# taz.de -- Erinnerung an den Anschlag von Mölln: Näher, als man denkt | |
> Neonazis steckten 1992 in Mölln 1992 zwei Häuser in Brand und töteten | |
> Menschen. Am Sonntag streamt Kampnagel in Hamburg die „Möllner Rede im | |
> Exil“ | |
Bild: Menschen stehen am 23.11.1992 vor dem Haus in Mölln, auf das ein Brandan… | |
HAMBURG taz | Es war eine schreckliche Tat: In der Nacht zum 23. November | |
1992 setzten Neonazis im schleswig-holsteinischen Mölln zwei Wohnhäuser in | |
Brand, Häuser, bewohnt von türkischen Familien. Zwei Mädchen und ihre | |
Großmutter starben, neun weitere Menschen erlitten schwere Verletzungen, | |
die beiden Täter erhielten Haftstrafen. | |
Es erzählt viel über jene Jahre im noch nicht lange wiedervereinigten | |
Deutschland, dass [1][der Anschlag und seine Opfer] beinahe untergehen in | |
der immergleichen Aufzählung: Mölln, Solingen, Rostock-Lichtenhagen – drei | |
Schauplätze rechtsextremer Gewalt gegen das vermeintlich Andere, das | |
angeblich nicht hierher Gehörende. | |
Dass damals ein christdemokratischer Bundeskanzler sich weigerte, die | |
Tatorte zu besuchen, sich zu solidarisieren mit denen, die dort bedroht, | |
verletzt, mit dem Tod bedroht wurden, auch das erzählt viel. Und wer nun | |
denkt: „Ist heute alles besser“, der sei daran erinnert: So wie damals | |
Helmut Kohl lieber wolkig von allgemein zunehmender Kriminalität | |
schwadronierte, so behandelten lange danach noch deutsche Verantwortliche | |
die Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ als eine Art uns | |
alle irgendwie nichts angehendes Parallelwelt-Ärgernis. | |
## Immer an einem anderen Ort | |
Seit 2013 erinnert jedes Jahr die [2][„Möllner Rede im Exil“] an die Tat | |
und ihre Opfer: Seit 2013 nämlich ist sie nicht mehr Teil des offiziellen | |
Gedenkens der Stadt Mölln und versteht sich immer auch als kritische | |
Bestandsaufnahme zum gesellschaftlichen Rassismus, Neonazismus und Umgang | |
mit Gedenken. Gehalten wird sie jedes Jahr an einem anderen Ort– zuerst in | |
Hamburg, 2014 etwa in Lüneburg, 2015 in Bremen, und so fort. | |
An diesem Sonntag nun gastiert sie – coronabedingt nur [3][als | |
Youtube-Stream] zu erleben – bei der Hamburger Off-Kulturfabrik Kampnagel: | |
Neben Angehörigen der Opfer sprechen dabei Newroz Duman und Naomi | |
Henkel-Gümbel, und das wiederum unterstreicht, wie nahe uns ein so lange | |
zurückliegender Anschlag sein kann, ja: muss. | |
Newroz Duman ist Aktivistin bei Pro Asyl und in der [4][Initiative 19. | |
Februar] und kämpft dort mit den Angehörigen der Ermordeten sowie den | |
Verletzten um Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung und Konsequenzen der | |
rassistischen Anschläge am 19. Februar 2020 in Hanau. | |
Naomi Henkel-Gümbel wiederum ist Rabbinerin in Ausbildung, hat den | |
antisemitischen Anschlag auf die Synagoge in Halle (Saale) am 9. Oktober | |
2019 überlebt und ist Nebenklägerin im Prozess gegen den Attentäter. | |
18 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Die-Morde-von-Moelln-vor-25-Jahren/!5462457 | |
[2] /Moellner-Rede-im-Exil/!5642548 | |
[3] https://www.youtube.com/user/KampnagelTube/ | |
[4] https://19feb-hanau.org/ | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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