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# taz.de -- Sachverständigenrat für Integration: Turbo-Einbürgerung, bitte
> Deutschland ist divers wie nie. Vor der Bundestagswahl fordern
> Expert:innen für Integration Maßnahmen für mehr politische Teilhabe.
Bild: Der SVR fordert neben einer Einbürgerung in vier Jahren einen Kompromiss…
Berlin taz | In Deutschland ist Diversität im Jahr 2021 der Normalfall. Das
ist die Kernaussage des [1][Jahresgutachtens], das der Sachverständigenrat
für Integration und Migration (SVR) am Dienstag in Berlin vorgestellt hat.
„Allein die Zahlen zeigen, wie divers die deutsche Gesellschaft heute ist“,
sagte SVR-Vorsitzende Petra Bendel.
21,2 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Zuwanderungsgeschichte,
also mehr als ein Viertel der Bevölkerung. Bei Kindern und Jugendlichen
liegt der Anteil bei rund 40 Prozent. Viel mehr Deutsche als noch vor 20
Jahren nähmen Vielfalt heute als Bereicherung wahr, so Bendel.
Gleichzeitig spiele die Herkunft aber bei der Arbeits- und Wohnungssuche
immer noch eine zentrale Rolle. Zudem seien Menschen mit
Migrationsgeschichte in vielen Bereichen – [2][Parteien oder öffentliche
Verwaltung] – nach wie vor unterrepräsentiert.
Im Gutachten blicken die Sachverständigen wegen der anstehenden
Bundestagswahl besonders auf die politische Partizipation von Zugewanderten
und deren Nachkommen. Sie halten fest, dass die zweite und dritte
Generation sich stärker politisch engagiert: in Verbänden, Parteien, auch
über Meinungsbeiträge und Demos.
## Kaum Anreiz für Einbürgerung
Die Forscher:innen kritisieren jedoch, dass der Staat dieser Gruppe die
politische Teilhabe erschwere. So gelte das Wahlrecht – mit Ausnahme von
EU-Bürger:innen bei Kommunalwahlen – nur für deutsche Staatsangehörige.
„Wir wissen aus Umfragen, dass Menschen, die nicht wählen gehen, sich auch
häufig nicht politisch engagieren“, begründet Bendel die Kritik.
Gleichzeitig stagnierten die Zahlen bei der Einbürgerung. So seien im Jahr
2019 nur 2,5 Prozent der Ausländer:innen in Deutschland, die die
Voraussetzungen dafür erfüllen, auch eingebürgert worden.
Als Gründe nennt das SVR-Gutachten bürokratische Hürden (im Schnitt dauert
die Einbürgerung acht Jahre) und die Pflicht zur Aufgabe der ursprünglichen
Staatsangehörigkeit. Besonders sichtbar sei dies bei Türk:innen, bei
denen die Einbürgerungsquote 2019 nur bei 1,5 Prozent lag, obwohl diese
Gruppe bei Umfragen mehrheitlich der Ansicht ist, dass die deutsche
Staatsangehörigkeit ihr langfristig Vorteile bringt.
Der SVR empfiehlt neben einer Werbekampagne und einer „Turbo-Einbürgerung“
in vier Jahren auch einen Kompromiss bei der Mehrstaatigkeit. Für ein oder
zwei Nachfolge-Generationen sollten mehrere Pässe erlaubt sein. Zudem
müssten Parteien gezielt auf migrantische Communities zugehen, um deren
politische Teilhabe zu erhöhen.
## Problem Rassismus
Dass das allein nicht reicht, zeigt der Fall des aus Syrien geflüchteten
Tareq Alaows, der für die Grünen in den Bundestag wollte und [3][seine
Kandidatur wegen Drohungen] zurückzog. „Ein erschreckendes Beispiel für
Rassismus“, sagt dazu die Sachverständige Viola B. Georgi. Man müsse davon
ausgehen, dass sich Menschen mit Migrationsgeschichte auch wegen solcher
Vorfälle nicht politisch engagieren.
Valide Daten, wie sich Rassismus auf Teilhabe auswirke, gebe es allerdings
nicht. Der SVR empfiehlt mehr Forschung auf dem Gebiet. Belegt sei
hingegen, dass eine als „fremd“ wahrgenommene Person [4][häufiger von
Diskriminierung] betroffen ist. Auch das ist 2021 deutsche Normalität.
4 May 2021
## LINKS
[1] https://www.svr-migration.de/wp-content/uploads/2021/05/SVR_Jahresgutachten…
[2] /Serap-Gueler-ueber-Vorstoss-aus-Berlin/!5747792
[3] /Bundestagskandidat-Tareq-Alaows/!5762851
[4] /Zahlen-zu-antimuslimischen-Rassismus/!5678769
## AUTOREN
Ralf Pauli
## TAGS
Partizipation
Diversität
taz.gazete
Integration
Staatsangehörigkeit
Doppelpass
Einbürgerung
Schwerpunkt Flucht
Demonstration
Muslime
Lesestück Recherche und Reportage
Integration
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