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# taz.de -- Schimmelpilzinfektion in Indien: Der „schwarze Pilz“ geht um
> Die lebensbedrohliche Mukormykose ist eigentlich eine seltene Krankheit.
> Doch in Indien grassiert sie unter Coronapatient:innen.
Bild: PatientInnen auf der Mukormykose-Station in einem Krankenhaus in Hyderaba…
Mumbai taz | Wenige Tage, nachdem ein 15-Jähriger im westindischen
Ahmedabad so gut wie von Covid-19 genesen galt, plagten ihn Anfang Mai
plötzlich Zahnschmerzen. Zuvor verbrachte er zehn Tage auf einer
Intensivstation, wo er mit Cortison behandelt wurde. Die Schmerzen und ein
Geschwür am Gaumen stellten sich als Schimmelpilzinfektion heraus.
Um den Jungen zu retten, mussten sein halber rechter Gaumen und die oberen
Zähne auf der gleichen Seite entfernt werden. Es war wohl der erste Fall
der seltenen Mukormykose bei einem Jugendlichen in Indien, sagt der
Mediziner Abhishek Bansal.
Bis Februar waren in Indien nur eine Handvoll Mukormykosefälle gemeldet
worden. Doch seitdem nahmen sie rasch [1][unter Coronapatient:innen]
zu. In mittlerweile 18 Bundesstaaten wurde die Infektion nachgewiesen, die
eine weitere Herausforderung für das angeschlagene Gesundheitssystem ist.
Inzwischen ist nun das Medikament Amphotericin B knapp geworden, das gegen
solche Pilzerkrankungen hilft. Ärzt:innen in Mumbai suchen schon nach
günstigeren Alternativen. Die Behörden im dazugehörigen Bundesstaat
Maharashtra rechnen allein hier in nächster Zeit mit 5.000 weiteren Fällen.
Verursacht wird Mukormykose durch Einatmen von Schimmelpilzsporen, wie sie
in der Erde vorkommen, oder deren Eindringen über eine Hautverletzung.
Anfällig sind Menschen mit unbehandeltem oder schlecht eingestelltem
Diabetes sowie immungeschwächte Personen.
Im Verlauf kann Mukormykose die Nasennebenhöhlen zerstören, Knochen, das
Auge und die Hirnhaut infiltrieren, warnt Professor Oliver Cornely. Er
forscht am Europäischen Exzellenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen an
der Universität Köln und hat eine Leitlinie zur Behandlung ausgearbeitet:
„Wenn einmal das Zentralnervensystem infiziert ist, führt der weitere
Verlauf in der Regel zum Tod.“ Pilzsporen würden in Schleimhäuten der
Atemwege optimale Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse finden und im
darunter liegenden Gewebe wachsen.
## Gewebe verfärbt sich
In Indien bekam die Infektion den Beinamen „schwarzer Pilz“. Der kommt
nicht davon, dass der Pilz schwarz sei, sondern betroffenes Gewebe sich
dunkel verfärbt, nachdem es zersetzt wurde, so Cornely. In lokalen Medien
ist von weiteren andersfarbigen Pilzinfektionen zu lesen. „Diese
Farbzuordnung ist sehr unglücklich“, sagt der Fachmann. „Pilze gibt es in
jeder Farbe, das hat aber nichts mit der Therapie zu tun.“
In Indien taucht die Erkrankung zu über 90 Prozent bei Diabetikern sowie
Menschen auf, die Cortison eingenommen haben, sagt Randeep Guleria,
Direktor des All India Institute of Medical Science (AIIMS) in Delhi. „Die
Einnahme von Cortison erhöht den Blutzuckerspiegel und verursacht eine
diabetesähnliche Stoffwechsellage“, so Cornely. Auch wirke Cortison der
Immunabwehr entgegen.
Vorbeugend hilft vor allem Hygiene. Eine Behandlung erfolgt als Infusion.
Eingesetzt werden neben Amphotericin B andere Arzneien, die ähnlich wirken,
doch auch sie könnten mit steigender Nachfrage rar werden. Eine
chirurgische Entfernung des erkrankten Gewebes ist immer erforderlich, was
die Behandlung aufwändig macht. In Indien sind bisher rund 9.000 Fälle
bekannt geworden, erklärte der Regierungsminister Sadananda Gowda am
Pfingstwochenende. Die Zahl der an oder [2][mit Corona Gestorbenen ist
inzwischen auf mehr als 307.000 gestiegen].
In Deutschland und Europa sind Fälle von Mukormykose rar. Das wird sich
nach Einschätzung Cornelys nicht ändern.
25 May 2021
## LINKS
[1] /Coronakrise-in-Indien/!5770467
[2] /Pandemie-in-Indien/!5767585
## AUTOREN
Natalie Mayroth
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