit Plakaten in der Hauptstadt Delhi
fragten, warum Modi die Impfdosen für ihre Kinder exportiert habe. Denn
neben Medikamenten ist in Indien auch der Impfstoff knapp geworden.
Zwar wurden bisher 41 Millionen Menschen in Indien komplett geimpft und
weitere 141 Millionen haben die erste Dosis erhalten. Doch mussten viele
Impfzentren schließen aus Mangel an Vakzinen schließen. Jetzt kam an der
Westküste noch eine zweitägige Zwangspause hinzu, weil dort der Zyklon
„Tauktae“ über das Land fegte. Zahlreiche Coronapatienten mussten aus
Feldkrankenhäusern weiter ins Landesinnere evakuiert werden.
## Lockdown-Forderung
Der Leiter des staatlichen medizinischen Forschungsrats (ICMR) fordert,
Balram Bhargava, plädiert dafür, dass besonders betroffene Regionen ihre
Lockdowns statt bis nächster Woche oder Ende des Monats für sechs bis acht
Wochen verlängern sollten. Denn die Lage ist weiter angespannt.
Doch Sorge bereitet nicht nur die Untervariante B.1.617.2 der indischen
„Doppelmutation“, die eine erhöhte Übertragbarkeit aufweist. Landesweit
tauchen zudem Fälle einer seltenen, aber gefährlichen Pilzinfektion namens
Mukormykose bei Corona-Patient:innen mit Diabetes auf. Sie führt zum
Verlust des Sehvermögens oder gar zum Tod.
18 May 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Natalie Mayroth
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