# taz.de -- Olympische Spiele in der Pandemie: Freiwilliges Risiko | |
> Die Organisatoren der Olympischen Spiele in Tokio ignorieren beim | |
> Pandemieschutz ausgerechnet eine große Gruppe: 78.000 Freiwillige. | |
Bild: An der Spitze stimmen die Abstände: Olympiachefin Selko Hashimoto (Mitte… | |
TOKIO taz | „Sichere“ und „geschützte“ Spiele haben Japans Olympiamach… | |
den über 10.000 anreisenden Athleten versprochen. Die strikten | |
Verhaltensregeln gegen die Ausbreitung des Coronavirus fasste das | |
Organisationskomitee in sechs „Playbooks“ für Sportler, Betreuer, | |
Funktionäre, Medienmitarbeiter und Werbepartner zusammen. Doch die größte | |
Teilnehmergruppe wurde bisher konsequent übersehen – die 78.000 | |
Freiwilligen, die beim Verleihen der Medaillen, Einweisen von Besuchern, | |
Betreuen von Delegationen oder Transport von Menschen und Material helfen | |
sollen. | |
Für ihren Schutz wollen die Organisatoren nichts unternehmen, wenn man | |
davon absieht, dass die 8.000 Freiwilligen aus dem Ausland nicht nach Japan | |
kommen dürfen. „Wir erhalten zwei Masken in olympischem Blau, sollen einen | |
Meter Abstand halten, uns 30 Sekunden lang die Hände waschen und ein | |
Tagebuch über unseren Gesundheitszustand führen – das ist alles“, bericht… | |
die deutsche Freiwillige Barbara Holthus, zugleich Mitherausgeberin eines | |
Olympia-Sammelbandes und Vizedirektorin des Deutschen Instituts für | |
Japanstudien in Tokio. | |
[1][Weder eine vorbeugende Impfung] der ehrenamtlichen Helfer außerhalb der | |
offiziell festgelegten Reihenfolge noch regelmäßige Tests sind vorgesehen. | |
„Ich würde mich sicherer fühlen, wenn diejenigen, die sich impfen lassen | |
wollen, auch geimpft würden“, meinte Hiroko Satake bei einem Onlinetraining | |
für die Leiter der Freiwilligenteams. | |
Die oberste Verantwortliche für die Helfer im Organisationskomitee, Natsuki | |
Den, weist die Kritik zurück: „Mehr als diesen Grundlagenschutz können wir | |
nicht tun.“ Dieses Vorgehen halten einige Beobachter für fahrlässig, da die | |
Freiwilligen als einzige Gruppe und dazu in großer Zahl zwischen den | |
„Schutzblasen“ um die Sportler im Olympischen Dorf und in den | |
Wettkampfarenen sowie der japanischen Außenwelt hin und her pendeln. | |
„Dadurch besteht die Gefahr, dass sich das Virus schnell ausbreitet“, meint | |
Holthus. | |
## Taschentuch als Coronaschutz | |
Das Szenario erscheint umso realistischer, als die Ehrenamtlichen aufgrund | |
ihrer Aufgaben Nahkontakte nicht immer vermeiden können. Zum Beispiel, wenn | |
ein Besucher oder Teilnehmer in der extremen Sommerhitze umkippt und | |
womöglich wiederbelebt werden muss. „Beim Erste-Hilfe-Kurs hat man uns | |
gesagt, wir sollen entweder das Beatmen ganz sein lassen oder ein | |
Taschentuch zwischen die Nase des Betroffenen und den eigenen Mund legen, | |
um das Infektionsrisiko zu verringern“, berichtet die deutsche Freiwillige. | |
Womöglich kommen solche Einsätze häufiger vor als üblich. Denn es ist | |
keineswegs sicher, dass es genug medizinische Helfer geben wird. Die | |
Organisatoren suchen noch 200 Sportärzte und forderten 500 Krankenpfleger | |
beim zuständigen Verband an. Die Anfrage löste auf Japans wichtigstem | |
sozialen Netzwerk Twitter einen Sturm der Entrüstung aus, da in mehreren | |
Metropolen [2][erneut der Coronanotstand ausgerufen wurde]. Die | |
Gewerkschaft der Medizinarbeiter in der Region Aichi lehnte jede Hilfe für | |
Olympia ab: „Wir sollten uns auf Covid-19 konzentrieren, nicht die | |
Sommerspiele“, lautete ihr Tweet. | |
Premierminister Yoshihide Suga sagt: „Es gibt genug pensionierte | |
Krankenpfleger, die Zeit haben.“ Am Hauptauftrag der ehrenamtlichen Helfer | |
hat sich nichts geändert: „Wir sollen weiter mit einem Lächeln für eine | |
positive Atmosphäre der Gastfreundlichkeit sorgen“, erzählt Holthus. „Dass | |
unsere Masken das Lächeln unsichtbar machen, wird gar nicht thematisiert.“ | |
4 May 2021 | |
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## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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