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# taz.de -- Wahlmenü für Olympioniken: Röstbrot mit Pfirsichen
> In der Olympia-Blase entgeht den Sportlern Japans kulinarische Vielfalt.
> Zumindest im olympischen Dorf darf ein bisschen geschlemmt werden.
Bild: Oishii! Lecker ist vieles in Japans Küche, in erster Linie natürlich da…
Diese Kolumne von außerhalb der Olympiablase ist bereits meine vierte, ohne
dass ich über Essen geschrieben habe. Ein Fauxpas! Ein japanischer Autor
wäre dieses Thema sicher längst angegangen, denn das Verzehren von
kulinarischen Köstlichkeiten ist ein zentrales Element im täglichen Leben
der Olympiagastgeber. Zu den ersten Wörtern, die Ausländer im direkten
Gespräch mit Einheimischen aufschnappen, gehört [1][„oishii“ – lecker].
Allein in Tokio soll es 150.000 Restaurants geben, fast so viele wie in
ganz Deutschland. Selbst wer dreimal täglich essen ginge, könnte sie
niemals alle ausprobieren. Die Breite und Qualität des Angebots rauben
jedem Feinschmecker den Atem. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist
unschlagbar. Wenn ich manchmal mit meiner Wahlheimat hadere, gehe ich
einfach „lecker“ essen, schon bin ich wieder mit Japan versöhnt.
Wegen des Kontaktverbots zu Land und Leuten erhalten die Angehörigen des
Olympiatrosses leider kaum Gelegenheit, die kulinarische Vielfalt des
Landes selbst zu erkunden. Zu ihrem Glück haben sich die japanischen
Organisatoren schon lange vor der Pandemie Gedanken darüber gemacht, wie
die Athleten japanisches Essen am besten kennen und lieben lernen.
Im Internet wählten die Japaner aus über 700 Rezeptvorschlägen diejenigen
Gerichte aus, die sie als besonders typisch für die einheimische Küche
einschätzten. Das Ergebnis der Abstimmung bekommen die Bewohner des
Olympiadorfes in ihrer 24-Stunden-Mensa serviert, übrigens wie alles dort
ganz und gar kostenlos.
## Somen-Nudel, laut heruntergeschlürft
Zu den fünf „Gewinnern“ dieses Wettbewerbs gehören [2][„Somen“-Nudeln…
Japaner im heißen Sommer gerne laut herunterschlürfen. Diese kalten Nudeln
werden in eine ebenfalls kalte Tomatenbrühe mit Hühnchen und Gemüse
getunkt. Auch das Standardwintermenü „Oden“ kommt in der Sportlermensa in
einer gekühlten Sommerversion auf den Tisch. Ein gekochtes Ei,
Fischfrikadellen und Sommergemüse schwimmen in einer mit Bonitoflocken
gewürzten Suppe.
Als Nachspeise wird den Olympioniken „zunda de panna cotta“ angeboten.
Dieses Gericht mit gesüßten pürierten grünen Sojabohnen isst man gerne in
den Gebieten im Nordosten Japans, die vor zehn Jahren vom Tsunami
überschwemmt wurden. Die beiden übrigen Speisen sind „zangi“, frittierter
Lachs von der nördlichsten Hauptinsel Hokkaido, sowie geröstetes Brot mit
Pfirsichen, Schinken und Frischkäse.
Leider haben die Olympiaveranstalter vergessen, die Mahlzeiten in dem
Quarantänehotel für coronapositiv getestete Athleten zu optimieren. Die
Armen erhalten dreimal täglich eine „Bento“-Box voller weißem Reis mit
frittiertem oder gekochtem Fleisch und Fisch, sicher kein Höhepunkt der
hiesigen Kochkunst. Der deutsche Radfahrer Simon Geschke, ein Veganer mit
Corona-positiv-Ergebnis, tut mir daher echt leid, weil er während seiner
Quarantäne nur den Reis aus dem Bento mit Sojasoße essen kann.
1 Aug 2021
## LINKS
[1] https://en.wiktionary.org/wiki/oishii
[2] https://www.miomente.de/entdeckermagazin/ramen-somen-soba-udon-lexikon-japa…
## AUTOREN
Martin Fritz
## TAGS
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